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# taz.de -- Rechtsstaatsbericht der EU: Mieses Ergebnis, keine Konsequenzen
> Brüssel gibt Ungarn und Polen ein schlechtes Zeugnis im Prüfbericht. Aber
> der Rechtsstaatsmechanismus wird wohl erst im Herbst in Gang gesetzt
Bild: Ungarns neues antiqueeres Gesetz sorgte beim letzten EU-Gipfel für hefti…
Brüssel taz | Ungarn und Polen müssen so bald keine Strafen wegen der
umstrittenen Verstöße gegen Rechtsstaat und Pressefreiheit fürchten. Die
EU-Kommission in Brüssel stellte den beiden osteuropäischen Ländern in
ihrem jährlichen Rechtsstaatsbericht am Dienstag zwar ein schlechtes
Zeugnis aus, schob mögliche Budgetkürzungen jedoch auf die lange Bank. Auch
Verstöße in anderen EU-Staaten wie Bulgarien oder Spanien sollen vorerst
nicht geahndet werden. Das Europaparlament reagierte mit Unverständnis.
„Die Kommission muss jetzt unmittelbar handeln und vor allem Ungarn, aber
auch Polen EU-Gelder sperren. Sie kann sich wirklich nicht mehr rausreden“,
sagte die Vizepräsidentin des EU-Parlaments, Katarina Barley (SPD).
„Faktisch wird die Lage immer schlimmer, in Ungarn wie in Polen.“ Ähnlich
äußerte sich Jeroen Lenaers von der konservativen EVP-Fraktion. Dem Bericht
müssten Taten folgen, forderte der Sprecher im Grundrechtsausschuss.
Doch Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen spielt auf Zeit. Über
mögliche Budgetkürzungen will die CDU-Politikerin erst im Herbst
entscheiden. Der Bericht habe vor allem den Zweck, die EU-weite Debatte
über den Rechtsstaat zu fördern, sagte ein Kommissionsexperte. Mit
Finanzsanktionen, wie sie der neue Mechanismus zum Schutz des EU-Budgets
vorsieht, habe das nichts zu tun: „Das sind zwei unterschiedliche
Instrumente“.
Doch was bringt der jährliche Rechtsstaats-Check, wenn er keine
Konsequenzen hat? Auf diese Frage bleibt die EU-Behörde eine Antwort
schuldig. Dabei betont sie selbst, dass die Sorge um die Unabhängigkeit der
Justiz in Ungarn seit dem ersten Bericht vom September 2020 nicht kleiner
geworden sei. Auch die Medienvielfalt sei gefährdet.
## Ultimatum für Polen
Kritik gibt es auch am Rechtsstaat in Polen. In dieser Hinsicht immerhin
hat die EU-Kommission Polen im Streit über die Umsetzung eines Urteils des
Europäischen Gerichtshofs nun ein Ultimatum gesetzt. Sollte das Land
Vorgaben des höchsten europäischen Gerichts zu einer umstrittenen
Disziplinarkammer nicht bis zum 16. August vollständig umsetzen, würden
Strafen beantragt, kündigte die Vizepräsidentin der Kommission, Vera
Jourova, am Dienstag in Brüssel an. Es handelt sich hierbei nicht um eine
Kürzung der EU-Gelder für Polen nach dem neuen Rechtsstaatsmechanismus.
Aber die Strafen könnten nach EU-Regeln zum Beispiel aus einem täglich zu
zahlenden Zwangsgeld bestehen und würden vom EuGH auf Grundlage eines
Vorschlags der Kommission festgesetzt werden.
Der EuGH hatte in der vergangenen Woche geurteilt, dass Polen mit seinem
System zur Disziplinierung von Richtern gegen europäisches Recht verstößt.
Die 2018 eingerichtete Disziplinarkammer am Obersten Gericht des Landes,
die jeden Richter oder Staatsanwalt entlassen kann, bietet demnach nicht
alle Garantien für die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit.
Zuletzt hatte das höchste polnische Gericht die Letzt-Zuständigkeit des
Europäischen Gerichtshofs infrage gestellt. Massive Probleme gibt es auch
in Bulgarien, wo Korruption und organisiertes Verbrechen immer noch nicht
eingedämmt werden konnten. Im Juni hatte die US-Regierung Sanktionen gegen
bulgarische Oligarchen verhängt, um „die Rechtsstaatlichkeit und die
Stärkung demokratischer Institutionen (zu) unterstützen“. Die EU unternahm
nichts.
Kommissionschefin von der Leyen und Justizkommissar Didier Reynders setzen
auf Dialog – und die Kraft des guten Beispiels. Er habe den
Rechtsstaats-Bericht mit 20 nationalen Parlamenten diskutiert, sagte
Reynders. Dies habe „positive Reformen ermutigt“. Insgesamt habe sich die
Lage des Rechtsstaats in der EU leicht verbessert, bilanziert die Brüsseler
Behörde. Bedenkliche Rückschritte gebe es aber bei Pressefreiheit und
Pluralismus.
Die Corona-Pandemie habe zu massiven Problemen bei der Berichterstattung
geführt, heißt es in Brüssel. Aufmerksam notiert die EU-Kommission auch die
Einschränkung der Grundrechte durch Lockdowns und andere Corona-Maßnahmen.
Zuletzt hatte das Verfassungsgericht in Spanien den ersten Lockdown
kassiert. Das Urteil zeige, dass die Gewaltenteilung funktioniere, meint
die EU-Behörde – der Rechtsstaat habe sich als „resilient“ erwiesen.
20 Jul 2021
## AUTOREN
Eric Bonse
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