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# taz.de -- GEW-Landesvorsitzender über Schulöffnung: „Pädagogik statt Lei…
> Der Hamburger Landesvorsitzende der Gewerkschaft für Erziehung und
> Wissenschaft findet, Tests und Prüfungen sollten erst mal hintenanstehen.
Bild: Endlich wieder zusammen lernen: Heute öffnen in Hamburg die Schulen
taz: Herr Quiring, Die GEW begrüßt, dass heute die Schulen öffnen. Lohnt
das denn noch für die kurze Zeit bis zu den Ferien?
Sven Quiring: Ja. Wir haben jetzt noch dreieinhalb Wochen Zeit. Es haben
sich viele Schüler*innen seit Dezember nicht mehr als
Klassengemeinschaft erlebt. Wir haben da lange intern drüber diskutiert und
immer den Gesundheitsschutz nach vorn gestellt. Das war auch richtig. Aber
jetzt sind wir ja mit stabilen Inzidenzen deutlich unter 50 in einem
Bereich, wo selbst das Robert Koch-Institut Präsenzunterricht empfiehlt.
Wenn man sich dann noch die Impfquote und die Belegung der
Intensivstationen anguckt, ist die Zeit günstig, zu sagen: Jetzt können wir
den Kindern und Jugendlichen wieder ein Bildungs- und Teilhabeangebot
machen.
Warum sind die drei Wochen Schule wichtig?
Weil Grundlagen für das kommende Schuljahr gelegt werden. Die Kinder
machten Erfahrungen, die in der Schule aufgearbeitet werden müssen. Und
Schule funktioniert in Klassenverbänden immer als Gruppe. Kommen die wieder
zusammen, ist das für alle ein hilfreiches Moment.
Sollten nicht erst alle Schüler geimpft sein?
Eine Impfpflicht fände ich schwierig. Die lehnen wir als GEW auch für die
Beschäftigten ab und sprechen von einem Impfangebot. Wir können zwischen
geimpften Schülern und nichtgeimpften keine Schere aufmachen.
Die Ständige Impfkommission Stiko empfielt das ja auch nicht.
Das kommt dazu. Stiko und RKI sind die Institutionen dafür, denen vertraue
ich.
Sie appellieren, es solle keine Prüfungen geben. Wird das gehört?
Der Fokus der Behörde liegt auf dem Schulisch-Fachlichen. Es soll den
Stundenplan mit voller Stundenzahl geben. Wir meinen, das soziale Lernen
ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt wichtiger und würden gern darüber ins
Gespräch kommen.
Was sollte unterbleiben?
Lernstandserhebungen und Tests. Schule hat jetzt die Kernaufgabe, für die
Schüler wieder ein sozialer Ort zu sein. Lernstandserhebungen kann man nach
den Ferien machen.
Was sagen Sie als Sonderpädagoge, welche Schäden hat der Lockdown
verursacht?
Da gibt es noch keine validen Reihenuntersuchungen. Ich arbeite mit der
Jugendhilfe in einem Projekt für Schüler mit Angstspektrumsstörungen und
Depressionserkrankungen. Ich stelle fest, dass soziale Vereinsamung und
Verlust von Gruppenfähigkeit ein Thema sind. Und dass die Schüler mit der
Situation allein gelassen wurden. Sie konnten die daraus resultierenden
Ängste nicht face to face mit Gleichaltrigen teilen.
Was muss nach den Ferien passieren, um das zu heilen?
Es sollte weiter ein behutsamer Einstieg sein. Wir müssen gucken, welche
sozialpädagogischen Angebote Schulen brauchen und wie der Beratungsdienst
aufgestellt ist. Dass dann wieder in den Unterricht eingestiegen wird, ist
klar. Aber wir müssen uns bewusst sein: Die Schüler*innen kommen aus
einer Krisensituation. Das heißt: erst mal wieder das Primat der Pädagogik
in den Vordergrund stellen, bevor es um Leistung, Tests und Prüfungen geht.
Wenn eine vierte Welle käme, was müsste anders sein?
An den Stadtteilschulen haben die Beratungsdienste gut funktioniert. Aber
die Krise hat gezeigt, dass wir mehr Mittel für Schulpsychologie und
Schulsozialarbeit brauchen. Auch muss man schauen, was digitale Bildung
leisten kann. Es ist nur ein Vehikel, um Inhalte zu vermitteln. Deshalb
müsste man gucken, inwiefern man Schulen im Rahmen der RKI-Vorgaben so
lange wie möglich offen lässt. Oder wie man früher in den Wechselunterricht
umsteigt. Der hat sich als tragfähige Form in Zeiten höherer Inzidenzen
erwiesen.
Gab es in der GEW Kontroversen zu Schulschließungen?
Wir sind eine heterogene Organisation. Wir haben kritisch und kontrovers,
aber konstruktiv darüber diskutiert und Lösungen gefunden.
War die GEW in der Pandemie mehr Lehrervertretung als Bildungsgewerkschaft?
Der Vorhalt kam ja von den Regierungsparteien. Wir haben als Ziele Teilhabe
und Partizipation. Zum anderen müssen wir für unsere Mitglieder die
Arbeits- und Gesundheitsbedingungen verbessern. Das ist die Polarität. Wir
unterscheiden uns von klassischen Industriegewerkschaften. In der Pandemie
haben wir den Fokus auf Arbeits- und Gesundheitsschutz gelegt, weil wir
meinen, das kommt auch den Kindern zugute.
Sie sind seit Kurzem Landeschef. Wofür brennen Sie?
Dafür, die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen unserer Mitglieder zu
verbessern. Für die höhere Gehaltsgruppierung der Grundschulkräfte, für
Verbesserungen beim Thema Arbeitszeit. Die Kollegen brauchen mehr Zeit für
Kommunikation und Kooperation, um einer modernen Schule gerecht zu werden.
Auch das pädagogisch-therapeutische Fachpersonal und die Kita-Beschäftigte
brauchen mehr Zeit.
Und inhaltlich?
Die Inklusion steht bei mir oben auf der Agenda, aber auch die Leitidee der
Schule für alle als sozialer Ort.
Ist,Schule für alle' in der GEW noch mehrheitsfähig?
Selbstverständlich. Wir haben zuletzt vor anderthalb Jahren den Beschluss
dafür gefasst. Man muss nur gucken, wie wir die gestalten. Das Bild der
Schule für alle von vor 20 Jahren hat sich modifiziert. Es gibt viele Wege
da hin. Dass das nicht in wenigen Jahren zu schaffen ist, ist klar.
31 May 2021
## AUTOREN
Kaija Kutter
## TAGS
Schule und Corona
Hamburg
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Schule
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