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# taz.de -- Studie über Klagen von Umweltverbänden: Die Natur kann sich nicht…
> Ein Gutachten zeigt: Jede zweite Klage eines Umweltverbandes ist
> erfolgreich. Das heißt: mehr saubere Luft, aber auch weniger Windräder.
Bild: Oft von Verbänden beklagt: Windkraftanlagen wie hier in Brandenburg
Berlin taz | Die [1][Verbandsklage für Umweltverbände] hat sich auch nach
den gesetzlichen Änderungen im Jahr 2017 weiter bewährt. Zu diesem Schluss
kommt eine [2][Studie des Unabhängigen Instituts für Umweltfragen] im
Auftrag des Umweltbundesamts. Die Verbandsklage helfe Vollzugsdefizite im
Umweltrecht zu beheben. Mehr als die Hälfte der Verbandsklagen der letzten
vier Jahre war ganz oder teilweise erfolgreich.
Weil sich die Natur nicht selbst wehren kann, hatten Naturschutzverbände
schon seit den 1970er Jahren in vielen Bundesländern ein
[3][Verbandsklagerecht]. Erst unter Rot-Grün wurde 2002 das Klagerecht der
Naturschutzverbände in einem Bundesgesetz geregelt.
Deutlich ausgeweitet wurden die Klagemöglichkeiten 2006 mit dem
Umweltrechtsbehelfsgesetz. Seitdem können Umweltverbände zum Beispiel auch
die Einhaltung von Luft- und Wassergrenzwerten oder ausreichenden
Klimaschutz einklagen.
Ohne die EU wäre die Position der Umweltverbände lange nicht so gut. So
setzte Deutschland mit dem Umweltrechtsbehelfsgesetz eine EU-Richtlinie und
die völkerrechtliche Aarhus-Konvention um. Außerdem hat der Europäische
Gerichtshof (EuGH) schon drei Mal eine Ausweitung dieses Gesetzes
erzwungen, weil Deutschland hinter den EU-Vorgaben zurückblieb.
## Klagen auch gegen Abschuss von Wölfen
Die letzte Ausweitung erfolgte 2017. Seitdem können Umweltverbände unter
anderem auch gegen Waldumwandlungen und Genehmigungen zum Abschuss von
Wölfen klagen. Zudem wurde die sogenannte „materielle Präklusion“
abgeschafft. Umweltverbände können nun in ihren Klagen auch neue Argumente
vorbringen, die sie im vorherigen Verwaltungsverfahren noch nicht zur
Sprache gebracht hatten.
Der Bundestag wollte wissen, welche Auswirkungen diese vom EuGH erzwungenen
Änderungen in der Praxis haben. In der Folge untersuchte das Unabhängige
Institut für Umweltfragen alle bekannt gewordenen Verbandsklagen von 2017
bis 2021, insgesamt 237 Klagen. Die Ergebnisse der Studie wurden inzwischen
auf der Webseite des Umweltbundesamts veröffentlicht.
Zwar nahm die Zahl der Verbandsklagen nach 2017 deutlich zu und stieg von
im Schnitt 35 auf 59 Klagen pro Jahr. Laut Gutachten hat diese Zunahme aber
wenig mit der Änderung des Umweltrechtsbehelfsgesetzes von 2017 zu tun.
Ursache waren vor allem die systematischen Klagen der Deutschen Umwelthilfe
gegen Luftreinhaltepläne für Städte sowie die Klageflut gegen neue
Windkraftanlagen.
Die Dauer der Gerichtsverfahren ist mit rund zwei Jahren pro Instanz
weitgehend unverändert geblieben, trotz Abschaffung der Präklusion. Die
meisten Verbandsklageverfahren werden sogar in rund einem halben Jahr
abgewickelt. Aber manche Verfahren dauern eben auch einige Jahre, vor allem
wenn der EuGH zur Klärung europarechtlicher Fragen eingeschaltet werden
muss.
Doch der Aufwand lohnt häufig. In 36,3 Prozent der Fälle haben die Verbände
ihr Ziel ganz erreicht und in 15,5 Prozent der Fälle teilweise. Das ergibt
in der Summe eine Erfolgsquote von 51,8 Prozent. Zum Vergleich: Insgesamt
sind an Verwaltungsgerichten nur 12 Prozent der Klagen erfolgreich. Das
Gutachten schließt daraus, „dass die Umweltverbände ihre Klagemöglichkeiten
regelmäßig nur in ausgewählten Fällen mit guten Erfolgsaussichten nutzen“.
Es geht in der Regel also nicht um Obstruktion.
Trotz dieser Erfolgsbilanz sollten Umwelt-Verbandsklagen aber auch nicht
überschätzt werden. In vielen Fällen können auch die Nachbarn von geplanten
Anlagen als Einzelpersonen gegen das Vorhaben klagen. So stammen nur 23
Prozent der Klagen gegen Windräder von Verbänden. Bei Klagen gegen
Autobahnen liegt der Anteil der Verbandsklagen sogar bei nur 8 Prozent.
21 Dec 2021
## LINKS
[1] /Einschraenkung-von-Klagerechten/!5561992
[2] https://www.ufu.de/ufu-verbaendeworkshop-zur-verbandsklage/
[3] /Neue-EU-Richtlinie/!5579542
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Schwerpunkt Klimawandel
umweltverbände
Windräder
Kolumne law and order
EuGH
Nabu
Diesel
umweltverbände
Umwelt
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