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# taz.de -- Nicht gewählte Berliner Politiker: Ene, mene, muh …
> Wer ist im kommenden Bundestag, im Abgeordnetenhaus und in den
> Bezirksparlamenten nicht mehr mit dabei? Eine Verabschiedung.
Bild: … und raus bist Du!
Berlin taz | Die Wahl ist gelaufen. Für einige KandidatInnen stimmt das im
wahrsten Sinne des Wortes. Sie werden im nächsten Abgeordnetenhaus, im
Bundestag oder in den Bezirksparlamenten nicht (mehr) dabei sein. Am
Dienstag hat die Landeswahlleitung die Liste der gewählten Abgeordneten für
die 19. Legislaturperiode des Berliner Parlaments bekannt geben.
Einige prominentere Köpfe sind unter den WahlverliererInnen, wie die
Ex-Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Herrmann,
oder der Ex-Fraktionschef der Linken, Udo Wolf. Andere sind einem breiteren
Publikum eher unbekannt – aber hatten sich als profilierte ExpertInnen auf
ihrem Gebiet durchaus im Parlament etabliert: Georg Kössler zum Beispiel,
der klimapolitische Sprecher der Grünen-Fraktion. Oder die
bildungspolitische Sprecherin der SPD, Maja Lasić.
Tatsächlich werden inhaltliche Profilierung und kluge Anfragen an den Senat
nicht automatisch mit der Wiederwahl belohnt. Zum einen, weil die WählerIn
das parlamentarische Engagement des oder der Einzelnen nicht immer klar vor
Augen hat. Weshalb die Abgeordneten auch sehr erpicht darauf sind, ihre
parlamentarischen Anfragen an JournalistInnen weiterzureichen, um eine
(verdiente) Bühne zu bekommen. Zum anderen ist die mehr oder weniger
aussichtsreiche Platzierung auf einer Landes- und Bezirksliste in erster
Linie das Ergebnis von parteiinterner Macht-Tektonik, von Orts- und
Strömungszugehörigkeiten, auch wenn das dem Außenstehenden ungerecht
erscheinen mag.
Wer seinen Wahlkreis nicht direkt gewinnen konnte und zugleich über die
Landes- oder Bezirksliste der Partei nicht entsprechend abgesichert war,
ist also im nächsten Parlament nicht mehr mit dabei. Trotzdem könnten
einige der vermeintlichen VerliererInnen am Ende doch noch gewinnen – etwa
einen Senats- oder Staatssekretärsposten in der neuen Koalition.
Die allerdings muss sich noch zusammenfinden. [1][Am Freitag sollen
Koalitionsverhandlungen beginnen]. Die SPD als Wahlsiegerin lädt ein. Dann
wird aus dem Wahlergebnis, dem WählerInnenwillen, Politik gemacht. Und der
Kampf um die Positionen beginnt.
Georg Kössler (Grüne): Mit [2][Georg Kössler] hat es der klimapolitische
Sprecher der Grünen nicht mehr ins Parlament geschafft. Kössler scheiterte
dabei an dem großen Erfolg der Grünen, die zahlreiche Direktmandate in der
Innenstadt holten. Der 36-Jährige wäre eigenen Berechnungen zufolge der
dritte Nachrücker – die Hoffnung, dass er wieder ins Abgeordnetenhaus
einzieht, hat er noch nicht aufgegeben. Es dürfte aber ein wenig dauern.
Monika Herrmann (Grüne): Als [3][Bürgermeisterin von
Friedrichshain-Kreuzberg] wurde sie bundesweit bekannt; nun zog es Herrmann
ins Abgeordnetenhaus. Doch ausgerechnet der Noch-Rathaus-Chefin gelang es
in ihrem grün dominierten Bezirk nicht, ein Direktmandat zu holen. Damit
ist sie raus aus der Politik – erst mal. Intern wird längst diskutiert, ob
Herrmann zumindest Staatssekretärin werden könnte, falls Rot-Rot-Grün in
die Verlängerung geht.
June Tomiak (Grüne): 2016 [4][zog sie mit 19 Jahren als jüngstes Mitglied
ins Abgeordnetenhaus ein], wurde Sprecherin für Jugend und
Rechtsextremismus. Nun, mit 24, ist die Parlamentskarriere für die
Kandidatin der Grünen Jugend erst mal vorbei. In ihrem Wahlkreis
Marzahn-Hellersdorf II, von der AfD gewonnen, war Tomiak mit 900
Erststimmen (5 %) chancenlos. Ihr Listenplatz zog wegen direkt gewählter
grüner Abgeordneter nicht.
Torsten Schneider (SPD): Seinen letzten Auftritt als Abgeordneter hatte er
einen Monat vor der Wahl. Zuvor hatte die SPD die Verhandlungen zum
Mobilitätsgesetz abgebrochen. In kleiner Runde versuchte der
[5][Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion], den Grünen die
Schuld in die Schuhe zu schieben. Das entsprach ganz seiner Rolle als
Strippenzieher und Vertrauter von Fraktionschef Saleh. Der steht ohne
Schneider nun nackt da.
Maja Lasić (SPD): Die Biochemikerin hatte 2016 ihren Wahlkreis 7 in Mitte
noch direkt gewonnen, und zwar mit haushohem Vorsprung von 11
Prozentpunkten vor den Grünen. Das gelang Lasić dieses Mal nicht. Der
Wahlbezirk, der vor allem den Gesundbrunnen umfasst, fiel an die Grünen.
