# taz.de -- Siedlungsbau in Ostjerusalem: Purer Zynismus | |
> Die israelische Regierung ist im Begriff, erstmals neue Siedlungen in | |
> Jerusalem zu genehmigen. Die linken Parteien könnten das noch verhindern. | |
Bild: Im November besuchte eine Abordnung der EU das Baufeld in Givat Hamatos | |
Es klingt nach bürokratischem Klein-Klein, und doch sind die politischen | |
Folgen kaum zu hoch zu bewerten: Das Jerusalemer Planungskomittee hat am | |
Mittwoch die Landenteignung in dem Ostjerusalemer Gebiet Givat Hamatos | |
genehmigt. Dasselbe Verfahren steht für zwei weitere Baugebiete an, die | |
ebenfalls in Ostjerusalem liegen. | |
Es geht um den Bau von drei neuen [1][Siedlungen], mit denen das im Jahr | |
1980 von Israel annektierte Ostjerusalem in alle Richtungen vom | |
palästinensischen Westjordanland komplett abgeschnitten werden würde. | |
Dabei hatten sich einige Israelis von der im Juni neu gebildeten | |
Regierungskoalition trotz der Tatsache, dass Siedlerführer [2][Naftali | |
Bennett] das Amt des Regierungschefs übernahm, anderes erhofft. Denn der | |
neuen Regierung gehören auch die linke Meretz, die Arbeitspartei und die | |
islamische Partei Ra’am an. | |
Vertreter*innen der linken Parteien selbst hatten ihre rote Linie bei | |
[3][Eintritt in die Regierungskoalition] gezogen, die eine | |
„Verschlechterung des Status quo“ ausschließen sollte. Nun gut, könnte man | |
zynisch sagen, fortschreitender Siedlungsbau gehört zum Status quo des | |
Staates Israel. | |
## Geld für Bau kommt von Regierung | |
Jedoch würde der Bau der geplanten drei Siedlungen – die ersten Siedlungen | |
seit 30 Jahren, die in Ostjerusalem neu errichtet werden – weitreichende | |
Folgen haben: Es würde bedeuten, aus einer temporären Besatzung eine | |
dauerhafte zu machen. Ostjerusalem als Hauptstadt eines palästinensischen | |
Staats würde unmöglich gemacht. | |
Noch kann es verhindert werden. Denn zwar liegt die Entscheidung über den | |
Bau in den drei Ostjerusalemer Gebieten in den Händen der Stadtverwaltung, | |
doch das Geld für den Bau kommt von der Regierung. Und damit auch von den | |
an ihr beteiligten linken Parteien, die im Übrigen nicht weniger Sitze in | |
der Knesset inne haben als die meisten anderen Regierungsparteien. | |
Die Beerdigung einer Zweistaatenlösung nicht zuzulassen, das sollte die | |
Aufgabe der progressiven Kräfte in der israelischen Regierung sein. Den | |
Zynismus nicht siegen zu lassen. | |
15 Oct 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Siedlungspolitik-im-Westjordanland/!5743604 | |
[2] /Moeglicher-Regierungschef-Naftali-Bennett/!5771584 | |
[3] /Neue-Regierung-in-Israel/!5774969 | |
## AUTOREN | |
Judith Poppe | |
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