| # taz.de -- Femizide im mexikanischen Ciudad Juárez: Gegen den Frauenhass | |
| > Wenn Frauen getötet werden, ist das Alltag. Jane Terrazas will das nicht | |
| > hinnehmen. Ihr Kollektiv sendet Botschaften gegen Frauenhass in die Welt. | |
| Bild: Erinnerung an die ermordete Frauenaktivistin Isabel Cabanillas | |
| Ein süßer Duft nach Blüten und Gewürzen schlägt der Besucherin entgegen, | |
| wenn sie die hellen Räumlichkeiten von „[1][Ni en more]“ betritt, was ins | |
| Deutsche übersetzt „Nicht eine mehr“ bedeutet. Sojamilch mit Avocado und | |
| Eukalyptus, Tannenzapfen und Safran, Indigo und Rosenblätter werden in | |
| großen blauen Emailletöpfen eingekocht. An Kleiderstangen hängen Blusen | |
| und Tuniken aus Baumwolle, Leinen und Seide in rosé-, senf- und | |
| beigfarbenen Tönen, zart gemustert mit Blütenblättern. | |
| Jane Terrazas, Gründungsmitglied des Frauenkollektivs, ist mit den | |
| Frauenmorden in [2][Ciudad Juárez] groß geworden, einer unwirtlichen | |
| mexikanischen Industriemetropole zwischen Wüste und Grenzzaun zu den USA | |
| mit fast 1,7 Millionen Einwohnern. Zum Alltag gehören dort die Suchplakate | |
| für junge Mädchen an Bushaltestellen und Laternenpfählen und die schwarzen | |
| Kreuze auf rosa Grund, die an den Straßenecken Gerechtigkeit fordern. | |
| Frauen werden umgebracht, weil sie Frauen sind. | |
| In [3][Ciudad Juárez] ergatterten junge Migrantinnen aus dem Süden des | |
| Landes die begehrten Jobs in den Montagefabriken in der unmittelbaren Nähe | |
| zu den USA. Ihre Schutzlosigkeit in den Armenvierteln und auf dem | |
| nächtlichen Nachhauseweg sowie eine Allianz aus Kartellangehörigen und | |
| Unternehmern, die sich alles leisten konnten – moralisch wie finanziell –, | |
| gelten als Nährboden für die alltägliche Jagd auf Frauen. | |
| „Eine Normalität, die keine sein sollte und doch als solche hingenommen | |
| wurde“, sagt die unter dem Namen „Mustang Jane“ arbeitende Künstlerin. S… | |
| 29 Jahren herrscht Straflosigkeit für die große Mehrheit der bislang | |
| schätzungsweise 2.200 Femizide in der Stadt. | |
| ## Alles begann mit einem Plakat aus Norwegen | |
| Als eine Freundin ihr von einer Europareise das Plakat einer norwegischen | |
| Künstlerin vorbeibringt, die interaktive Kunstprojekte über verschwundene | |
| Frauen macht, denkt sich Jane Terrazas, deren rotbraune Locken sich zu | |
| einer wilden Mähne kräuseln: „Eine Verbündete.“ Ein paar Jahre später, … | |
| sie als Kuratorin einer Kunstgalerie arbeitet, lädt sie Lise Bjørne Linnert | |
| nach Ciudad Juárez ein. „Für uns beide stand fest, wir müssen ein | |
| gemeinsames Projekt machen und weitere Frauen einbinden.“ | |
| Eine norwegische Modedesignerin gibt ihnen das Startguthaben – es sollte | |
| nur „etwas mit Mode“ sein. Jane Terrazas lacht und breitet die Arme aus. | |
| „Und so entstand ‚Ni en More‘ – Biodesignerkleidung, mit der wir | |
| versuchen, auf Frauenmorde und Gewalt gegen Frauen national und | |
| international aufmerksam zu machen.“ Und dies mit Erfolg: Große | |
| Modezeitschriften wie die Vogue berichten über das kleine Modekollektiv an | |
