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# taz.de -- Senator kündigt „Sicher-wohnen-Hilfe“ an: „Wir lassen nieman…
> Die rot-rot-grüne Landesregierung beschließt nach dem Mietendeckel-Aus am
> Bundesverfassungericht, bei Nachzahlungsproblemen mit Darlehen zu helfen.
Bild: Nach dem Urteil gegen den Berliner Mietendeckel kam es zu Protesten
Berlin taz | Der rot-rot-grüne Senat will Berlinern, die nach dem Scheitern
des Mietendeckels drohende Mietnachforderungen nicht zahlen können, mit
zinslosen Darlehen aushelfen. Das hat Bausenator Sebastian Scheel
(Linkspartei) am Dienstag nach der Sitzung der Landesregierung angekündigt.
In ganz harten Fällen soll aus einem Darlehen ein Zuschuss werden, der
nicht zurückzuzahlen ist. Zwar hatte der Senat darum gebeten, die
eingesparte Miete bis zur gerichtlichen Klärung des Deckels nicht
auszugeben. Aus Scheels Sicht konnte aber nicht jeder Rücklagen bilden. „Es
ist eine Frage des politischen Anstands, ein solches Angebot zu machen“,
sagte der Senator.
Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hatte den im Januar 2020 vom
Abgeordnetenhaus beschlossenen Mietendeckel [1][am Donnerstag für ungültig
erklärt.] Der sollte Mieterhöhungen fünf Jahre lang ausschließen und
beinhaltete Mietobergrenzen. Das [2][Gericht] begründete das Urteil damit,
dass ein [3][Bundesland dafür nicht die Kompetenz] habe – die liege auf der
Bundesebene.
Ob der Deckel von der Struktur her verfassungsgemäß ist, blieb offen. „Es
gibt weiter keine Entscheidung über den Mietendeckel in der Sache“, sagte
Scheel am Dienstag. Sein Fazit: „Der Weg ist schon der richtige – offenbar
waren wir aber nicht Richtigen, die ihn gehen durften.“
Das Urteil gibt Vermietern das Recht, die durch den Deckel geminderte Miete
nachträglich einzufordern. „Die Mieter müssen jetzt handeln“, sagte Schee…
Die Nachzahlung müsse „auch ohne Zahlungsaufforderung des Vermieters“
spätestens mit der Mai-Miete geschehen. Oberstes Ziel des Senats sei es,
Finanzengpässe schnell auszugleichen, damit niemand wegen
[4][Mietrückstands die Wohnung verliert]. Der Weg zur Hilfe soll
unbürokratisch und schnell sein: „Wir wollen, dass die Leute zum 1. Mai in
der Lage sind, die Nachzahlung zu leisten.“
## Infos auf mietendeckel.berlin.de
Auch Berliner ALG-II-Empfänger*innen, deren Miete ein Jobcenter bezahlt,
können mit dem gekippten Mietendeckel Probleme bekommen. Denn mit dessen
Inkrafttreten wurden ihre Mieten grundsätzlich nur noch in der Höhe
gezahlt, die das Mietendeckel-Gesetz erlaubte, wie die Senatsverwaltung für
Integration, Arbeit und Frauen auf taz-Anfrage erklärte.
ALG-II-Empfänger*innen, die von Rückzahlungsforderungen betroffen sind,
können demnach die Übernahme der Nachzahlungsbeträge beim zuständigen
Leistungsträger beantragen. Das gilt auch für Geflüchtete im Asylverfahren.
Grundlage dafür ist eine schriftliche Forderung der Vermietenden. Wie viele
Haushalte in Berlin betroffen sind, konnte die Senatsverwaltung nicht
sagen.
Wer nicht von staatlichen Hilfen lebt, soll sich an die kostenfreie
Mieterberatung der Bezirke wenden und sich auf dem Internetportal
[5][mietendeckel.berlin.de] schlau machen, wie er oder sie an Darlehen
kommt: Dort stünden die nötigen Telefonnummern und Antworten auf oft
gestellte Fragen („FAQ“), auch Vordrucke etwa für eine eidesstattliche
Versicherung soll es dort bald geben. Wer einen Antrag auf Hilfe stellt,
soll so versichern, dass er oder sie nicht zahlen kann und bisher keine
staatlichen Hilfen bekommt.
Für die Unterstützung durch den Senat gibt es Obergrenzen: Alleinstehende
etwa dürfen dafür nicht mehr als 33.600 Euro jährlich verdienen. Für diese
„Sicher-wohnen-Hilfe“ sollen 10 Millionen Euro aus bereits vom Parlament
bewilligten, aber noch nicht ausgegeben Mitteln für den Mietendeckel zur
Verfügung stehen. Falls nötig, soll auch mehr Geld fließen – man werde an
den für den Landeshaushalt zuständigen Hauptausschuss herantreten, kündigte
Scheel an.
## Scheel: Miete vom Kühlschrank abgespart
Der Senator bestätigte zwar, das man appelliert hatte, den einbehaltenen
Mietanteil nicht auszugeben, und dankte all jenen, die diesen Hinweis
beherzigten. Er zeigte aber Verständnis, wenn das nicht passierte, weil
jemand sich zuvor „die Miete vom Kühlschrank abgespart und sich nun den
Kühlschrank gefüllt“ hätte. In so einem Fall sei nicht zu erwarten gewesen,
dass es möglich sei, Rücklagen zu bilden. Zudem seien Einnahmeausfälle
durch Corona zu berücksichtigen.
Scheel wies Vorwürfe zurück, der Senat sei untätig geblieben: Dass man es
von Donnerstag bis Montagabend schaffte, das Angebot zusammenzustellen,
„zeigt, dass der Senat handlungsfähig ist.“ Das Gerichtsurteil sei zwar,
auch in seiner Schärfe, unerwartet gewesen. Dennoch steht der Senat laut
Scheel nicht unvorbereitet da: Den im Mai auslaufenden Mietspiegel von 2019
soll eine Ersatzkonstruktion ablösen.
Offen ist, ob der Senat die sechs [6][landeseigenen Wohnungsunternehmen]
anweist, die Regeln des Mietendeckels weiter anzuwenden. Scheel bestätigte
laufende Gespräche im Senat darüber. „Wir haben noch keine abschließende
Position dazu gefunden“, sagte er. Er bat Vermieter, [7][dem Beispiel des
Konzerns Vonovia] zu folgen und auf Nachzahlungen zu verzichten. Man solle
nicht die Lage ausnutzen, um unliebsame Mieter loszuwerden: „Die Ersten,
die Kündigungswellen verhindern können, sind die Vermieter.“
20 Apr 2021
## LINKS
[1] https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/20…
[2] /Mietendeckel-Gesetz-in-Berlin/!5766576
[3] /Mietendeckel-Entscheidung-in-Berlin/!5763084
[4] /Berliner-Mietendeckel-gekippt/!5763152
[5] https://mietendeckel.berlin.de/
[6] /Mietendeckel-in-Berlin/!5600646
[7] https://presse.vonovia.de/de-de/aktuelles/210415-mietendeckel-vonovia-verzi…
## AUTOREN
Stefan Alberti
Alke Wierth
Erik Peter
## TAGS
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