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# taz.de -- Coronapandemie in Brasilien: Der Nächste, bitte
> Bei über 1.800 Coronatoten pro Tag bekommt Brasilien jetzt den vierten
> Gesundheitsminister seit Beginn der Pandemie. Ändern dürfte sich wenig.
Bild: Covid-Tote brauchen Platz: Friedhof in São Paulo, Brasilien
Berlin taz | Queiroga bringe alles mit, um einen guten Job zu machen, sagte
Jair Bolsonaro bei einer Ansprache am Montagabend. Gemeint war Brasiliens
frisch nominierter Gesundheitsminister Marcelo Queiroga. Der Kardiologe ist
bereits [1][der vierte Gesundheitsminister] seit Beginn der Pandemie und
übernimmt das Amt in der dramatischsten Phase.
Mit durchschnittlich 1.855 Todesfällen pro Tag und 280.000 Coronatoten
ingesamt stürzt Brasilien immer tiefer in die Coronakatastrophe. In vielen
Bundesstaaten steht das Gesundheitssystem kurz vor dem Kollaps. Mit dem
Impfen kommt das größte Land Lateinamerikas nur schleppend voran.
Viele machen Queirogas Vorgänger für das Chaos verantwortlich. Der
3-Sterne-General Eduardo Pazuello, den Kritiker*innen auch Pesadello
(Albtraum) nennen, leitete für 10 Monate das Ministerium – ohne vorherige
Erfahrung im Gesundheitsbereich. Wie sein Chef Bolsonaro spielte auch
Pazuello die Pandemie hartnäckig herunter und setzte im Kampf gegen Corona
auf ein unwirksames Malaria-Medikament.
Auch bei der Impfkampagne stolperte der angebliche Logistikexperte von
einer Panne zur nächsten. Besonders peinlich: Sein Ministerium verwechselt
die Bundesstaaten Amazonas und Amapá und verschickte falsche Impfdosen in
den Norden des Landes.
Weil im Januar die [2][Sauerstoffversorgung in Krankenhäusern der
Amazonasregion zusammenbrach], wird sogar gegen Pazuello ermittelt. Der
beruft sich darauf, vor allem die Entscheidungen des Präsidenten ausgeführt
zu haben: „Es ist einfach: Einer gibt Befehle und der andere befolgt sie“,
sagte er im Oktober.
Der neue Gesundheitsminister Queiroga spricht sich zwar gegen den Einsatz
von umstrittenen Medikamenten aus und wird als guter Verhandler
beschrieben. Von Lockdowns hält er jedoch auch nichts, und viele
kritisieren seine Nähe zu den Söhnen des Präsidenten.
Vor Pazuello war ein Gesundheitsminister von Bolsonaro gefeuert worden,
weil er die Empfehlungen der WHO befolgen wollte. Ein anderer, weil er sich
gegen den Einsatz des Malaria-Medikaments ausgesprochen hatte.
Am Montag hatte die renommierte Kardiologin Ludhmila Hajjar eine
Nominierung zur Gesundheitsministerin ausgeschlagen. Der Grund: Sie glaube
an die Wissenschaft. Bolsonaro soll ihr bei einem Treffen gesagt haben: „Du
wirst mich aber nicht mit einem Lockdown im Nordosten ficken und dadurch
meine Wahl verhindern, oder?“
Dass überhaupt ein Wechsel im Gesundheitsministerium vollzogen wurde, ist
wahrscheinlich dem Druck des einflussreichen Mitte-rechts-Blocks zu
verdanken. Vor allem, nachdem in der letzten Woche eine [3][Kandidatur des
populären Ex-Präsidenten Lula] für die Wahl 2022 möglich geworden war,
merken Bolsonaro und seine strategischen Partner*innen, dass ihnen der
katastrophale Coronakurs auf die Füße fallen könnte. So hatte sich der
Impfgegner Bolsonaro zuletzt für Impfungen ausgesprochen und seinen Ton
etwas gemäßigt.
Aber für seine Wiederwahl 2022 ist Bolsonaro auf den harten Kern seiner
Unterstützer*innen angewiesen – und die demonstrierten erst am Sonntag
erneut ohne Masken und Abstand gegen Corona-Einschränkungen.
16 Mar 2021
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## AUTOREN
Niklas Franzen
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