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# taz.de -- Polnische Verfassung und EU-Recht: Polen setzt Disziplinarkammer aus
> Warschau hat die umstrittene Einrichtung suspendiert, um Strafzahlungen
> aus Brüssel zu vermeiden. Der Haken: Die Suspendierung ist befristet.
Bild: Die Suspendierung der Disziplinarkammer ist befristet, dafür sorgte Just…
Warschau taz | „Polen gibt der EU nach“ oder „Polen will seine umstrittene
Justizreform überarbeiten“, heißt es in einigen deutschen Medien. Doch in
Wirklichkeit geht es der nationalpopulistischen Regierung in Warschau wohl
nur darum, Strafzahlungen zu vermeiden, die die Europäische Kommission ihr
für den Fall androhte, dass sie wieder ein Urteil des [1][Europäischen
Gerichtshofs (EuGH)] missachten würde. Am 16. August läuft das Brüsseler
Ultimatum aus. Die Präsidentin des Obersten Gerichts in Warschau,
Małgorzata Manowska, „suspendierte“ nun die Richter der laut EuGH illegalen
Disziplinarkammer. Zudem ordnete sie an, neue „Disziplinarfälle“ nicht mehr
an die Kammer, sondern an ihr Büro zu senden. Doch die Aktion hat einen
Haken: sie ist bis zum 15. November befristet.
Danach können die Richter also weiterarbeiten wie bisher, die im Büro von
Manowska aufbewahrten neuen Disziplinarfälle werden an die wieder aktive
Kammer überwiesen. Für Interventionen der EU ist es dann schon zu spät: Im
November wird der Antragstermin für eine Geldstrafe beim EuGH verstrichen
sein. Und auch die Entscheidungen über EU-Zuschüsse für Staaten, die
grundlegende Werte der EU wie Gewaltenteilung und Rechtsstaatlichkeit
missachten, können nicht ewig aufgeschoben werden.
Für die „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS), die seit 2015 mit absoluter
Mehrheit im polnischen Abgeordnetenhaus regieren kann, wäre es ein
Leichtes, das Urteil des EuGH umzusetzen und die Disziplinarkammer per
Gesetz abzuschaffen. Die Opposition würde mit großer Mehrheit zustimmen.
Sie könnte auch alle bisherigen Urteile der Kammer für null und nichtig
erklären.
Doch dies scheitert an Justizminister und Generalstaatsanwalt Zbigniew
Ziobro. Der mit großer Machtfülle ausgestattete Minister schäumte nach dem
Urteil aus Luxemburg, dass dies ein „politisch bestelltes Urteil“ sei und
Polen es nicht umsetzen werde. Später verschärfte er den Ton noch und
warnte vor Maßnahmen, die aus Angst „vor einer wirtschaftlichen Erpressung“
der EU getroffen würden.
Ende des Monats soll Polens Verfassungsgericht über die Anfrage von Premier
Mateusz Morawiecki (PiS) entscheiden: „[2][Welches Recht hat in Polen
Vorrang – die polnische Verfassung oder das EU-Recht?]“
7 Aug 2021
## LINKS
[1] /Polnische-Regierung-wehrt-sich/!5787048
[2] /Polnischer-Ex-Richter-ueber-EU-Recht/!5781309
## AUTOREN
Gabriele Lesser
## TAGS
Polen
Polnische Justizreform
EuGH
PiS
Europäische Union
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Schwerpunkt Krisenherd Belarus
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