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# taz.de -- Nach Auflösung wegen Chat-Skandal: SEK-Kommando zurück in Frankfu…
> Nach dem Auffliegen rechter Chats wurde das Frankfurter SEK aufgelöst.
> Nun bekommt es neue Strukturen – laut Innenminister „unumgänglich“.
Bild: Hält die Auflösung des SEK weiter für richtig: Hessens Innenminister P…
Frankfurt/Main taz | Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) ist am
Donnerstag Vorwürfen ehemaliger Angehöriger der SEK-Einheit Frankfurt
entgegengetreten, mit der Auflösung des Kommandos und ihrer Suspendierung
habe sie der Minister vorverurteilt und Prinzipien des Rechtsstaats
missachtet. Im Juni war Beuth unter Druck geraten, als durch
staatsanwaltliche Ermittlungen auch in der Eliteeinheit des SEK-Frankfurt
[1][rechte Chatgruppen aufgeflogen] waren.
Zuvor hatten bereits [2][Chatgruppen und rechtsextremistische Umtriebe] in
der übrigen hessischen Polizei für Negativschlagzeilen gesorgt. Ermittler
waren zufällig darauf gestoßen, als sie nach dem Urheber der unter dem
Alias „[3][NSU 2.0]“ verschickten Morddrohungen gesucht hatten.
In Sachen SEK hatte Beuth damals durchgegriffen. [4][Er löste die Einheit
auf], suspendierte mehr als ein Dutzend Beamte und setzte eine
Expertenkommission ein. Am Donnerstag nutzte der Minister deren
Pressekonferenz, um seine Entscheidung vom Juni zu verteidigen.
Die unter den Frankfurter SEK-Beamten geteilten Inhalte interner
Chatgruppen mit Nazisymbolen sowie rassistischen und sexistischen Bezügen,
die „offenkundige Verrohung“ der Kommunikation in der Einheit und der
übersteigerte Korpsgeist hätten einen Neustart unumgänglich gemacht, sagte
der Minister und berief sich auf die Ergebnisse der Experten.
## SEK-Beamte sehen sich als Bauernopfer
Beuth reagierte damit auf einen Medienauftritt von drei der damals
suspendierten SEK-Beamten, in dem diese sich zuletzt als angebliche
Bauernopfer stilisierten. „Der Minister trat am 9. Juni vor die Presse und
sagte, dass, egal, was rauskommen mag, er auf jeden Fall versuchen werde,
uns aus dem Dienst zu entfernen“, zitierte der Hessische Rundfunk einen der
drei Beamten, die dem Sender namentlich bekannt sind. Der Minister habe
seit April von den Vorwürfen gewusst. “Er hat uns trotzdem noch mehrere
Wochen zu Einsätzen gelassen. Warum hat er so lange gewartet?“, fragte ein
anderer. „Dafür wurden wir noch gebraucht, bis wir zum Verbrecher wurden“,
ergänzte sein Kollege.
Die Experten der Kommission legten am Donnerstag dagegen weitere Belege für
eklatantes Fehlverhalten vor. LKA-Präsident Andreas Röhrig präsentierte
Beispiele aus der Chatkommunikation. Ein Weihnachtbaum mit Hakenkreuzen und
Sieg-Heil-Parolen, geschmückt mit einem Hitler-Bild. Historische Bilder von
Kampfflugzeugen, die eine Moschee zu bombardieren scheinen, eine
Hitlerfigur tanzt dazu.
Ein manipuliertes „Ausländer-Monopoly“, auf dem alle Spielfelder die
Aufschrift „ab ins Gefängnis!“ tragen. Ein Schlauchboot mit dunkelhäutigen
Menschen an Bord, daneben eine Wassermine und die Parole „gute Mine zum
bösen Spiel“. In einem Chat abfällige Bemerkungen über Rumänen: „Wenn Du
jemand siehst, Kopfschuss!“. Oder in einem anderen Chat: „Jedem A… ne 300
durch das Knie!“ – damit gemeint sei eine Patrone Kaliber 300 aus einer
Langwaffe. Daneben habe es weitere sexistische und rassistische Posts
gegeben.
„Unakzeptabel“ sei dies und nicht vereinbar mit dem Leitbild einer Bürger
zugewandten Polizei, stimmten Innnenminister Beuth und die
Kommissionsmitglieder überein.
Auch die Gestaltung der ehemaligen SEK-Diensträume im Polizeipräsidium
Frankfurt nannte der Vorsitzende der Kommission, Westhessens
Polizeipräsident Stefan Müller, inakzeptabel. Dort fanden sich Plakate des
Films 300, den die identitäre Bewegung feiert, dazu Symbole, die an deren
Markenzeichen erinnere.
An den Wänden gab es Totenköpfe, auf den Tischen und in Holzkästen zur
Schau gestellte Patronenhülsen und Handgranaten. Das alles sei wohl nicht
strafbar, habe aber in polizeilichen Diensträumen nichts zu suchen, sagte
Müller. Der Leiter des Demokratiezentrums der Universität Marburg, Reiner
Becker, ergänzte, diese Aufmachung orientiere sich an militärischen,
gewaltverherrlichenden Leitbildern und sei getragen von
Vernichtungsphantasien.
Wie erst jetzt bekannt wurde, sind inzwischen die meisten Beamten des
aufgelösten Kommandos an ihren früheren Dienstort Frankfurt zurückgekehrt,
als „SEK-Süd“ – in andere Räume und unter neuen Vorgesetzten. Alle
hessischen SEK-Beamten, auch die in Kassel stationierten, werden künftig
einer neuen Direktion „Einsatzkräfte“ im Präsidium der Bereitschaftspoliz…
in Mainz-Kastel zusammengeführt. Innenminister Beuth und die Experten
versicherten, nach den eingeleiteten Prozessen der Selbstreflexion und mit
einer neuen Führungs- und Fehlerkultur könnten Fehlentwicklungen, wie sie
sich im SEK-Frankfurt zugetragen haben, künftig vermieden werden.
26 Aug 2021
## LINKS
[1] /Wegen-rechtsextremer-Chats/!5778140
[2] /Rassismus-bei-Polizei-Hessen/!5781145
[3] /taz-Recherche-zu-Drohmails/!5709468
[4] /Nach-Nazi-Chats-bei-Spezialeinheit/!5778281
## AUTOREN
Christoph Schmidt-Lunau
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Schwerpunkt Rechter Anschlag in Hanau
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