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# taz.de -- Schutz von Indigenen im Amazonasgebiet: Brasilien geht gegen Goldgr…
> Nach dem Regierungswechsel ist die Umweltbehörde zurück. Das bringt
> Hoffnung für Indigene, die von illegalen Goldgräbern bedroht werden.
Bild: Das Floß von illegalen Goldgräbern wurde von der brasilianischen Umwelt…
Berlin taz | Dicke graue Rauchschwaden steigen vor dem satten Grün des
Amazonas-Regenwalds gen Himmel. Das brasilianische Umweltministerium
[1][veröffentlichte auf Twitter] Fotos und Videos von ihren jüngsten
Erfolgen im Kampf gegen illegale Goldgräber. Darauf zu sehen ist etwa ein
brennendes Flugzeug. Darüber steht: „Die Ibama ist zurück.“ Die Ibama ist
Brasiliens ausführende Umweltbehörde.
Seit dem Regierungswechsel am 1. Januar geht die Ibama verstärkt gegen
[2][illegale Goldgräber in Amazonien] vor. Oft werden bei solchen
Operationen die Geräte von Eindringlingen wie Flugzeuge oder Bagger in
Brand gesetzt und so unbrauchbar gemacht. In Zusammenarbeit mit Armee und
Polizei führen die Beamt*innen derzeit vor allem Einsätze im Gebiet der
[3][Yanomani-Indigenen] an der Grenze zu Venezuela durch.
Das tief im Regenwald gelegene Reservat von der Größe der Schweiz ist
streng durch die Verfassung geschützt, rund 35.000 Indigene sollen dort
leben. In den letzten Wochen machten dramatische Bilder die Runde. Sie
zeigen Kinder mit Hungerbäuchen und bis auf die Knochen ausgehungerte alte
Menschen. Viele Indigene sind unterernährt und Hunderte Kinder starben an
heilbaren Krankheiten, die oft von den garimpeiros, den Goldgräbern,
eingeschleppt weden.
Bis zu 20.000 Goldgräber sollen das Gebiet der Yanomani belagert haben.
Einige sind schwer bewaffnet und sollen enge Verbindungen zum organisierten
Verbrechen haben, das die Region als Drogenschmuggelroute nutzt. Regelmäßig
kommt es zu [4][gewaltsamen Konflikten mit Indigenen].
## Goldgräber nutzen Quecksilber, das in den Fluss gelangt
Am Freitag äußerte sich der für die Operation verantwortliche
Ibama-Funktionär Givanildo dos Santos Lima in der Tageszeitung Folha de São
Paulo. Einige Goldgräber hätten nach den Einsätzen das Yanomani-Land
verlassen, Tausende hielten sich jedoch weiterhin in dem Gebiet auf. Und es
sollen sogar neue Eindringlinge in die Region vorgedrungen sein. Er
fürchtet, dass es zu bewaffneten Auseinandersetzungen kommen könnte. Die
vollständige Räumung des Gebiets könnte über ein Jahr dauern.
Ein weiteres Problem: Die Goldgräber setzen bei ihrer Tätigkeit Quecksilber
ein, um den Goldstaub zu binden. Die Reste landen im Fluss und vergiften
die Fische, die von den Indigenen gegessen werden. Das hochtoxische
Schwermetall kann zu lebenslangen Nervenschäden führen. Zehntausende
Indigene werden schleichend vergiftet.
Dass die Situation so eskalieren konnte, hängt auch mit einem Mann
zusammen: mit Ex-Präsident Jair Messias Bolsonaros. Seine Regierung hatte
mehr als 20 Hilfsgesuche der Yanomani ignoriert. Bolsonaro wollte hingegen
Schutzgebiete für wirtschaftliche Aktivitäten öffnen und den illegalen
Bergbau legalisieren. Für ihn sind die garimpeiros hart arbeitende Männer,
die Respekt verdienen. Regelmäßig besuchte er ihre Gebiete und erzählte
stolz, dass sein Vater selbst Goldsucher war. Der illegale Bergbau
explodierte förmlich mit seinem Amtsantritt. Mittlerweile ermittelt die
Justiz wegen unterlassener Hilfeleistung und Umweltzerstörung gegen ihn.
## Neuer Präsident da Silva will 180-Grad-Wende bei der Umweltpolitik
[5][Brasiliens neuer Präsident], Luiz Inácio „Lula“ da Silva, hatte im
Wahlkampf versprochen, den illegalen Bergbau zu beenden und eine
180-Grad-Wende der Umweltpolitik einzuleiten. Und tatsächlich scheint es
Lula ernst zu meinen: Ende Januar reiste er in die Region der Yanomani,
besuchte ein indigenes Krankenhaus und übte scharfe Kritik an seinem
Vorgänger. „Was ich in Roraima gesehen habe, war mehr als eine humanitäre
Krise: ein Völkermord, ein vorsätzliches Verbrechen gegen die Yanomami,
begangen von einer Regierung, die dem Leiden gegenüber unempfindlich ist“,
schrieb er auf Twitter.
Seine Regierung rief den medizinischen Notstand aus und begann,
Lebensmittel mit der Luftwaffe in das schwer erreichbare Gebiet zu fliegen.
In einem Dekret teilte die neue Regierung mit, die von der
Vorgängerregierung abgebauten Gesundheitseinrichtungen wiederherzustellen.
Bolsonaro hat viele Kontrollorgane und Behörden förmlich zerschlagen, indem
er ihnen die ohnehin schon spärlichen Mittel kürzte und renommierte
Expert*innen und Umweltschützer*innen durch linientreue
Funktionär*innen in den Führungspositionen ersetzte. Es dürfte länger
dauern, bis die Strukturen wiederaufgebaut und funktionsfähig sind.
Außerdem ist der Goldhandel ein Milliardengeschäft mit einflussreichen
Hinterleuten, auch im Ausland. Der Goldrausch in Brasilien hängt auch mit
der [6][steigenden Nachfrage auf dem Weltmarkt] zusammen. Während sich die
Weltgemeinschaft zunehmend für den Ursprung von brasilianischen
Agrarprodukten interessiert und sogar Boykotte in Betracht gezogen werden,
steht das gelb glänzende Metall nur selten im Fokus. In Brasilien werden
jedoch die Forderungen an die internationale Gemeinschaft immer lauter,
verbindliche Maßnahmen gegen das „Blutgold“ aus Brasilien zu ergreifen.
12 Feb 2023
## LINKS
[1] https://twitter.com/mmeioambiente/status/1623383744928161800
[2] /Gefahr-fuer-indigene-Aktivistinnen/!5867151
[3] /Der-Kampf-der-Yanomami/!5678918
[4] /Gewalt-im-Amazonasgebiet/!5775354
[5] /Amtseinfuehrung-von-Lula-da-Silva/!5905946
[6] /Rekordpreis-bei-Gold/!5699241
## AUTOREN
Niklas Franzen
## TAGS
Indigene
Brasilien
Amazonas
Goldabbau
Indigene
Bergbau
Brasilien
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