| # taz.de -- Holocaust-Überlebende als Zeitzeugen: Die Erinnerung bewahren | |
| > Je weniger Zeugen leben, desto mehr rückt die zweite Generation in den | |
| > Fokus. Tswi Herschel, seine Tochter und die Enkelin zeigen auf die | |
| > Zukunft. | |
| Bild: Tswi Herschel mit seiner Enkelin Jessica vor dem Haus der Wannsee-Konfere… | |
| Als das Licht in der Aula ausgeht, könnte man die sprichwörtliche | |
| Stecknadel fallen hören, so still ist es geworden. Vorne an einem kleinen | |
| Pult steht Tswi Herschel, ein drahtiger Mann von Ende 70. Ein paar hundert | |
| Schüler:innen des Berliner Felix- Mendelssohn-Bartholdy-Gymnasiums | |
| hängen gebannt an seinen Lippen. | |
| Mithilfe einer Power-Point-Präsentation berichtet [1][Tswi Herschel], 1942 | |
| im niederländischen Zwolle geboren, wie seine Eltern kurz danach mit ihm | |
| ins Amsterdamer Ghetto ziehen mussten und ihn, das gerade einmal vier | |
| Monate alte Baby, Pflegeeltern übergaben, auf dass das Kind die deutsche | |
| Besatzung überleben sollte. Sie selbst wurden im Sommer 1943 deportiert und | |
| im Vernichtungslager [2][Sobibor] ermordet, 24 und 27 Jahre alt. | |
| Nach seinem Vortrag und den Fragen der Jugendlichen, zahlreich und zugleich | |
| mit respektvollem Zögern gestellt, steht Tswi Herschel am Podium der Aula. | |
| In seiner schwarzen Lederjacke wirkt er jünger, als er ist, die blauen | |
| Augen blicken aufmerksam und kämpferisch, als er sagt: „Ich bin ein | |
| Überlebender, kein Opfer. Ich habe mich nie als Opfer gefühlt. Ich bin sehr | |
| froh, dass ein lebendiger Jude vor der deutschen Jugend den Mund aufmachen | |
| kann, damit sie im Hinblick auf den Judenhass in eine andere Richtung geht. | |
| Es ist ihre Zukunft, aber ihre Zukunft ist auch meine Zukunft und die | |
| meiner Familie.“ | |
| Ende August 2021 ist Tswi Herschel für einige Lesungen nach Berlin | |
| gekommen. Er ist nicht allein unterwegs. Bei ihm ist, wie immer, seine | |
| Tochter Natali, 54 Jahre alt, und zum ersten Mal auch die 17-jährige | |
| Enkelin Jessica. | |
| Natali ist nicht einfach nur die Begleiterin ihres Vaters, die seit mehr | |
| als zehn Jahren an seiner Seite steht, wenn er auf seinen Reisen über den | |
| Holocaust berichtet. Die Power-Point-Präsentation hat sie, als | |
| Selbstständige im Bereich Business Development tätig, basierend auf der | |
| Lebensgeschichte ihres Vaters entwickelt. „Dadurch wurde sie eigentlich zum | |
| Motor des Ganzen“, sagt Tswi Herschel. | |
| ## Die Tochter als Vermittlerin von Vaters Geschichte | |
| Anfangs agierte Natali bei den Vorträgen noch im Hintergrund. Schon bald | |
| wurden ihr als Tochter eines Überlebenden immer mehr Fragen gestellt. Sie | |
| tauschte sich mit anderen Betroffenen aus und spezialisierte sich auf die | |
| Frage, wie der Holocaust die nachfolgenden Generationen beeinflusst. „Es | |
| ist sehr wichtig, die Geschichte deiner Eltern nicht nur nachzuerzählen, | |
| sondern an das eigene Leben zu koppeln. Sonst könnte man den Leuten genauso | |
| gut einen Film zeigen. Die Frage ist: Wie kann man ihnen diese Geschichte | |
| so nahe bringen, dass sie zuhören, selbst wenn die Eltern nicht mehr da | |
| sind?“ | |
| Zwei Tage später steht Natali nach dem Vortrag ihres Vaters im Berliner | |
| Anne-Frank-Zentrum selbst vor den Besucher:innen. Unter dem Titel „Wo ist | |
| meine Familie!?“ erzählt sie, wie es ist, in einer Familie aufzuwachsen, | |
| deren meiste Mitglieder ermordet wurden. Sie zeigt das Bild eines kargen, | |
| zerrupften Baums – ein Symbol für ihren eigenen Stammbaum. „Wir sind Kinder | |
