# taz.de -- Schulkinder nach der Coronakrise: Die Lernrückstände aufholen | |
> Fast überall sind die Schulen zum Präsenzunterricht zurückgekehrt. Jetzt | |
> zeigt sich, wie groß die Lücken wirklich sind. | |
Bild: Lüften, locker machen und lernen: Sommer 2021 | |
BERLIN taz | Unterricht in voller Klassenstärke. Was für die meisten | |
Schüler:innen in Deutschland über Monate hinweg unmöglich war, ist ab | |
dieser Woche wieder fast überall erlaubt. Für die Grundschüler:innen | |
bieten aktuell 14 der 16 Bundesländer wieder Präsenzunterricht, nur | |
Rheinland-Pfalz [1][und Berlin] sind noch im Wechselmodell. | |
Auch bei den weiterführenden Schulen lassen zwölf Bundesländer mittlerweile | |
wieder volle Klassen und zum Teil Sport- und Musikunterricht zu, sofern die | |
7-Tage-Inzidenz im jeweiligen Kreis unter 50 beziehungsweise 100 | |
(Nordrhein-Westfalen und Saarland) liegt. Brandenburg, Sachsen-Anhalt und | |
Berlin kehren kommende Woche in den Regelbetrieb zurück, Rheinland-Pfalz | |
dann am 14. Juni. | |
Für die Bildungsminister:innen, die seit Monaten vor den Folgen | |
geschlossener Schulen warnen, ist dies ein Grund zur Freude. „Auch die | |
Grundschülerinnen und Grundschüler, Eltern und Lehrkräfte haben sich | |
gefreut, dass die Kinder nach langer Zeit des Distanz- und | |
Wechselunterrichts wieder in der Klassengemeinschaft Schule erleben | |
können“, sagte die Vorsitzende der Kultusministerkonferenz, Britta Ernst | |
(SPD), am Montag. Auch Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) | |
begrüßt die Entwicklung: „Präsenzunterricht ist durch nichts zu ersetzen.�… | |
[2][Wie stark Kinder und Jugendliche unter der Isolation im Lockdown | |
gelitten haben], zeigt unter anderem der kürzlich veröffentlichte | |
Präventionsradar 2021 der Krankenkasse DAK, für den 14.000 Schüler:innen | |
befragt wurden. Demnach ist mehr als die Hälfte aller Mädchen und Jungen im | |
vergangenen Jahr unglücklicher geworden. Dass die Monate im Distanz- und | |
Wechselunterricht auch psychisch negative Spuren hinterlassen haben, ist | |
auch den Bildungsminister:innen bewusst. | |
## Fast ein Schuljahr verloren? | |
Jetzt gehe es „in allererster Linie darum, die sozialen und psychosozialen | |
Konsequenzen des Lockdowns“ und des Wechselunterrichts aufzuarbeiten, sagte | |
am Montag die Bildungsministerin von Schleswig-Holstein, Karin Prien (CDU). | |
Vor allem die, die sich schwergetan hätten, müssten wieder sozial | |
integriert werden. | |
Prien betonte, dass es bei den Lernangeboten in den Sommerferien | |
ausdrücklich auch um das Aufholen sozialer Kompetenzen ginge, aber eben | |
auch um Stoff. Ähnlich hört man das auch aus den anderen Bundesländern. | |
Wie groß die Lernrückstände genau sind, wissen die Ministerien jedoch | |
nicht. Das sollen die Schulen nun vor den Sommerferien über | |
Lernstandskontrollen herausfinden. Minister:innen wie | |
Bildungsforscher:innen gehen davon aus, dass 20 bis 25 Prozent der | |
Schüler:innen größere Lernrückstände aufweisen. | |
Lehrerverbandschef Heinz-Peter Meidinger warnte am Dienstag, dass die | |
Lücken bei einigen Schüler:innen dramatisch seien. Je nach Schulart und | |
Region sei fast ein ganzes Schuljahr verlorengegangen. | |
Viele Bundesländer haben gezielte Förderprogramme aufgelegt: für | |
zusätzliches Personal an Schulen, kostenlose Nachhilfe oder Förderangebote | |
am Nachmittag und in den Sommerferien. 1 Milliarde Euro an Unterstützung | |
stellt der Bund zur gezielten Lernförderung bereit. Die Frage ist, ob sie | |
auch diejenigen erreicht, die sie am dringendsten benötigen. | |
Wie berechtigt diese Sorge ist, zeigt eine aktuelle Elternbefragung vom | |
ifo-Zentrum für Bildungsökonomik. Demnach haben zwar insgesamt 21 Prozent | |
der Schüler:innen seit dem ersten Lockdown mindestens ein | |
Corona-Förderangebot angenommen. Kinder aus Akademikerfamilien haben diese | |
jedoch deutlich häufiger in Anspruch genommen. Bei den Ferienschulen, auf | |
die die Bildungsminister:innen so bauen, sogar fünf Mal so häufig. | |
2 Jun 2021 | |
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## AUTOREN | |
Ralf Pauli | |
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