# taz.de -- Prozess um Besetzung leerer Wohnungen: Verfahren eingestellt | |
> Initiative wollte Leerstand von Wohnungen anprangern: Einer der Besetzer | |
> der Habersaathstraße 46 wurde zu 360 Sozialstunden verdonnert. | |
Bild: Die Besetzung der leer stehenden Habersaathstraße im Oktober 2020 wurde … | |
BERLIN taz | „Hier stehen die Falschen vor Gericht. Kriminell ist es, gut | |
erhaltene Wohnungen leerstehen zulassen und sie nicht wieder bewohnbar zu | |
machen.“ Für diese Worte erhielt Julian W., der seinen vollen Namen nicht | |
in der Zeitung lesen will, am Montagnachmittag auf einer Kundgebung vor dem | |
Amtsgericht viel Zustimmung bei den rund 40 ZuhörerInnen. Sie sind zur | |
solidarischen Prozessbegleitung gekommen, denn W. war wegen Beteiligung an | |
der nach wenigen Stunden von der Polizei geräumten [1][Besetzung des | |
Gebäudekomplexes Habersaathstraße 46 am 29. Oktober 2020] wegen schweren | |
Hausfriedensbruchs angeklagt. Doch zum Prozess kam es gar nicht erst. Das | |
Verfahren wurde gegen die Auflage von 360 Sozialstunden eingestellt. | |
Rechtsanwältin Teresa Amigo, die den Angeklagten vertrat, erklärte, dass | |
bei der Einstellung auch eine Rolle gespielt hat, dass die Gerichte wegen | |
vieler Delikte aus dem rechten Spektrum überlastet seien. Dass W. den | |
Hausfrieden gebrochen haben soll, weil er mit dafür gesorgt hatte, dass | |
Obdachlose gut erhaltenen Wohnraum in der Habersaathstraße besetzt hatten, | |
versteht auch Daniel Diekmann nicht. Er gehört zu den knapp 10 | |
Mietparteien, die noch in dem Gebäudekomplex wohnen. | |
Die übrigen 95 Wohnungen in dem 1984 als Schwesternwohnheim mit | |
öffentlichen Mitteln gebauten Ensemble stehen schon seit Jahren leer. 2004 | |
wurden die Gebäude privatisiert. Seit 2017 sind sie im Besitz der Arcadia | |
Estates. Sie hat einen Abrissantrag gestellt und will dort hochpreisige | |
Appartements errichten. Das Bezirksamt hingegen will die Gebäude als | |
schützenswerten Wohnraum erhalten. Dagegen klagt der Eigentümer vor Gericht | |
und die Häuser stehen weiter leer. | |
Darin sieht Valentina Hauser von der Initiative „Leerstand hab ich satt“ im | |
Gespräch mit der taz den eigentlichen Skandal. „Diejenigen, die diesen | |
fortgesetzten Leerstand zu verantworten haben, gehören vor Gericht“, | |
erklärt sie. Mieter Diekmann zeigt sich allerdings nicht besonders | |
optimistisch, dass der Leerstand schnell behoben wird. Nach der | |
Neukonstituierung des Bezirksamts in Mitte geht die Zuständigkeit dafür | |
von der Linken-Stadträtin Ramona Reiser an den Bürgermeister Stephan von | |
Dassel von den Grünen über. | |
## „Leerstand sinnvoll nutzen“ | |
Große Hoffnung, dass dieser den Leerstand schnell beseitigen kann, hat auch | |
ein langjähriges Mitglied der Grünen nicht, das am offenen Mikrofon bei der | |
Kundgebung vor dem Amtsgericht Tiergarten anmahnt, dass dort schnell wieder | |
MieterInnen einziehen. Das ist auch das Ziel des außerparlamentarischen | |
Bündnisses Mietenwahnsinn Nord, das in den letzten Monaten Leerstand in | |
Moabit und Wedding öffentlich gemacht hat. [2][Unter dem Motto „Leerstand | |
sinnvoll nutzen“] hat es kürzlich eine Petition gestartet, die bisher von | |
knapp 1.000 Menschen gezeichnet wurde. | |
Am kommenden Freitag plant die Initiative von 13 bis 16 Uhr eine Kundgebung | |
gegen Leerstand vor der Schulstraße/Maxstraße im Wedding. So wird auch | |
deutlich, dass der Leerstand in dem Gebäudekomplex in der Habersaathstraße | |
in Berlin nun wirklich keine Ausnahme ist. | |
6 Dec 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Habersaathstrasse-in-Berlin-Mitte/!5735337 | |
[2] https://www.openpetition.de/petition/online/leerstand-in-berlin-sinnvoll-nu… | |
## AUTOREN | |
Peter Nowak | |
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