| ohne Fotoalben und Familienporträts an der Wand“, berichtet sie. „Im | |
| Kindergarten sah ich, wie die anderen von ihren Großeltern abgeholt, umarmt | |
| und geküsst wurden. Abends traf mich dann die Realität, dass in meinem | |
| Leben etwas Wesentliches fehlte.“ | |
| Unter den Zeitzeug:innen, die über die Shoah berichten, sind Natali und | |
| Tswi Herschel ein einzigartiges Duo. Das wird umso deutlicher, je weniger | |
| Überlebende es noch gibt, die Zeugnis ablegen und der Botschaft „Nie | |
| wieder!“ persönlich Ausdruck verleihen können. Gerade in Zeiten von rasant | |
| ansteigendem Antisemitismus und nationalistischer Konjunktur, in denen | |
| Wissenschaft nur noch als eine Meinung unter vielen gilt, wird die | |
| Erinnerung zu umstrittenem Terrain, auf dem identitäre Kräfte ihre | |
| Propaganda von der Leine lassen. Umso wichtiger ist es, dass jene, die den | |
| Überlebenden nahe waren und sind, nach vorne treten und das Wort ergreifen. | |
| In diesem Fall kommt ihr gemeinsames Engagement daher, dass Natali durch | |
| das frühe Gefühl, etwas fehle in ihrem Leben, sich von Kindheit an mit der | |
| Shoah beschäftigt hat. „Schon immer fragte ich mich, wie es möglich war, | |
| Millionen von Menschen nur wegen ihrer Religion zu ermorden“, blickt sie | |
| zurück. Die Familie Herschel wohnt zu dieser Zeit vor den Toren Amsterdams. | |
| Tswis Frau Annette, 1946 geboren, ist Tochter einer Auschwitz-Überlebenden, | |
| ihr Vater überlebte im Versteck. Schon als kleines Mädchen hat Natali einen | |
| besonderen Draht zu ihrem Vater. Er nimmt sie mit zu Kundenterminen und | |
| Geschäftstreffen. Unterwegs im Auto führen sie lange Gespräche. | |
| ## Wie alles begann | |
| In den 1980er Jahren siedeln Tswi und Annette Herschel nach Israel über. | |
| Natali zieht nach Beendigung der Schulausbildung nach. Als Vortragender | |
| über den Holocaust tritt Tswi erstmals kurz nach dem Millennium in | |
| Erscheinung. Bei einer Konferenz ehemaliger untergetauchter Kinder trifft | |
| er auf eine Vertreterin des US-[3][Holocaust-Museums in Washington.] Er | |
| berichtet ihr von den Tagebüchern, die sein Vater Nico von 1932 bis 1942 | |
| führte, und von dem Lebenskalender, in dem dieser zur Geburt seines Sohnes | |
| in bunten, optimistischen Bildern die Stationen von dessen Lebenswegs | |
| imaginierte: von der Wiege über die Einschulung bis zur Auswanderung nach | |
| Israel als Erwachsener, wo ihn die alten Eltern dann mit Freuden besuchen | |
| würden. | |
| Auf diesem einzigartigen Dokument, das später ein Exponat des Museums wird, | |
| und dem schrillen Kontrast zur Realität basiert Tswi Herschels Vortrag über | |
| sein Leben. In Washington trifft er [4][Elie Wiesel], der ihm einen Auftrag | |
| mitgibt: „Wir sind beide Überlebende, aber du ganz anders als ich. Du | |
| kannst junge Leute inspirieren, also geh und erzähle deine Geschichte!“ Die | |
| ersten Lesungen erfolgen in der Gedenkstätte [5][Yad Vashem] in Jerusalem. | |
| Als er vor zwölf Jahren zum ersten Mal nach Deutschland eingeladen wird, | |
| ist auch Tochter Natali mit im Boot. | |
| Der Schritt ins Land der Täter:innen ist nicht ohne für die beiden. „Bei | |
| der ersten Einladung kratzte ich mir hinter den Ohren“, erinnert sich Tswi | |
| Herschel. „Solange ich bei Yad Vashem Lesungen hielt, befand ich mich auf | |
| eigenem Terrain. Dorthin kamen auch Deutsche, aber sie waren motiviert, | |
| sich Wissen über die Shoah anzueignen. Aber meine Geschichte in Deutschland | |
