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# taz.de -- Gewalt im Amazonasgebiet: Goldgräber attackieren Indigene
> In Brasilien haben Landräuber das Dorf der bekannten Aktivistin Maria
> Leusa überfallen. Seit Wochen nimmt die Gewalt gegen Ureinwohner zu.
Bild: Kinder vom Volk der Munduruku protestieren im April gegen Bergbauvorhaben…
Berlin taz | „Helft uns bitte“, sagt die Stimme in der Sprachnachricht.
„Sie werden mein Haus anzünden. Sie schießen, helft uns bitte.“ Danach
bricht die Verbindung ab. Die Stimme gehört der indigenen Aktivistin Maria
Leusa vom [1][Volk der Munduruku] in Brasiliens nördlichem Bundesstaat
Pará.
Am Mittwoch drangen illegale Goldgräber in deren Siedlungsgebiet ein,
feuerten Schüsse ab und setzen Häuser in Brand. Das Dorf am Ufer des
Tapajós-Flusses musste evakuiert werden. Weil sich die Aktivistin Leusa
seit Jahren [2][gegen Bergbauprojekte in Amazonien wehrt], erhält sie
Morddrohungen. Bei dem Brand verlor die Mutter von drei Kinder ihr
komplettes Hab und Gut.
Ob es Verletzte oder Tote gab, ist noch unklar. Die Kommunikation in den
abgelegenen Gebieten im brasilianischen Regenwald gestaltet sich schwierig,
auch weil die Eindringlinge die Radio- und Internetverbindung kappten. Laut
Sprachnachrichten, die der taz vorliegen, drohen die Landräuber mit
weiteren Angriffen und damit, „alles in Brand zu setzen“.
Die Gewalt gegen indigene Gemeinden ist in den letzten Wochen eskaliert. So
kam es erst vor Kurzem zu tagelangen bewaffneten Auseinandersetzungen auf
dem Gebiet der Yanomami, dem größten indigenen Volk Amazoniens. Es soll
Tote und Verletzte gegeben haben. Ein Richter des obersten Gerichtshofs
forderte daraufhin die brasilianische Regierung auf, alles zu tun, um die
Sicherheit der Yanomami und Munduruku zu garantieren. Weitere Polizisten
und Militärs wurden in ihren Gebieten stationiert.
Dies soll die jüngste Eskalation ausgelöst haben. Der Angriff auf das Dorf
der Munduruku wird als Reaktion auf eine Operation der Bundespolizei
betrachtet, die zum Ziel hatte, illegalen Bergbau zu unterbinden. Die
Goldgräber gehen immer aggressiver vor und versuchten am Mittwoch sogar,
eine Polizeiwache zu überfallen, damit die Beamten den Indigenen nicht zur
Hilfe kommen konnten.
## Bolsonaro will Bergbau legalisieren
Bei den Eindringlingen handelt es sich meist selbst um Indigene. „Sie
werden bezahlt, um diese Angriffe durchzuführen“, sagt Verena Glass von der
Bewegung Xingu Vivo der taz. „Doch dahinter stehen sehr [3][reiche, weiße
Unternehmer], die die Region wirtschaftlich ausbeuten wollen.“
Diese haben prominente Unterstützung: Die Regierung von Präsident Jair
Bolsonaro. Schon lange kämpft sie dafür, den Bergbau in indigenen Gebieten
zu legalisieren. Ende April hatte Bolsonaro in einem Live-Video erklärt,
bald eine illegale Goldmine in Amazonien besuchen zu wollen: „Wir werden
dort niemand verhaften.“
Auch Umweltminister Ricardo Salles steht im Fokus. Erst in der vergangenen
Woche durchsuchte die Bundespolizei seine Wohnung und Büros. Salles steht
im Verdacht, in den illegalen Holzhandel verwickelt zu sein. Vor wenigen
Tagen trafen sich Salles und Vizepräsident Hamilton Mourão mit
Unternehmern, die mit Angriffen auf indigene Gemeinden in Verbindung stehen
sollen.
Ein weiteres Problem: Die Regierung baut systematisch Umweltschutzbehörden
ab. „In den Führungspositionen der Umweltbehörde Ibama sitzen nur noch
Militärpolizisten aus São Paulo – der Heimat von Minister Salles“, sagte
Elisabeth Uema, Vorsitzende der Umweltorganisation Ascema Nacional, der
taz. Bis 2018 arbeitete Uema selbst für die Ibama. Die neue Führung hätte
keinerlei Kompetenz und sei auf Regierungslinie.
„Bolsonaro wollte eigentlich das Umweltministerium abschaffen, war damit
aber nicht erfolgreich. Deshalb sucht er nach Wegen, um die wirtschaftliche
Ausbeutung Amazoniens voranzutreiben – mit dramatischen [4][Auswirkungen
für die Umwelt und indigene Gemeinden].“
27 May 2021
## LINKS
[1] /Brasilianische-Aktivistin-ueber-Gewalt/!5747358
[2] /Indigener-Aktivismus-in-Brasilien/!5718448
[3] /Brasiliens-Regenwald-und-Konzerne/!5720917
[4] /Aktivistin-ueber-Indigene-in-Brasilien/!5701796
## AUTOREN
Niklas Franzen
## TAGS
Brasilien
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Jair Bolsonaro
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