| # taz.de -- Wegen rechtsextremer Chats: Razzia bei SEK-Beamten | |
| > Die Skandalserie der Polizei Hessen setzt sich fort. Nun wird gegen 20 | |
| > SEK-Beamte wegen rechtsextremer Chats ermittelt, bei 6 von ihnen gab es | |
| > Durchsuchungen. | |
| Bild: SEK-Beamte im Einsatz – und nun unter Rechtsextremismusverdacht | |
| BERLIN/FRANKFURT taz | Und wieder stehen hessische PolizistInnen unter | |
| Rechtsextremismusverdacht. Am Mittwoch wurden sechs Beamte des | |
| Spezialeinsatzkommando (SEK) wegen volksverhetzender Chatnachrichten | |
| durchsucht. Der Kreis der Beschuldigten aber ist noch größer: Ermittelt | |
| wird insgesamt gegen 20 Beamte, allesamt Männer, 29 bis 54 Jahre alt. | |
| Ausgangspunkt war ein 38-jähriger Frankfurter SEK-Polizist, der inzwischen | |
| in Rheinland-Pfalz wohnt. Gegen ihn wird laut Staatsanwaltschaft Mainz seit | |
| August 2020 wegen Besitzes und Verbreitung von sogenannten | |
| kinderpornographischen Schriften ermittelt. Dieser juristische Begriff | |
| schließt Fotos und Videos mit ein. Als Ermittler den Beamten am 15. | |
| Dezember 2020 durchsuchten, beschlagnahmten sie auch Handys. Dort fanden | |
| sie schließlich mehrere Chatgruppen mit „strafrechtlich relevanten | |
| Inhalten“ – und stellten fest, dass die Chatpartner Frankfurter SEK-Beamte | |
| waren. | |
| Seit April 2021 ermittelte deshalb die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main | |
| gegen die Polizisten, beim Landeskriminalamt wurde dafür am 21. April eine | |
| eigene Arbeitsgruppe eingerichtet. Beschuldigt sind nun 20 Polizisten, 19 | |
| von ihnen sind noch aktiv im Dienst. 17 von ihnen sollen in den Chatgruppen | |
| volksverhetzende Inhalte oder NS-Bilder verbreitet haben. Nach | |
| taz-Informationen geht es um Hakenkreuze oder rassistische Beleidigungen. | |
| Die Beiträge liegen aber bereits länger zurück: Sie sollen vor allem aus | |
| den Jahren 2016 und 2017 stammen, die letzten von Anfang 2019. | |
| Die anderen drei beschuldigten Polizisten sind Vorgesetzte, die ebenfalls | |
| in den Chatgruppen waren. Ihnen wird Strafvereitelung im Amt vorgeworfen, | |
| weil sie die Hetzbeiträge nicht unterbanden oder ahndeten. | |
| ## Seit Jahren rechte Polizeiskandale in Hessen | |
| Der Frankfurter Polizeipräsident Gerhard Bereswill kündigte am Nachmittag | |
| an, dass das SEK nun umgruppiert werde. Er versprach eine „rückhaltlose | |
| Aufklärung“ der Vorwürfe. Er erwarte von allen Polizeibeamten, dass sie | |
| jederzeit für die demokratische Grundordnung eintreten, so Bereswill. „Die | |
| Integrität ist ein immens hohes Gut.“ | |
| Auch Innenminister Peter Beuth (CDU) nannte die Chats „völlig | |
| inakzeptabel“. Es stehe fest, dass keine der beschuldigten Personen mehr | |
| für eine hessische Spezialeinheit tätig werde. Wenn es rechtlich möglich | |
| sein, würden sie auch aus der Polizei entfernt. „Die heutigen | |
| Durchsuchungsmaßnahmen sollten nun auch dem letzten Polizisten deutlich | |
| machen, dass jeglichem Fehlverhalten konsequent strafrechtlich und | |
| disziplinarisch nachgegangen wird.“ | |
| Durchsucht wurde am Mittwoch vorerst nur bei sechs Beschuldigten, 41 bis 47 | |
| Jahre alt, gegen die besonders eindeutige Vorwürfe vorliegen. Die Razzien | |
| fanden bei ihnen zu Hause und an den Arbeitsplätzen im Polizeipräsidium | |
| Frankfurt am Main statt. | |
| Den 19 beschuldigten Polizeibeamten, die noch im Dienst sind, wurde | |
| verboten, ihre Dienstgeschäfte weiter auszuführen. Einer der Beamten wurde | |
| darüber hinaus suspendiert. Die Chatinhalte werden auch noch auf | |
| dienstrechtliche Konsequenzen geprüft. | |
| Die hessische Polizei macht bereits [1][seit Jahren] Schlagzeilen mit | |
| rechtsextremen Beamten. Bereits 2018 war in einem Frankfurter Revier eine | |
| rechtsextreme Chatgruppe aufgeflogen. Zuvor hatte es dort Datenabrufe zu | |
| der NSU-Opferanwältin Seda Başay-Yıldız gegeben, die kurz darauf | |
| [2][Drohschreiben eines „NSU 2.0“] mit diesen Daten erhielt. Seitdem wurden | |
| laut Innenministerium 77 Disziplinarverfahren wegen [3][rechtsextremer | |
| Verdachtsfälle] gegen hessische PolizistInnen initiiert. 17 Beamte wurden | |
| [4][aus dem Dienst entfernt]. | |
| SPD-Parlamentsgeschäftsführer Günter Rudolph sagte, der neue SEK-Fall | |
| „sprengt alle Dimensionen“. Die 20 Beschuldigten seien „keine Einzelfälle | |
| mehr, sondern der erschütternde Beleg für ein tiefgreifendes Problem bei | |
| der hessischen Polizei“. Gegen die Beamten müsse mit allen straf- und | |
| dienstlichen Mitteln vorgegangen werden. Den Vorgesetzten warf Rudolph | |
| „Führungsversagen“ vor. Gleiches gelte für Innenminister [5][Peter Beuth] | |
| (CDU), der endlich seiner politischen Verantwortung gerecht werden müsse. | |
| Auch der Linken-Innenexperte Hermann Schaus forderte Beuth auf, zu den | |
| Vorwürfen gegen die SEK-Beamten im Parlament Stellung zu nehmen. Er nannte | |
| diese „zutiefst erschütternd“. Die Rechtsextremismusskandale erreichten nun | |
| auch die „Elite-Einheiten“ der hessischen Polizei, so Schaus. „Es stellt | |
| sich die Frage, wie derartiges Fehlverhalten in dieser Größenordnung wieder | |
| einmal jahrelang unerkannt bleiben konnte.“ | |
| 9 Jun 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Konrad Litschko | |
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