| vorzutragen, da hatte ich doch eine gewisse Zurückhaltung. Andererseits | |
| wollte ich gerne meinen Mund aufmachen und der neuen Generation, die keine | |
| Täter sind, Mut machen.“ | |
| Dass der Vater und seine Tochter das deutsche Publikum als befangen | |
| erfahren, hat sich bis heute nicht geändert. „Sehr viele haben noch nie | |
| einen jüdischen Menschen getroffen“, sagt Natali. „Sie wissen nicht, wie so | |
| jemand aussieht, was für eine Sprache wir sprechen, was sie erwarten | |
| sollen. Oft kommen sie sehr nervös in den Saal, still, fast ein bisschen | |
| ängstlich. Manchmal habe ich das Gefühl, sie trauen sich nicht uns | |
| anzuschauen oder ‚Hallo‘ zu sagen.“ | |
| Ihr Vater ergänzt: „Nach ein paar Malen sah ich, dass meine Geschichte | |
| durchaus Anklang fand. Das Gefühl, dass sie Mittäter waren, war deutlich, | |
| auch bei Kindern. Das versuche ich ihnen zu nehmen. Ich sage immer: Nur, | |
| wenn ihr nicht versucht in eurem Umfeld etwas zu verbessern, seid ihr | |
| mitschuldig.“ | |
| Inzwischen gibt es eine ganze Reihe Schulen, Hochschulen, Stadtverwaltungen | |
| und eine Polizeiakademie, zu denen die Herschels seit Jahren immer wieder | |
| kommen. 2019 wird Tswi Herschel für seinen Einsatz mit dem | |
| Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet. | |
| Was die beiden antreibt? Natali sagt: „Dass die Shoah nicht vergessen wird. | |
| Und dann fühle ich als Tochter eines Überlebenden auch eine Art Berufung: | |
| Ich will, dass wir uns an die anderthalb Millionen ermordeter Kinder | |
| erinnern. Für sie stehe ich eigentlich dort!“ Ihr Vater will seinen | |
| Zuhörer:innen „etwas zum Nachdenken mitgeben. Nur meine Geschichte zu | |
| erzählen, damit sie sagen: ‚Oh wie schrecklich!‘, das mache ich nicht!“ | |
| Das, was Tswi Herschel umtreibt, ist so simpel wie ambitioniert: „zusammen | |
| eine bessere Welt formulieren“ nennt er es oder „wissen, was geschehen ist, | |
| damit es nicht wieder geschieht“. Selbst beim Frühstück in seinem Hotel in | |
| Berlin redet er davon, wieder mit diesem eindringlichen Blick. Natali | |
| berichtet derweil, sie habe sich spät nachts mit ihrer eigenen Tochter | |
| gestritten, die das Licht noch nicht habe ausmachen wollen. Nun am Morgen | |
| schläft Jessica noch, wie sich das gehört mit für eine 17-Jährige. | |
| Neben Natalis Frühstücksteller liegen ein paar liebevoll eingepackte | |
| Brötchen vom Buffet – ein Kontrast zu den rollenden Augen, mit denen sie | |
| vom nächtlichen Streit berichtet. Eine Familie zu haben, sagt sie, war | |
| eines der Ziele in ihrem Leben. Um den Stammbaum wieder zu beleben. | |
| Wenn die Herschels ihre Botschaft von Versöhnung und Brückenbauen | |
| überbringen, begeben sie sich gerne auf neues Terrain, etwa an einem kühlen | |
| Sommernachmittag am Berliner Wannsee. Im Garten der Villa, in der im Januar | |
| 1942 die „Endlösung“, die Vernichtung der jüdischen Bevölkerung Europas, | |
| organisiert wurde, findet eine Diskussion mit dem Historiker Johannes Spohr | |
| statt. Er ist der Enkel eines hochrangigen Wehrmachtsoffiziers. Die | |
| Nachforschungen darüber haben ihn und seine ebenfalls anwesende Mutter in | |
| der eigenen Familie isoliert. Auch die geladenen Gäste stammen aus | |
| Täterfamilien der Nazizeit. | |
| „Natürlich hasste ich die Deutschen. Ich kaufte keine deutschen Produkte. | |
| Aber langsam wuchs die Idee, dass ich auf Hass nicht mein Leben aufbauen | |
| kann“, beginnt Tswi Herschel. Johannes Spohr spricht über seine Kindheit, | |
| die Distanzierung von den Großeltern, die Erkenntnis, „dass das Nazis | |
