# taz.de -- Nach Nazi-Chats bei Spezialeinheit: Frankfurter SEK wird aufgelöst | |
> Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) löst die Frankfurter | |
> Spezialeinheit auf. Die Linke fordert Aufklärung. | |
Bild: Hessens Innenminister Beuth bei einer Pressekonferenz am Donnerstag | |
BERLIN taz | Der hessische Polizeiskandal erreicht einen neuen Höhepunkt. | |
Das Spezialeinsatzkommando (SEK) der Frankfurter Polizei wird aufgelöst, | |
wie Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) am Donnerstag Vormittag | |
verkündete. | |
[1][Hintergrund sind Ermittlungen gegen 20 SEK-Polizisten], die | |
volksverhetzende Inhalte in Chatgruppen geteilt haben sollen – die eine | |
„abgestumpfte, diskriminierende Haltung und teils rechtsextreme Gesinnung“ | |
offenbaren würden, so der Innenminister. | |
Beuth sprach von „inakzeptablem Fehlverhalten“ der Beamten und der | |
„Verrohung einer Dienstgruppe“, die eine Auflösung des SEK „unumgänglic… | |
gemacht hätte. „Wer einen Fehler macht, muss dafür geradestehen – im Leben | |
wie auch bei der Polizei“, so der Innenminister. | |
Am Mittwoch erst fanden Hausdurchsuchungen bei sechs SEK-Beamten wegen der | |
Chatnachrichten statt. Ermittelt wird jedoch seit April 2021 gegen | |
insgesamt 20 Polizisten, von denen 19 noch im Dienst sind, von der | |
Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main. In der Chatgruppe waren demnach auch | |
drei Vorgesetzte, gegen die wegen Strafvereitelung im Amt ermittelt wird. | |
## „Verrohung einer Dienstgruppe“ | |
Im Zentrum der Ermittlungen steht offenbar ein Polizist des Frankfurter | |
SEK, der mittlerweile in Rheinland-Pfalz wohnt. Die Staatsanwaltschaft | |
Mainz ermittelt gegen den 38-Jähringen seit August 2020 wegen Besitzes und | |
Verbreitung sogenannter kinderpornographischer Schriften. Dieser | |
juristische Begriff schließt Fotos und Videos mit ein. Bei einer | |
Hausdurchsuchung am 15. Dezember 2020 beschlagnahmten die Beamten offenbar | |
unter anderem ein Mobiltelefon des Beschuldigten. | |
Dort sei man dann auf entsprechende Chatgruppen mit „strafrechtlich | |
relevanten Inhalten“ gestoßen, vor allem aus den Jahren 2016 und 2017. Nach | |
taz-Informationen geht es etwa um rassistische Beleidigungen und | |
Hakenkreuz-Abbildungen. | |
Entsprechend kündigte Beuth weitere Maßnahmen für das SEK an: „Es kann dort | |
nichts bleiben, wie es bislang war“. Unabhängig vom Ausgang der | |
Strafverfahren gegen die noch aktiven 19 Polizisten werde er dafür Sorge | |
tragen, dass „keine dieser Personen mehr für eine hessische Spezialeinheit | |
tätig“ werde. Beuth wolle sie bestenfalls „aus der hessischen Polizei | |
entfernen“. | |
Darüber hinaus versprach [2][Innenminister Beuth] weitere Maßnahmen gegen | |
rechtsextreme Tendenzen in der Polizei und beim Nachwuchs. Es solle eine | |
ausgeprägtere „Fehlerkultur“ geben, die im Falle der SEK-Vorgesetzten | |
„völlig versagt“ habe. Es müsse zudem mehr Durchlässigkeit zwischen den | |
Einheiten geben, trotz Spezialisierung einzelner dürfe kein „falsch | |
verstandener Korpsgeist“ entstehen. | |
## Linken-Chefin: „Der Fisch stinkt vom Kopf“ | |
Zum angekündigten „grundlegenden Neustart“ gehört laut Beuth auch eine ne… | |
Stabsstelle unter der Leitung des Präsidenten des Polizeipräsidiums | |
Westhessen, Stefan Müller. Er ist ehemaliger Leiter einer Direktion | |
Spezialeinheiten. Die neue Stabsstelle soll die Umstrukturierung des SEK in | |
Abstimmung mit dem Innenministerium einleiten. | |
[3][Janine Wissler] reicht das nicht. „Wir fordern Peter Beuths Rücktritt“, | |
sagte die Linken-Bundesvorsitzende und hessische Fraktionschefin der taz, | |
„Der Fisch stinkt vom Kopf.“ | |
In der Frankfurter Polizei häuften sich rechtsextreme Fälle in der jüngeren | |
Vergangenheit, wie Wissler betont. So wurden etwa Waffen und Munition aus | |
Asservatenkammern entwendet. Die Anwältin Seda Başay-Yıldız und auch | |
Wissler bekamen Drohschreiben mit dem Kürzel [4][„NSU 2.0“] – ihre Daten | |
wurden zuvor von Polizeicomputern abgefragt. „Das ist offensichtlich ein | |
strukturelles Problem, keine Einzelfälle“, so die Linkenpolitikerin. | |
Wisslers Daten wurden im Februar 2020 von einem Polizei-Computer in | |
Wiesbaden abgerufen. Die Wiesbadener Polizei gehört zum Polizeipräsidium | |
Westhessen – und deren Leiter ist der mit der neuen Stabstelle beauftragte | |
Stefan Müller. | |
Für Wissler zeigt sich darin, wie problematisch interne Ermittlungen bei | |
der Polizei sind. „Wenn man Sachen auf den Prüfstand stellen will, braucht | |
man Leute von extern, aus anderen Bundesländern oder anderen Behörden“, | |
sagte sie der taz. „Es gibt jede Menge Fragen, die geklärt werden müssen – | |
auch parlamentarisch“, forderte Wissler. | |
10 Jun 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Wegen-rechtsextremer-Chats/!5778140 | |
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## AUTOREN | |
Kevin Čulina | |
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