Das Parlament verliert eine so engagierte wie umtriebige
[6][Bildungspolitikerin]. Aber: Eine Senatskarriere ist bei Lasić nicht
ausgeschlossen.
Reinhard Naumann (SPD): Auch ihn traf wie Monika Herrmann (Grüne) der
Bürgermeisterfluch dieser Wahl: Naumann wollte nach 32 (!) Jahren in der
Bezirkspolitik von Charlottenburg-Wilmersdorf – erst zwölf Jahre als
Bezirksverordneter, dann seit 2001 als [7][Stadtrat], seit 2011 zudem als
Bürgermeister – Mitglied des Abgeordnetenhauses werden. Doch er unterlag
mit 24,6 zu 27 Prozent nicht allzu knapp, trotz aller Bekanntheit,
Christoph Wapler (Grüne).
Burkhard Dregger (CDU): Als eine seiner letzten Aufgaben blieb ihm, seinen
Nachfolger vorzuschlagen: Kai Wegner soll neuer CDU-Fraktionschef im
Abgeordnetenhaus werden. Mit 23,8 zu 27,2 Prozent verlor Dregger in
Reinickendorf erstmals gegen seine langjährige SPD-Konkurrentin.
Vorsitzender war Dregger, dessen Vater Alfred im Bundestag auch
Fraktionschef war, [8][nach einem Machtkampf mit Exsenator Mario Czaja seit
2018].
Georg Pazderski (AfD): Der Ex-Soldat war das [9][Gesicht der Berliner AfD],
seit 2017 Landes- und Fraktionschef. Auf Platz 4 der Landesliste
kandidierte er für den Bundestag – doch die Partei errang mit ihrem
miserablen Ergebnis lediglich drei Sitze. Nun ist Pazderski verbittert. Der
Berliner Spitzenkandidatin Kristin Brinker warf er Unerfahrenheit und ein
Anbiedern an den rechtsextremen Flügel vor, seiner Partei die gesuchte Nähe
zu Verschwörungstheoretikern.
Michael Efler (Linke): Für ihn sah es schon vor der Wahl nicht wirklich gut
aus: Die Linke hatte dem klima- und [10][demokratiepolitischen Sprecher]
der Fraktion einen aussichtsreichen Listenplatz verwehrt. Trotzdem war
Michael Efler am Montag geschockt: „Es haut wirklich richtig rein.“ Wohl
auch, weil seine Bilanz positiv ist: „Die Zeit im Parlament war unglaublich
spannend, lehrreich, intensiv und auch politisch sehr erfolgreich.“
Regina Kittler (Linke): Die gebürtige Ostberlinerin zog 2016 über die
Landesliste ins Parlament ein. Dieses Mal reichte Listenplatz 29 und das
magere Abschneiden der Linken nicht für einen erneuten Einzug. Die
Studienrätin war [11][bildungs- und kulturpolitische Sprecherin ihrer
Fraktion]. Allerdings schaffte sie es in Marzahn-Hellersdorf ins
Bezirksparlament. Als Vize-Fraktionsvorsitzende dürfte sie bei
Koalitionsverhandlungen mitreden.
Hakan Taş (Linke): Zehn Jahre lang saß der Innenpolitiker im
Abgeordnetenhaus, setzte sich für Migrant*innenrechte und gegen
Rechtsextremismus ein. Der kurdischstämmige Politiker gilt insbesondere
türkischen [12][Faschisten als Feindbild]. Von seinem Sprecherposten zog er
sich 2018 nach einer Trunkenheitsfahrt zurück. Nun will sich Taş, der weder
über die Liste noch in Reinickendorf Chancen hatte, von außerhalb des
Parlaments engagieren.
Udo Wolf (Linke): Der langjährige Chef der Berliner Linksfraktion, der
vergangenes Jahr zugunsten einer neuen, jungen Spitze zurückzog, galt als
einer der [13][profiliertesten Politiker seiner Partei]. In Pankow wollte
er in die Fußstapfen von Stefan Liebich treten, der hier vor vier Jahren
das Direktmandat für den Bundestag errang. Doch am Ende war der 59-Jährige
chancenlos, landete hinter den Kandidaten von Grünen und SPD nur auf Platz
3.
29 Sep 2021
## LINKS
[1] /Fahrplan-fuer-Sondierungen-in-Berlin/!5804443
[2] /Neues-Abfallwirtschaftskonzept/!5776984
[3] /Auf-Radtour-mit-Monika-Herrmann/!5793049
[4] /Berlins-juengste-Abgeordnete/!5433994
[5] /Mitspracherecht-der-Parlamente/!5678728
[6] /SPD-Abgeordnete-zu-Wahlkampf-2021/!5751102
[7] /!800176/
[8] /Kommentar-zur-CDU-Personalpolitik/!5507826
[9] /Georg-Pazderski-und-der-gemaessigte-Kurs/!5781541
[10] /Transparenzgesetz-fuer-Berlin/!5708861
[11] /Bildungspolitik-in-Berlin/!5778932
[12] /Angriff-auf-Linken-Hakan-Ta/!5467568
[13] /Interview-mit-Udo-Wolf/!5120102
## AUTOREN
Anna Klöpper
Erik Peter
Bert Schulz
Stefan Alberti
Uwe Rada
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