| waren“. Natali greift zum Mikrofon und wendet sich an den Historiker und | |
| seine Mutter: „Sie sind nicht schuldig, Sie sind keine Verbrecher. Aber | |
| fühlen Sie trotzdem Schuld, weil Ihr Vater oder Großvater ein | |
| Nazi-Verbrecher war?“ | |
| Später wird Tswi Herschel sagen, er und seine Tochter hätten sich mit | |
| dieser Veranstaltung auch ein neues Thema erschlossen: „Zu dem | |
| Lebenskalender, den Kindern, die im Versteck überlebten und Natali als | |
| Vertreterin der zweiten Generation kommt nun der Austausch mit den | |
| Nachkommen der Täter.“ | |
| Als die anderen Geladenen schon gegangen sind, steht Tswi Herschel alleine | |
| im Ausstellungsraum der Wannsee-Gedenkstätte. Er blickt auf die Porträts | |
| der teilnehmenden NS- Funktionäre. „Sie haben den Mord an elf Millionen | |
| Jüd:innen organisiert.“ Er macht eine Pause, sammelt sich. „Hier wurde | |
| also das Todesurteil meiner Eltern unterzeichnet. Ich bin hier zum ersten | |
| Mal. Wenn ich das Protokoll lese, nimmt es mir die Luft. Eigentlich bin ich | |
| furchtbar wütend.“ Später wird er einen Einblick geben, was ihm in solchen | |
| Momenten durch den Kopf geht: „Das Unbegreifliche ist noch unbegreiflicher | |
| geworden.“ | |
| Vielleicht brauchen solche Momente Entladung. Die Herschels, Vater, Tochter | |
| und Enkelin, werden in diesen Tagen von einem Kamerateam begleitet. Die | |
| Szene, wie die drei die Villa am Wannsee verlassen, Tswi vorneweg mit | |
| Rollkoffer, Tochter und Enkelin in ihren gesteppten Westen im frischen | |
| europäischen Spätsommer, wird mehrfach wiederholt, und mit jedem Mal müssen | |
| die drei heftiger lachen. Am Ende kann Natali kaum noch sprechen. „Fuck | |
| Wannsee!“, bringt sie noch heraus, läuft die Auffahrt hinunter und | |
| verschwindet im Taxi. | |
| ## Unterwegs mit Schüler aus Emden | |
| Knapp zwei Monate später sind die beiden wieder nach Europa gekommen. Vom | |
| ostfriesischen Emden, woher Tswis Großmutter stammte, reisen sie mit einer | |
| Gruppe Schüler:innen per Bus in die Niederlande. Kai Gembler, der Lehrer | |
| der Arbeitsgruppe, die sich „[6][Keep the memory alive]“ nennt, und Tswi | |
| trafen sich vor Jahren in der Jerusalemer Gedenkstätte Yad Vashem. In dem | |
| kleinen Dorf Diepenheim nahe der deutsch-niederländischen Grenze werden an | |
| diesem Tag elf Stolpersteine verlegt – unter anderem für Abraham Herschel, | |
| einen Bruder von Tswis Großvater. Vor dem ehemaligen Haus seiner Verwandten | |
| spricht Tswi das Kaddisch, das jüdische Totengebet. | |
| Die Gedenkzeremonie in der vollbesetzten Dorfkirche ist von einer lokalen | |
| Initiative mit viel Herzblut organisiert worden. Die Stimmung ist | |
| andächtig, eine Sängerin bietet Werke von Ravel und Schostakowitsch dar und | |
| Bürgermeisterin Ellen Nautavan Moorsel mahnt: Wenn wir unsere Geschichte | |
| nicht kennen, besteht die Gefahr, dass wir sie verleugnen.“ | |
| Dann ist Tswi Herschel an der Reihe. Der Versöhner und Brückenbauer wählt | |
| diesmal scharfe Worte und vergleicht den zunehmenden Antisemitismus mit den | |
| 1930er Jahren. Wer hätte vermuten können, dass es 76 Jahre nach der | |
| Vernichtung des jüdischen Volks in Europa nötig ist, über Antisemitismus zu | |
| sprechen?“ | |
| Am nächsten Tag reist die Gruppe weiter nach [7][Westerbork], dem | |
| ehemaligen Durchgangslager für niederländische Juden in die | |
| Vernichtungslager in den deutsch besetzten Ländern Osteuropas. Mehr als | |
| 100.000 Menschen wurden von hier aus mit 93 Zügen in die Todeslager | |