| einer Schnellstraße zwischen Wohnvierteln und Supermärkten – und über sein | |
| Anliegen. | |
| Schon Anfang der 1990er Jahre hatten Akademikerinnen in Ciudad Juárez den | |
| Begriff „[4][Femizid]“ geprägt, um der neuen Art von Verbrechen einen Namen | |
| zu geben. „Doch Morde sind nur die Spitze des Eisbergs aus Frauenhass und | |
| gewaltbereitem Machismus“, sagt Terrazas. Diese Gewalt sei allgegenwärtig. | |
| „Frauen gehen aus dem Haus, wo sie Gewalt erfahren haben, und erleben sie | |
| erneut auf der Straße, im Bus, in der Fabrik.“ Jede Frau im | |
| mestizisch-indigenen Team von „Ni en more“ habe ihre eigene Geschichte, | |
| erzählt Jane Terrazas. Eine Mitarbeiterin musste die Stadt verlassen, weil | |
| ihr ehemaliger Partner sie mit dem Tode bedrohte. Bei einer anderen stand | |
| die Staatsanwaltschaft vor der Tür. Die 20-jährige sollte ihren Ex-Mann | |
| umgebracht haben, der sie vormals zur Prostitution gezwungen hatte. Eine | |
| weitere sucht zurzeit in der Werkstatt Unterschlupf vor ihrem Mann, der sie | |
| schlägt. | |
| Diese Werkstatt ist ein freundlicher Ort mit Holzfußboden und Topfpflanzen. | |
| Schnittmuster hängen an der Wand, im hinteren Raum stehen | |
| Industrienähmaschinen, Stoffballen und Bügelbretter. An den Wänden hängen | |
| Plakate aus aller Welt, von Kunstausstellungen und Protestbewegungen. Im | |
| Monat produziert das Kollektiv rund 40 Einzelstücke mit laufender Nummer. | |
| Die Verkaufszahlen sind so gering, weil die Produktion kostspielig ist. | |
| „Wir wollen schließlich faire Einkommensmöglichkeiten schaffen“, sagt | |
| Terrazas. Dank der Grenznähe besteht die Möglichkeit, die Waren in | |
| Museumsshops im texanischen El Paso zu verkaufen. Neben dem Verkauf in | |
| einem weiteren Geschäft in der mexikanischen Hauptstadt läuft der Versand | |
| per Internet. Mit jedem Designerstück geht auch eine Botschaft gegen | |
| Gewalt gegen Frauen in die Welt hinaus: Ein Etikett in Postkartengröße | |
| erzählt von Hassmorden und Ausbeutung durch Arbeit in Ciudad Juárez. | |
| Doch Jane Terrazas ist realistisch: „Wir werden die dramatische Situation | |
| von Frauen in der Stadt nicht ändern können“, glaubt sie. „Aber wir wollen | |
| ein kleines Modell dafür schaffen, wie es sein könnte, wenn Frauen | |
| zusammenarbeiten und ihr eigenes Geld verdienen.“ Eine Lebensrealität, die | |
| Solidarität untereinander und eine Möglichkeit zur Veränderung der | |
| persönlichen Verhältnisse schafft. Zehn Frauen bietet „Ni en more“ diese | |
| finanzielle Unabhängigkeit. „Nur eine Frau, die ökonomisch unabhängig ist, | |
| kann sich von einem gewalttätigen Partner trennen. Für jede andere steht | |
| das schlichtweg nicht zur Debatte“, sagt Terrazas. | |
| Während die Wüstensonne im Zenit steht, macht sich Lydia Graco auf ins | |
| Zentrum der Stadt. Vorbei an brachliegenden Grundstücken, zerfallenen | |
| Häusern, düsteren Kneipen und kleinen Geschäften ist die 30-Jährige | |
| unterwegs zu einem Ort, der vor einem Jahr eine traurige Bedeutung für sie | |
| und viele andere Frauen erhalten hat. Ein paar Straßenzüge von der | |
| Fußgängerzone entfernt hängt ein rosa Fahrrad hoch an einem | |
