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# taz.de -- Druck auf Brasiliens Präsidenten: Bolsonaro im Panikmodus
> Erst wechselt Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro sechs Minister aus,
> dann tritt die Armeespitze zurück. Der Druck auf den Rechtsextremen
> steigt.
Bild: Harte Bewährungsprobe für Brasiliens Präsidenen Jair Bolsonaro
Berlin taz | Jair Bolsonaro steht vor einer seiner härtesten
Bewährungsproben. Aus Protest gegen Brasiliens rechtsradikalen Präsidenten
sind am Dienstag die Oberbefehlshaber der Armee, Marine und Luftwaffe
gemeinsam zurückgetreten – ein einmaliger Vorgang in der Geschichte
Brasiliens. Die Tageszeitung Folha de São Paulo schrieb von „der größten
Krise des Militärs seit 1977“, andere Medien sprachen von einem
„politischen Erdbeben“.
Grund für den Rücktritt: Bolsonaro hatte am Montag bekannt gegeben,
[1][sechs Minister zu ersetzen], darunter Verteidigungsminister Fernando
Azevedo e Silva. Dieser hatte seinem Chef klargemacht, dass die
Streitkräfte der Verfassung und nicht dem Regierungsprojekt Bolsonaros
verpflichtet seien. Bolsonaro, selbst ehemaliger Fallschirmjäger, soll vom
Militär größere Loyalität eingefordert haben. In letzter Zeit sprach er von
„meiner Armee“.
Neben Verteidigungsminister Azevedo musste am Montag auch Außenminister
Ernesto Araújo zurücktreten. Der selbsterklärte „Antiglobalist“,
Klimawandel-Leugner und glühende Trump-Fan wird für das Chaos bei der
Impfstoff-Beschaffung verantwortlich gemacht.
Mit der Kabinettsumbildung reagierte Bolsonaro auf die wachsende Kritik an
seinem Corona-Management. Brasilien durchlebt derzeit die kritischste Phase
der Pandemie mit durchschnittlich 2.600 Toten pro Tag, kollabierten
Gesundheitssystemen, gefährlichen Virus-Mutationen und einer schleppend
laufenden Impfkampagne.
## Bolsonaro sät Zweifel am elektronischen Wahlsystem
Der centrão, der mächtige Block aus Mitte-rechts-Parteien im Parlament,
nimmt den Präsidenten immer stärker in die Verantwortung. So hatte der
Unterhauspräsident vor wenigen Tagen indirekt mit einer Amtsenthebung
gedroht, sollte Bolsonaro die Situation nicht in den Griff bekommen. Auch
Wirtschaftsverbände kritisierten den ultrarechten Politrowdy zuletzt in
ungewohnter Deutlichkeit.
Nach massivem Druck war erst vor zwei Wochen der umstrittene
[2][Gesundheitsminister] Eduardo Pazuello gegen einen Kardiologen
ausgetauscht worden. Mehr noch: Der Impfkritiker Bolsonaro hatte sich für
Impfungen ausgesprochen und begonnen, in der Öffentlichkeit Maske zu
tragen, was er zuvor als eine „Sache für Schwuchteln“ bezeichnet hatte. Der
zaghafte Kurswechsel hängt wahrscheinlich auch mit dem [3][Comeback des
populären Ex-Präsidenten Lula] zusammen, der den kriselnden Bolsonaro für
die Wahl im Jahr 2022 unter Druck setzt.
In dieser angespannten Situation beobachten viele Bolsonaros Versuche der
Einflussnahme auf das Militär mit Sorge. Sie befürchten, er könnte
versuchen, die Streitkräfte für politische Zwecke zu nutzen, etwa zur
Verhinderung eines Amtsenthebungsverfahrens oder im Falle einer
Wahlniederlage. Bolsonaro sät bereits jetzt Zweifel am elektronischen
Wahlsystem – obwohl es in Brasilien seit der Redemokratisierung 1985
keinerlei Anhaltspunkte für Wahlfälschungen gegeben hatte. Die Botschaft
ist klar: Die Wahlergebnisse akzeptiert er nur, wenn er gewinnt.
Nicht weniger beunruhigend ist für viele Brasilianer*innen, dass nun
radikale Ideolog*innen die verhältnismäßig moderaten Kräfte im Militär
ersetzen könnten. Zum neuen Verteidigungsminister wurde Walter Braga Netto
ernannt, ein Bolsonaro-treuer General. Der machte gleich am ersten Tag
seines neuen Jobs klar, wofür er steht: Den Militärputsch von 1964, der
sich am Mittwoch zum 57 Mal jährte und eine blutige Diktatur einleitete,
bezeichnete er als „Bewegung von 1964“ – und forderte, den Tag gebührend…
feiern.
31 Mar 2021
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## AUTOREN
Niklas Franzen
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