| # taz.de -- Rassismus bei Polizei Hessen: „Exempel“ gegen Rechts gefordert | |
| > ExpertInnen haben ihren Bericht zur Polizei Hessen vorgelegt. Nach dem | |
| > „NSU 2.0“ und rechten Chatgruppen fordern sie Konsequenzen. | |
| Bild: Der Abschlussbericht der Untersuchung zu rechtsextremen Vorfällen bei de… | |
| Frankfurt a. M. taz | Eine ExpertInnenkommission hat am Montag den | |
| Abschlussbericht ihrer Untersuchung zu rechtsextremen und rassistischen | |
| Vorfällen bei der Polizei Hessen vorgelegt. Die Vorsitzende der Kommission, | |
| die Jura-Professorin Angelika Nußberger, sprach von einem „kritischen | |
| Moment“ für die hessische Polizei. Nußberger sagte, eine Vielzahl | |
| empörender Vorfälle habe zu einem deutlichen Vertrauensverlust in der | |
| Bevölkerung geführt. Sie fügte hinzu: „Hessen muss ein Exempel statuieren, | |
| dass es den Ehrgeiz hat, im Kampf gegen Rechtsextremismus deutschlandweit | |
| eine Vorreiterrolle einzunehmen.“ | |
| Dafür empfiehlt die Kommission aus JuristInnen, PolizeiführerInnen, | |
| PublizistInnen und anderen Fachleuten dem hessischen Innenminister Peter | |
| Beuth, die Dienstvorschriften und das Disziplinarrecht zu schärfen. Als | |
| Grundsatz müsse gelten, dass jeder Beamte verpflichtet werde, sich | |
| jederzeit aktiv für die Bekämpfung von Neonazismus und Rechtsextremismus | |
| einzusetzen. Der stellvertretende Kommissionsvorsitzende, der ehemalige | |
| grüne Bundestagsabgeordnete und Rechtsanwalt Jerzy Montag, sagte, jede | |
| Verherrlichung des NS-Regimes müsse als schweres Dienstvergehen | |
| sanktioniert werden. | |
| Die Kommission schlägt außerdem die Einführung der Regelanfrage bei | |
| PolizeibewerberInnen vor. BewerberInnen, die dem Verfassungsschutz wegen | |
| rechtsextremer oder neonazistischer Vergangenheit bekannt seien, müsse der | |
| Zugang in den Polizeidienst verwehrt werden. Weiter brauche es ein neues | |
| Leitbild für die hessische Polizei; Fortbildung und Schulung, vor allem der | |
| Führungspersonen, müssten verbessert werden. | |
| Auch die Öffentlichkeitsarbeit von Ministerium und Polizei sollte sich nach | |
| Meinung der Kommission ändern. Die ExpertInnnen empfehlen grundsätzlich | |
| eine „proaktive Öffentlichkeitsarbeit“, bei der „Fehlverhalten und | |
| Organisationskrisen offen kommuniziert“ werden. | |
| ## Widerwärtige Fotos | |
| Mit der Einsetzung der Kommission hatte der Landesinnenminister Beuth im | |
| Sommer 2020 auf eine lange Serie von Missständen und Verfehlungen in der | |
| hessischen Polizei reagiert: Da waren etwa die unter dem Namen „NSU 2.0“ | |
| verschickten Drohschreiben gegen die Frankfurter Rechtsanwältin Seda | |
| Başay-Yıldız, die Kabarettistin Idil Baydar und die Linken-Politikerin | |
| Janine Wissler. Deren persönliche Daten waren in engem zeitlichem | |
| Zusammenhang zu den Drohungen widerrechtlich von Polizeicomputern abgerufen | |
| worden. | |
| Die Kommissionsvorsitzende Nußberger merkte dazu nun an, dass es in der | |
| Kommunikation zwischen der Polizei und den von den Drohschreiben | |
| betroffenen Frauen „bedauerliche Missverständnisse“ gegeben habe. | |
| [1][Anders als zuletzt Innenminister Beuth] sieht sie die Polizei durch die | |
| Festnahme eines Tatverdächtigen noch nicht entlastet. Ob und wie weit | |
| Polizeibeamte verwickelt seien, sei noch nicht abschließend geklärt, so | |
| Nußberger. | |
| Bei den Ermittlungen zum NSU 2.0-Komplex stießen FahnderInnen zufällig auch | |
| auf Chatgruppen, in denen BeamtInnen rassistische, neonazistische und | |
| menschenverachtende Inhalte geteilt hatten. Bei Ermittlungen wegen | |
| sogenannter Kinderpornografie ergab sich zuletzt ebenfalls als Zufallsfund, | |
| dass wohl auch Frankfurter SEK-Beamte [2][rechtsextremistische und | |
| rassistische Inhalte in einer Chatgruppe geteilt hatten.] | |
| Der stellvertretende Kommissionsvorsitzende Montag nannte dazu nun neue | |
| Zahlen und beunruhigende Details. In der hessischen Polizei habe es demnach | |
| 47 Chatgruppen gegeben, in denen solche Inhalte geteilt wurden. Gegen 100 | |
| Beteiligte werde ermittelt, weil sie mutmaßlich strafrechtlich relevante | |
| Inhalte geteilt hätten, berichtete Montag. | |
| Er zeigte sich erschüttert über einzelne Posts. Da habe es ekelhafte | |
| Montagen mit dem Foto der Leiche eines 2-jährigen syrischen | |
| Flüchtlingskindes gegeben. Da trage ein Foto vom Vernichtungslager | |
| Auschwitz die Unterschrift: „Das ist eine Judenherberge“. Auf einem Foto | |
| rauche ein Schornstein neben einem lachenden Adolf Hitler; die | |
| Bildunterschrift: „Da geht eine jüdische Familie davon.“ Der NS-Terrorstaat | |
| werde verherrlicht, der Tod von Menschen auf der Flucht bejubelt. | |
| Viele Posts offenbarten einen tiefen Frauenhass, sie seien roh und gehässig | |
| und völlig empathielos gegenüber dem Leid anderer Menschen, beklagte | |
| Montag. Dass solche Chats über Jahre hinweg unbemerkt unter BeamtInnen | |
| ausgetauscht und nur durch Zufall entdeckt worden seien, müsse Konsequenzen | |
| haben. In all den Jahren habe nicht einmal einE BeamtIn die KollegInnen | |
| wegen solcher Inhalte kritisiert oder angezeigt, so Montag. | |
| 12 Jul 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Christoph Schmidt-Lunau | |
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| Janine Wissler | |
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