| Laternenpfosten. Daneben ragt ein kahler Baum in den tiefblauen Himmel. Im | |
| Januar 2020 wurde hier eine Mitstreiterin von Lydia Graco ermordet; | |
| regelrecht hingerichtet durch einen Pistolenschuss in den Kopf. Isabel | |
| Cabanillas war mit dem Rad auf dem Weg nach Hause. Eine junge Künstlerin, | |
| Aktivistin und Mutter mit manchmal blau, manchmal lila gefärbtem Pagenkopf. | |
| ## Der Mord an Isabel Cabanillas | |
| Kunst- und Politkollektive in Ciudad Juárez waren tief betroffen von dem | |
| Femizid in den eigenen Kreisen und setzten Isabel mit dem aufgehängten | |
| Fahrrad ein Denkmal. Die Nachricht von dem Mord ging um die Welt. Doch über | |
| ein Jahr später gibt es immer noch keine Aufklärung. Lydia Graco legt heute | |
| Blumen für die Freundin nieder. „Es war ein schwerer Schlag, dass sie | |
| gerade eine von uns umgebracht haben“, erklärt sie. „Wir sind doch nicht | |
| viele, die in dieser Stadt gegen Frauenmorde kämpfen.“ | |
| Am Todestag von Isabel hat Graco gemeinsam mit anderen Aktivistinnen 2.000 | |
| kleine rosa Kreuze an der vor ein paar Jahren geschaffenen | |
| Sonderstaatsanwaltschaft für Frauen in Ciudad Juárez angebracht. Es ist | |
| ein schnörkelloser Bürobau hinter den Eisenbahnschienen, die zunächst ins | |
| Zentrum und dann in die USA führen, vorbei an der schroffen rötlichen | |
| Bergkette der Sierra de Juárez. Graco kann sich nicht erinnern, wie viele | |
| der Kreuze sie selbst gefertigt hat, schnell zusammengebastelt aus | |
| zusammengeklebten Eisstielen, mit rosa Wandfarbe überpinselt. In Ciudad | |
| Juárez entstehen die Mahnmale in Eigenarbeit. | |
| Ein breites gesellschaftliches Bewusstsein fehle in Ciudad Juárez, so die | |
| Aktivistin mit den klaren hellgrünen Augen. Viel zu oft seien es die Opfer, | |
| die diffamiert würden. Sie wären in den Drogenhandel involviert gewesen und | |
| deshalb umgebracht worden, heißt es dann, gerade wenn sie in den | |
| Schlafstädten im Südosten der Stadt ermordet wurden. | |
| Die Mehrheit der dort lebenden Familien besteht aus Zugezogenen, gearbeitet | |
| wird in langen Schichten in den Fabriken. Winzige Häuser stehen in endlosen | |
| Reihen, kaum ein Baum spendet Schatten. Das Fehlen von öffentlichem | |
| Transport, Straßenbeleuchtung und städtischen Einrichtungen sowie die | |
| Präsenz von Drogenkartellen und ein hoher Konsum von Crystal Meth tragen | |
| zur allgemeinen Unsicherheit bei. | |
| In den Zeiten des sogenannten Drogenkrieges ab dem Jahr 2008 schoss die | |
| Zahl der Frauenmorde in die Höhe. Doch obwohl die Zahl der Morde insgesamt | |
| in der Stadt seit 2013 wieder abnahm, stieg die der Femizide noch weiter | |
| an. Für die organisierte Kriminalität gelten Frauen und Mädchen als | |
| Wegwerfware. Die Kartelle machen sie zu abhängigen Konsumentinnen und | |
| Dealerinnen. Andere werden in die Prostitution und den Frauenhandel | |
| verschleppt. | |
| Doch Femizide werden in Ciudad Juárez schon lange nicht mehr nur von | |
| Kartellangehörigen begangen. „Vielfach sind es Partner und Ex-Partner, die | |
| Gewalt ausüben. Diese gipfelt irgendwann in einem Mord“, sagt Lydia Graco. | |