| deportiert. Für die deutsch-israelische Reisegruppe, die zwischenzeitlich | |
| in Tswi Herschels Geburtsstadt Zwolle die Synagoge besucht hat, ist es die | |
| letzte Station ihrer Reise. Gemeinsam gehen sie zu dem Monument der | |
| Gedenkstätte, den nach oben gebogenen Bahngleisen. | |
| Natali hat aus Israel kleine Steine mitgebracht, die sie nun nach jüdischem | |
| Brauch im Gedenken an die Toten auf den Boden legen. Danach stehen Natali | |
| und Tswi Herschel in inniger Umarmung mit Lehrer Kai Gembler. So manche | |
| Träne fließt. Natali löst die Anspannung auf ihre Art: „Kommt, lasst uns | |
| das Leben feiern gehen, mit Kaffee!“, ruft sie den anderen zu, und ihr | |
| Lachen bahnt sich den Weg durch eine noch belegte Stimme. | |
| Die Jugendlichen aus Emden sind sichtbar berührt von dem, was sie erlebt | |
| haben. „Wir können noch so viele Bücher lesen, ohne solche Begegnungen | |
| würde es nicht funktionieren“, sagt die 16 Jahre alte Laura. „Genau darum | |
| ist es so wichtig, dass wir die Zeugen haben“, bekräftigt Lea (15). Sie | |
| selbst sind durch die letzten Tage auch zu solchen geworden. | |
| ## Erinnern kostet die Überlebenden ihr Geld | |
| Nach Hause zurückgekehrt wollen sie das, was sie erlebt haben, in | |
| Freundeskreise und Familien tragen – ganz wie der Name ihrer Projektgruppe | |
| es sagt: keep the memory alive. Natali wird ihnen zum Abschied mitgeben: | |
| „Ihr seid jetzt so etwas wie Botschafter. Ihr nehmt etwas mit, das hängen | |
| bleibt. Ob heute oder in 20 Jahren: ihr werdet davon erzählen.“ | |
| In ihrem Wohnort Tel Mond, im Hinterland der israelischen Küstenstadt | |
| Netanja gelegen, sehen sich Vater und Tochter Herschel zu Beginn des neuen | |
| Jahres einmal mehr pandemiebedingten Unwägbarkeiten gegenüber. Einmal im | |
| Monat brechen sie normalerweise von hier aus auf. Doch die Omikron-Welle | |
| lässt die Januar- Termine ausfallen, die im Frühjahr sind vorerst fraglich. | |
| Die Veranstaltungen in Norddeutschland zum Holocaust-Gedenktag werden nun | |
| nur online stattfinden. Tswi Herschel will dabei auf den Besuch am Wannsee | |
| eingehen. Das Manuskript seiner Ansprache heißt: „Das schändlichste | |
| Dokument der modernen Geschichte.“ | |
| Die langfristige Planung dagegen läuft auf vollen Touren. Sie arbeiten an | |
| Tswi Herschels Biografie, außerdem gibt es da die Idee, auch in | |
| Ostdeutschland Lesungen zu halten. „Jemand fragte mich, ob ich keine Angst | |
| hätte. Nein, die hatte ich noch nie, auch in diesem Fall nicht“, beteuert | |
| der Vater, und der kämpferische Blick funktioniert auch über Zoom. Natali | |
| stimmt ihm zu. „Ich würde auch gerne dieses Publikum erreichen, das weniger | |
| offen ist.“ | |
| Zunächst aber feilt die Tochter am Konzept für eine eigene Stiftung, um | |
| finanziell unabhängiger zu sein. „Von all unseren Reisen behalten wir | |
| höchstens mal hundert Euro. Und bei den letzten mussten wir noch etwas | |
| zuschießen. Es geht doch nicht, dass wir Bildungsarbeit leisten und dafür | |
| auch noch spenden müssen.“ | |
| 27 Jan 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.youtube.com/watch?v=1T3m7BlebeI | |
| [2] /Archaeologie-und-NS-Verbrechen/!5457754 | |
| [3] https://www.ushmm.org/online/ihrd/2022/ | |
| [4] /Nachruf-auf-Elie-Wiesel/!5318521 | |
| [5] https://www.yadvashem.org/de.html | |
| [6] https://www.youtube.com/watch?v=k5JKtzlVCoM | |
| [7] https://www.kampwesterbork.nl/?gclid=Cj0KCQiA_8OPBhDtARIsAKQu0gbi9_4puQFI-V… | |
| ## AUTOREN | |
| Tobias Müller | |
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