Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Pressefreiheit in Kuba: Kaltgestellt
> In Kuba wird Journalist*innen Hausarrest auferlegt. Nach landesweiten
> Protesten blockierte die Staatssicherheit auch den Internetzugang.
Bild: Protest gegen Kubas Regierung am 14. Juli vor der kubanischen Botschaft i…
Hamburg taz | 17 Tage konnte Luz Escobar ihre Wohnung nicht verlassen. 17
Tage in häuslicher Haft im Anschluss an die [1][landesweiten Proteste vom
11. Juli,] als Tausende in Kuba mit Parolen wie „Es reicht“ die Straße
gingen. Escobar war nicht dabei, sie stand schon unter Hausarrest. Eine
richterliche Anordnung oder Begründung wird Betroffenen wie ihr nicht
geliefert. Ein oder auch mehrere Polizisten vor der Tür sorgen für
vollendete Tatsachen, so Escobar. Für die Journalistin der unabhängigen,
regierungskritischen Onlinezeitung 14ymedio ist es nicht das erste Mal. „An
Tagen wie dem 10. Dezember, dem internationalen Tag der Menschenrechte ist
es so, beim Papstbesuch war es so und nach dem 27. November auch. 17 Tage
waren es aber noch nie“, sagt die Mutter zweier kleiner Kinder.
Escobar zählt zum Kreis unabhängiger Berichterstatter*innen, die wiederholt
ohne rechtliche Grundlage kaltgestellt wurden, so Laritza Diversent. Die
Juristin leitet die Rechtsberatungsorganisation Cubalex, die bis 2016 in
Havanna arbeitete und mittlerweile aus dem US-amerikanischen Pennsylvania
Privatpersonen, Künstlergruppen und andere zivilgesellschaftliche
Organisationen juristisch berät.
„Das kubanische Strafgesetzbuch kennt zwar den Begriff der ‚häuslichen
Haft‘, aber die ist nur nach offizieller Anklageerhebung vorgesehen. Im
konkreten Fall von Luz Escobar liegt keine Anklage vor. Zudem sieht diese
‚häusliche Haft‘ nicht vor, dass die betroffene Person von einer Person
bewacht wird und am Verlassen der eigenen Wohnung gehindert wird. Das ist
rein rechtlich nicht gedeckt“, sagt Diversent.
Doch in Kuba ist es mittlerweile gängige Praxis. Seit [2][dem 27. November
2020, als sich mehrere Hundert Künstler*innen, Intellektuelle] und
Berichterstatter*innen vor dem Kulturministerium versammelten, um
Dialog mit den Offiziellen zu suchen und ein Ende der Kriminalisierung von
Andersdenkenden zu fordern, greift der kubanische Staat zu diesem Mittel.
## Internetzugang wird gezielt blockiert
Zum Instrumentarium der Staatssicherheit, die Geheimpolizei in Kuba, zählt
es auch, den Internetzugang zu blockieren. Vier Tage war es nach den
Protesten vom 11. Juli abgeschaltet. Die Kappung des Internetzugangs wird
auch selektiv gegen bekannte Journalist*innen wie Luz Escobar oder
Abraham Jiménez Enoa, bis vor einem Jahr Redaktionsleiter des
Onlinemagazins El Estornudo, eingesetzt. Immer dann, wenn es etwas
Außergewöhnliches zu berichten gibt und das offizielle Kuba eben nicht
will, dass Videos, Bilder und Berichte über die sozialen Netze nach außen
dringen.
Paradox dabei ist, dass der Mann, der sich für die Einrichtung des
3G-Netzes auf Kuba 2018 stark machte, der gleiche ist, der heute dafür
sorgt, dass das Internet abgeschaltet wird: Präsident Miguel Díaz-Canel.
Für Escobar und Enoa ist die Installation des 3G-Netzes der Wendepunkt.
„Seitdem sind die Kubaner*innen deutlich besser informiert und lesen
zumindest teilweise die unabhängige Presse“, so Enoa.
Das geht, obwohl die Seiten fast aller unabhängigen Medien in Kuba
blockiert sind, durch die Nutzung von VPN-Technologie. Dagegen geht der
staatliche Kommunikationsmonopolist Etecsa vor. Botschaften, die die
Buchstaben VPN oder das Wort Psiphon, ein VPN-Programm, enthalten, werden
nicht weitergeleitet. Das Unternehmen agiert im Auftrag der Regierenden.