| So wie im April 2019, als die 18-jährige Studentin Dana Lozano direkt | |
| hinter dem Universitätscampus von ihrem ehemaligen Freund getötet wurde | |
| „Zum ersten Mal seit langen Jahren kam es zu einem gesellschaftlichem | |
| Aufbegehren“, sagt Graco. Die Studierenden organisierten sich, traten in | |
| den Streik und stellten über Wochen ein eigenes Studienprogramm auf die | |
| Beine, mit Kursen über toxische Beziehungen und | |
| Selbstverteidigungsangeboten. | |
| Auch Lydia Graco politisierte sich an der Universität der Stadt. Gemeinsam | |
| mit anderen Studentinnen hat sie vor sechs Jahren ein feministisches | |
| Kollektiv gegründet. „[5][Hijas de su Maquilera Madre]“ nennen sie sich, | |
| „Töchter von Maquila-Müttern“, wobei Maquila die Montagefabriken | |
| bezeichnet, in denen im Norden Mexikos für den US-amerikanischen Markt | |
| geschuftet wird. Was im Spanischen wie eine Beschimpfung anmutet, deuten | |
| die Frauen positiv für sich um. „Wir sind die erste Generation mit | |
| Universitätstiteln, während unsere Mütter alle in den Montagefabriken hier | |
| an der Grenze gearbeitet haben“, sagt Lydia Graco. Das sei etwas, wofür sie | |
| sich nicht schäme, sondern was sie stolz mache. | |
| ## Aktionen und Demonstrationen gegen Femizide | |
| Das Kollektiv organisiert Aktionen und Demonstrationen gegen Femizide in | |
| der Stadt. Doch manchmal hat Lydia Graco die fast täglichen | |
| Schreckensmeldungen satt. Dann fährt sie mit ihrer Schwester in die | |
| Sanddünen von Samalayuca vor den Toren der Stadt. Das ist ihr persönlicher | |
| Kraftort. Nur der Wind ist dort zu hören. Hasen mit schwarzen Ohren kreuzen | |
| die einsamen Feldwege, glänzende Skarabäuskäfer erklimmen die vom Wind | |
| gewellten Dünen, und mit etwas Glück sind die Spuren eines Pumas zu finden, | |
| der im Morgengrauen unterwegs war. | |
| Während die Sanddünen ein beliebter Ausflugsort sind, wird das nahe | |
| Juáreztal direkt an dem rostbraunen Grenzzaun zu den Vereinigten Staaten | |
| kaum besucht. Dort soll es noch immer Massengräber aus dem sogenannten | |
| Drogenkrieg geben. Im ausgetrockneten Flussbett des Navajobachs fanden | |
| Familienangehörige und Aktivistinnen vor Jahren auch die Überreste von | |
| sechzehn verschwundenen Mädchen. Ein bahnbrechendes Gerichtsverfahren | |
| gegen Angehörige der dem Juárezkartell zugeordneten Bande „Los Aztecas“ | |
| folgte, das einen Frauenhandelsring bis ins örtliche Gefängnis aufdeckte. | |
| Meistens aber nimmt die Gerechtigkeit nicht ihren Lauf in einer Stadt, die | |
| von der Zersetzung der öffentlichen Institutionen durch die Drogenkartelle | |
| geprägt ist. | |
| Auch Lydia Graco wollte persönlich zur Aufklärung der Frauenmorde beitragen | |
| und ihren Master in Forensischer Anthropologie machen. Doch als sie ein | |
| Praktikum im städtischen Leichenschauhaus absolvieren sollte, dort, wo die | |
| Körper und Knochenfunde ermordeter Frauen eingeliefert werden, wurden ihr | |
| bedeutet, dass besser sein zu lassen. „Als ich Morddrohungen aufgrund | |
| meines Engagements erhielt, habe ich das Studium abgebrochen. Wem nützt | |
