# taz.de -- Rechtsextreme in Hessens Polizei: Ein Dutzend Beamte im Visier | |
> Bei einer Sitzung in Wiesbaden wird klar, dass gegen mehr Polizisten als | |
> bisher bekannt wegen möglicher rechter Umtriebe ermittelt wird. | |
Bild: Hessens Innenminister Peter Beuth nach der Sitzung des Innenausschusses | |
WIESBADEN taz | Bei den Ermittlungen gegen rechte Netzwerke in der | |
hessischen Polizei hat sich die Zahl der Tatverdächtigen weiter erhöht. Das | |
wurde bei einer Sondersitzung des Innenausschusses im Wiesbadener Landtag | |
bekannt. Danach wird inzwischen gegen ein Dutzend Beamte und eine | |
Zivilangestellte wegen möglicher rechtsextremistischer Umtriebe ermittelt. | |
Gegen einen weiteren Beamten, der inzwischen Dienst in Niedersachsen tut, | |
lautet der Vorwurf lediglich Geheimnisverrat. | |
Fünfzig Experten unter Federführung des Landeskriminalamts seien dabei, | |
auch mit verdeckten Mitteln Klarheit in alle bekannt gewordenen Fälle zu | |
bringen, versicherte Innenminister Peter Beuth, CDU. Er bestätigte, dass es | |
zeitgleich mit der Ausschusssitzung neue Durchsuchungen bei tatverdächtigen | |
Polizeibeamten gegeben habe. | |
Im Fall der Chatgruppe in der Frankfurter Polizei, die Naziparolen, | |
Hitlerbilder und Videos ausgetauscht haben soll, stehen inzwischen sieben | |
Beamte und eine Zivilangestellte des 1. Polizeireviers unter Verdacht. | |
Zunächst waren fünf Beamte suspendiert worden. | |
Die Ermittlungen waren durch [1][ein Drohschreiben] gegen die | |
Rechtsanwältin Seda Başay-Yıldız ausgelöst worden. In dem anonym | |
zugestellten Fax, das mit NSU 2.0 unterschrieben war, wurden sie und ihre | |
zweijährige Tochter mit dem Tod bedroht. Über das im August versendete | |
Schreiben an die Anwältin, die im NSU-Prozess eine Opferfamilie und | |
mutmaßliche Islamisten vertreten hatte, waren die Landtagsabgeordneten | |
nicht vom Minister, sondern über die Medien informiert worden. | |
Selbst die bedrohte Anwältin erfuhr nach ihren Angaben erst aus der | |
öffentlichen Berichterstattung, dass eine Spur zu einem Computer im | |
Polizeipräsidium Frankfurt geführt hatte. Von dem Computer waren sensible, | |
öffentlich nicht zugängliche Daten der Anwältin aus dem internen Netz der | |
Polizei abgefragt worden, die die anonymen Briefschreiber offenbar kannten. | |
Bei den Durchsuchungen von Büros und Handys der fünf BeamtInnen, die Zugang | |
zu dem Computer gehabt hatten, waren die Ermittler auf die rechte | |
Chatgruppe gestoßen. Minister Beuth betonte am Donnerstag erneut, bislang | |
gebe es keine nachweisbare Verbindung zwischen Datenabruf und Drohbrief. | |
## Aus der Zeitung erfahren | |
Auch über ein [2][zweites anonymes Schreiben] an die Anwältin erfuhren die | |
Abgeordneten zunächst aus der Zeitung. Es war am 20. Dezember eingegangen, | |
einen Tag nach der letzten Sondersitzung des Innenausschusses. Der | |
Linken-Abgeordnete Hermann Schaus sprach deshalb von einer | |
Desinformationspolitik des Ministers. | |
Zuletzt hatte ein [3][weiterer Fall] Schlagzeilen gemacht. Im laufenden | |
Strafprozess gegen zwei mutmaßliche Gewalttäter aus der Szene der | |
rechtsextremistischen „Aryans“ vor dem Landgericht Halle wurde bekannt, | |
dass eine der Angeklagten bei einem hessischen Polizeibeamten Daten | |
abgefragt hatte. Gegen den Beamten werde lediglich wegen Geheimnisverrats | |
ermittelt, sagte der Minister. Abgeordnete fragten: Ist es kein Beweis für | |
eine Verbindung zur rechtsextremen Szene, wenn ein Beamter rechtswidrig | |
Daten abruft, um sie einer offenbar gewaltbereiten Aktivistin | |
weiterzugeben? Die Antwort blieb der Minister mit Verweis auf die laufenden | |
Ermittlungen schuldig. | |
Alle Oppositionsparteien beklagten die in ihren Augen unzulängliche | |
Informationspolitik des Ministers. Beuth habe die Abgeordneten stets nur | |
über das informiert, was zuvor in Zeitungen gestanden habe, so die | |
SPD-Abgeordnete Nancy Faeser. | |
17 Jan 2019 | |
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## AUTOREN | |
Christoph Schmidt-Lunau | |
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