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# taz.de -- Hetze gegen Selbstbestimmungsgesetz: Gruselgeschichten vom Mädchen…
> Die Ampel verspricht trans-inklusive Gesetzesänderungen. Ein Anlass für
> Konservative Stimmung gegen eine systematisch bedrohte Minderheit zu
> machen.
Bild: Sexualstraftäter „in Frauenkleidern“?
Es war eine der guten Nachrichten, die dem Koalitionsvertrag zwischen SPD,
Grünen und FDP vor einigen Wochen zu entnehmen war: Das
[1][diskriminierende „Transsexuellengesetz“] soll endlich abgeschafft und
mit dem seit vielen Jahren geforderten Selbstbestimmungsgesetz ersetzt
werden. Trans Menschen werden dank diesem Gesetz nicht mehr einem
langwierigen Verhör durch Psycholog_innen und Richter_innen ausgesetzt
werden, die bislang die alleinige Macht darüber hatten zu entscheiden, ob
Menschen ihren Geschlechtseintrag ändern dürfen. In Zukunft sollen solche
Änderungen unkompliziert auf dem Standesamt möglich sein. Und zwar durch
eine Selbstauskunft statt durch übergriffige Begutachtungen.
Was für Betroffene und Angehörige nach einer seit Langem überfälligen
Selbstverständlichkeit klingt, die für sehr viele Menschen lebensverändernd
sein wird, bringt Konservative, wenig überraschend, jetzt schon auf die
Palme. Noch bevor das konkrete Gesetz ausgearbeitet ist – das Vorhaben
beschränkt sich bislang nur auf einen einzigen Absatz im 200-seitigen
Koalitionsvertrag –, stehen sie bereits in den Startlöchern, mit ihren
wahnwitzigen Fantasien und Schaum vor dem Mund.
Die Bild etwa warnt vor kriminellen Männern, die sich dank dem neuen Gesetz
auf Frauentoiletten und in Frauenhäuser [2][einschleichen würden], um
Gewalt gegen Frauen auszuüben. Die NZZ wiederum wettert gegen die
[3][„autoritäre Transgender-Ideologie“], indem Geschlechtsdysphorie unter
Jugendlichen zu einem gefährlichen Trend und Konversionstherapien für ein
legitimes Gegenmittel erklärt werden. Die von der Ampelkoalition ebenfalls
geplanten Aufklärungsaktionen zu sexueller und geschlechtlicher Vielfalt an
Schulen begreift die NZZ als „Indoktrination“. Alles klar. Fehlen nur noch
die Forderungen nach einem Scheiterhaufen für die Hexen und einem für die
Bücher.
Natürlich ist nichts an dieser Demagogie neu. Auch Feminist_innen wie die
Emma-Herausgeberin Alice Schwarzer oder „Harry Potter“-Autorin Joanne K.
Rowling bemühen seit Jahren das Bild von erlogenen trans Identitäten und
Sexualstraftätern „in Frauenkleidern“. So absurd es klingt, so gibt es doch
leider sehr viele, die sich Feminist_innen nennen und diese Märchen
weiterverbreiten im Glauben daran, ihre eigene Befreiung hänge von der
Unterdrückung anderer und vom Festhalten an biologistischen Vorstellungen
aus dem Mittelalter ab. Und natürlich ihrem letzten vermeintlichen „safe
space“, dem Mädchenklo.
Was uns in der kommenden Zeit auf dem Weg zur Verabschiedung des
Selbstbestimmungsgesetzes noch alles erwartet, lässt sich gut am Beispiel
Großbritannien vorhersehen. Die dortigen Debatten um trans-inklusive
Gesetzesänderungen werden seit Jahren schon von einer breit angelegten
[4][Desinformationskampagne in den Boulevardmedien] begleitet. Einzelne
Prominente wie J. K. Rowling befeuern die Kampagnen mit, indem sie am Band
Gruselgeschichten fabrizieren. Trans Personen werden darin immer zu
Täter_innen gemacht, obwohl die Realität statistisch gesehen gegenteilig
aussieht: Einer Studie zufolge ist die Wahrscheinlichkeit, in
Großbritannien Opfer von Kriminalität zu werden – wozu auch
Sexualstraftaten zählen –, für trans Personen mindestens [5][doppelt so
hoch] wie für cis Personen.
Aber mit der Realität haben diese paranoiden Narrative sowieso nicht viel
zu tun. Sie dienen allein der Stimmungsmache gegen eine Minderheit, die
ohnehin schon seit jeher gegen systematische Verfolgung, Gewalt und Armut
kämpfen muss. Und so wünscht man sich, dass die trans-exkludierenden
Feminist_innen und konservativen Hetzblätter für immer dort bleiben, wo sie
hingehören. Auf ihren heißgeliebten Klos.
18 Dec 2021
## LINKS
[1] /Transsexuellengesetz/!5787697
[2] https://www.bild.de/politik/inland/politik-inland/cdu-streitet-mit-ampel-ue…
[3] https://www.nzz.ch/meinung/selbstbestimmungsgesetz-kindeswohl-geht-vor-tran…
[4] https://edition.cnn.com/2021/10/09/uk/uk-trans-rights-gender-critical-media…
[5] https://www.theguardian.com/society/2020/jul/17/trans-people-twice-as-likel…
## AUTOREN
Fatma Aydemir
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