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# taz.de -- Bau der U5 in Hamburg: Unterirdisch schlecht
> In Hamburg soll der Bau einer neuen U-Bahnlinie den Klimaschutz
> voranbringen. Das Gegenteil wird der Fall sein, sagt jetzt eine Studie.
Bild: Viel Stahl, viel Beton: U-Bahn-Tunnel in Hamburg
Hamburg taz | Für die dringend notwendige Verbesserung des Klimaschutzes in
Hamburg braucht es auch eine Verkehrswende. Der Senat will deshalb mit
[1][dem Bau einer neuen U-Bahnlinie ein Jahrhundertprojekt vorantreiben],
um mehr als 100.000 Einwohner:innen erstmals an das Hamburger
Schnellbahnnetz anzuschließen – und so den Autoverkehr zu verringern.
Doch eine neue Studie, durchgeführt von Kritikern, attestiert dem Bau
der unterirdischen Linie eine katastrophale Klimabilanz: „Eine solche
U-Bahn kann letztlich als ökologisch wertlos bezeichnet werden“, schreiben
die drei Autoren.
Die U5 soll auf einer Länge von rund 25 Kilometern vom mit öffentlichen
Verkehrsmitteln schlecht angebundenen Nordosten der Stadt ins Zentrum
führen und von dort weiter Richtung Nordwesten. Mit Ausnahme der
Haltestellen, die von oben freigegraben würden, soll ein Tunnelbohrer den
Streckenverlauf durch die Erde bohren.
[2][Die Ingenieure Günter Betz und Stefan Knittel sowie der Volkswirt
Thomas Philipp haben nun in ihrer Studie] die zu erwartenden Emissionen
ermittelt, die während dieser Arbeiten entstehen würden. Laut den Autoren
seien das insgesamt rund 10,2 Millionen Tonnen CO2.
## Beton und Stahl eingerechnet
Dieser ökologische Fußabdruck entstünde durch die zusätzlichen Verkehre –
etwa von Lastern, welche die großen Mengen Erde abtransportieren müssten –,
durch den Energiebedarf der Baumaschinen und besonders durch die Produktion
von Baustoffen. So werden etwa rund 1,8 Millionen Tonnen Beton und 76.000
Tonnen Stahl benötigt.
Die Emissionen hätten zwei Probleme zur Folge: Einerseits torpediere
Hamburg damit bis zur Fertigstellung seine eigenen Klimaziele: Jährlich
will die Stadt bis 2030 den CO2-Ausstoß um rund 315.000 Tonnen reduzieren.
„Unter Annahme einer gleichmäßigen Verteilung des Baugeschehens würde über
diesen Zeitraum eine zusätzliche jährliche CO2-Emission von circa 300.000
Tonnen induziert werden“, rechnen die Autoren – die Klimaziele wären
demnach dahin.
Hinzu kommt, dass es nach der Inbetriebnahme lange dauere, bis der Betrieb
der Bahn die beim Bau entstandenen Emissionen amortisiert: Die Erwartung
großer CO2-Einsparungen durch eine massenhafte Verlagerung des Verkehrs von
der Straße auf die Schiene hält, so die Autoren, „einer nüchternen
Überprüfung nicht stand“.
Es könnten gar nicht genug Menschen vom Auto auf die U-Bahn wechseln, als
dass es sich mittelfristig lohnte. Eine Amortisation wäre unter
Einbeziehung aller baubedingten Emissionen in rund 500 Jahren erreicht.
„Das überschreitet den Horizont vernünftiger menschlicher Planzeiträume“,
urteilen die Autoren.
## Verkehrsbehörde hält an U5 fest
Die vom Grünen Anjes Tjarks geführte Verkehrsbehörde will die Studie nun in
Ruhe prüfen. Sie nehme die Kritik zwar ernst, halte aber grundsätzlich am
Bau der U5 fest. Dass emittiertes CO2 in der Stahl- oder Betonfabrik mit in
die Bilanz der Bauarbeiten vor Ort einberechnet wird, so wie es in der
Studie geschieht, ist bislang keine gängige Praxis bei der Umweltprüfung.
Auch in Hamburg nicht.
Außerdem „wurden im Planfeststellungsverfahren alle Belange, auch
hinsichtlich der Umweltaspekte, rechtlich geprüft“, sagt Dennis Krämer,
Sprecher der Behörde. Und vor wenigen Tagen hat die zuständige Hamburger
Wirtschaftsbehörde den Planfeststellungsbeschluss für einen Abschnitt
erteilt – die ersten Bauarbeiten haben bereits begonnen.
Die Autoren der Studie machen sich dennoch für eine Straßenbahn als
Alternative stark. Die Emissionen würden bei gleichem Streckenverlauf ein
Vierzigstel der U-Bahn-Lösung betragen. Dafür setzt sich seit Jahren die
Initiative „Elbtram jetzt!“ ein, aus dessen Umfeld die Studienautoren
stammen.
## Straßenbahn-Idee bleibt begraben
Doch mit dieser Idee hatte sich vor über einem Jahrzehnt [3][der damals
schwarz-grüne Senat die Finger verbrannt]. Die Wiedereinführung der 1978
abgeschafften Straßenbahn war Bestandteil des schwarz-grünen
Koalitionsvertrags. Doch je konkreter die Pläne wurden, desto größer wurde
der Protest von Gewerbetreibenden und Anwohner:innen in manchen
Quartieren.
In Dutzenden Geschäften entlang der geplanten ersten Route von den
Stadtteilen Winterhude bis nach Steilshoop lagen Unterschriftenlisten gegen
das Vorhaben aus. Als die schwarz-grüne Koalition kurze Zeit später
zerbrach, verschwand die Stadtbahn-Idee in der Mottenkiste.
Unter Olaf Scholz als Bürgermeister werden seit 2014 stattdessen die
U-Bahn-Pläne vorangetrieben. Die Grünen, die zuvor die Straßenbahn
befürwortet hatten, tragen seit 2015 als Koalitionspartner der SPD die
unterirdische Variante mit.
4 Oct 2021
## LINKS
[1] /Kritik-an-neuer-U-Bahnlinie-in-Hamburg/!5789576
[2] https://www.abendblatt.de/bin/incoming/article233469503/U5-U-Bahn-Hamburg-S…
[3] /Stadtbahn/!5154341
## AUTOREN
André Zuschlag
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