Hohe Hürden für alle Andersdenkenden und für Redaktionen, die zudem unter
dem Damoklesschwert des Gesetzes 370 arbeiten. Das weist unabhängige
Redaktionen wie El Estornudo oder 14ymedio an, Server auf der Insel zu
nutzen. So sind sie einfacher zu kontrollieren.
Für die unabhängigen Redaktionen geht es derzeit vor allem darum, Zahlen
von Verhafteten, darunter auch elf Minderjährige, zu überprüfen, und auch
darum, aus der Haft entlassene und auf den Prozess wartende Demonstranten
zu kontaktieren, so Journalistin Escobar. „Es gibt ein Netz von engagierten
Aktivist*innen, die die Daten von Verhafteten ins Netz stellen. Die
Informationen laufen bei der juristischen Beratungsorganisation Cubalex
zusammen, die sie über die Recherche in den sozialen Netzen überprüft. Das
hilft.“
Mit zwei der Aktivist*innen hat sie gerade ein Interview gemacht, sowie
mit zwei Familien von Verhafteten gesprochen. Viel Arbeit für die Frau, die
erst seit ein paar Tagen die eigene Wohnung wieder verlassen kann. Luz
Escobar treibt die Hoffnung auf den Wandel auf der Insel an.
3 Aug 2021
## LINKS
[1] /Proteste-auf-Kuba/!5781105
[2] /Proteste-in-Kuba/!5785763
## AUTOREN
Knut Henkel
## TAGS
Schwerpunkt Pressefreiheit
Protest
Kuba
Havanna
Schwerpunkt Pressefreiheit
Schwerpunkt Pressefreiheit
Kolumne Latin Affairs
Kuba
Kuba
Schwerpunkt Pressefreiheit
Schwerpunkt Pressefreiheit
Miguel Díaz-Canel
IG
Schwerpunkt Fidel Castro
## ARTIKEL ZUM THEMA
Haft eines kubanischen Journalisten: Zu unbequem für das System
Der Journalist José Luis Tan Estrada wurde fünf Tage von der kubanischen
Polizei festgehalten. Ein Beispiel für die repressive Politik im Land.
Kubanischer Journalist über Unabhängigkeit: „Alles ist geheim“
In Kuba gibt es eine eigens für die Überwachung von Journalisten zuständige
Polizeiabteilung, berichtet Augusto César San Martín Albistur.
Politischer Starrsinn in Kuba: Proteste? Nicht bei uns!
Maykel Osorbo hat mit „Patria y vida“ den Soundtrack der Demonstrationen in
Kuba geliefert. Seit Mai sitzt er im Gefängnis.
Kuba bürgert kritischen Künstler aus: Von Kubas Stasi ins Exil geschickt
Der kubanische Künstler Hamlet Lavastida saß seit Ende Juni in
Untersuchungshaft. Am Samstag wurde er freigelassen und musste das Land
verlassen.
Regierung erleichtert Firmengründungen: Kapitalismus für fast alle auf Kuba
Kleine und mittelgroße Unternehmen sind auf der Karibikinsel Kuba bald
erlaubt. Das ist auch nötig – das Land ist in einer tiefen Krise.
Gesetz Nummer 35 in Kuba: Gegen ein freies Netz
Ein neues Gesetz verbietet es in Kuba, „Falschnachrichten“ über die
Regierung im Internet zu verbreiten. Viele Menschen befürchten nun
Sperrungen.
Internetzensur in Kuba: Regierungskritik ist nun strafbar
Ein neues Dekret in Kuba stellt die Kritik am Staat im Internet unter
Strafe. Die Regierung begründet das mit Cybersicherheit, Kritiker
befürchten Zensur.
Proteste in Kuba: Inselstaat am Wendepunkt
Kubas Präsident Díaz-Canel enttäuscht mit seiner Politik der harten Hand
die junge Bevölkerung. Sie fordert konstruktiven Dialog – und mehr
Freiheit.
Kubanischer Künstler über Proteste: „Kuba droht ein Bürgerkrieg“
Der Protest markiert eine Zäsur, sagt Michel Matos von der
Künstler-Protestbewegung San Isidro. Dem Präsidenten wirft er Verbrechen
vor.
Proteste auf Kuba: Der Tabubruch
Fidel Castro suchte 1994 den Dialog mit unzufriedenen DemonstrantInnen. Der
neue Machthaber Miguel Díaz-Canel setzt auf Repressionen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.