| es, wenn ich tot bin?“ Graco seufzt. Sie glaubt nicht, dass sie noch einmal | |
| ein Ciudad Juárez ohne Frauenmorde erleben wird. „Zu tief ist Frauenhass | |
| gesellschaftlich und institutionell verankert.“ Ein grundlegender Wandel | |
| des Geschlechterverhältnisses sei notwendig. Doch sich mit dem Status quo | |
| abfinden kommt für sie nicht infrage. | |
| Eine Frau, die den Gang durch die Institutionen in der Grenzmetropole | |
| erfolgreicher gegangen ist, heißt Verónica Corchado. Die 50-Jährige hörte | |
| von klein auf in der Wohnküche ihres Elternhauses, zu welchen Gewalttaten | |
| gegen ihre Lebenspartnerinnen Männer fähig sind – psychisch, verbal und | |
| physisch. „Immer wenn Nachbarinnen zu meiner Mutter, einer Vertrauensperson | |
| des Viertels, kamen, forderte sie mich auf, für die Dauer des Gesprächs mit | |
| den Kindern der Frauen zu spielen.“ Über Domino und Dame lauschte die | |
| heranwachsende Vero dann den Berichten der Betroffenen und den Ratschlägen | |
| ihrer Mutter. | |
| Später, als Verónica Corchado in der Maquila, den Montagefabriken, | |
| arbeitet, bekommt sie mit, wie die ersten Arbeiterinnen aus ihrem Viertel | |
| ermordet werden. Zu dieser Zeit kam es zu systematischen Entführungen, | |
| Vergewaltigungen und Morden an Arbeiterinnen. Am Rande der Stadt fand man | |
| die Frauenleichen, verschwunden auf dem Weg nach Hause, unabhängig | |
| voneinander entführt, aber verscharrt in einem gemeinsamen Grab. Im Jahr | |
| 2009 wurde der mexikanische Staat vom Interamerikanischen | |
| Menschenrechtsgerichtshof schuldig gesprochen, eine Aufklärung aktiv | |
| vereitelt zu haben. | |
| Jahrelang war Verónica Corchado als Sozialarbeiterin in | |
| zivilgesellschaftlichen Projekten und Initiativen aktiv, um die Mütter | |
| verschwundener Frauen und Mädchen zu unterstützen. „Doch in diesen | |
| Jahrzehnten wurde mir auch klar: So organisiert eine Zivilgesellschaft auch | |
| ist, ihr Engagement hat Grenzen.“ So entschied sich die stadtbekannte | |
| Feministin vor fünf Jahren zum Schritt in die Politik. Als erstmals ein | |
| parteiunabhängiger Bürgermeister in die Stadtregierung einzieht, | |
| unterbreitet sie ihm ein Millionenprojekt gegen Frauenmorde. Als | |
| Direktorin des städtischen Fraueninstituts setzt sie heute mit dem | |
| „Sicherheitskorridor für Frauen“ ein infrastrukturelles Pilotprojekt in | |
| Ciudad Juárez um. | |
| ## Die Stadt für Frauen sicherer machen | |
| „Das Projekt greift das Recht auf eine sichere Stadt durch eine integrale | |
| Gewaltprävention im öffentlichen Raum auf. Und das an einem Ort, der durch | |
| die Entführungen von Frauen und Mädchen traurige Berühmtheit erlangt hat, | |
| im Zentrum der Stadt“, sagt Corchado. Rund um die Kathedrale und die weiß | |
| getünchte Missionskirche wimmelt es auf den Straßen von flanierenden | |
| Passanten, Verkaufsständen und Essenkarren. Dahinter verstecken sich kleine | |
| Geschäfte und Eingänge zu weit ausladenden Markthallen. Von den typischen | |
| Burritos bis gerösteten Grashüpfern nach prähispanischem Rezept ist hier | |
| alles zu haben. | |
| „Es sind die ersten Baumaßnahmen in Ciudad Juárez und vermutlich auf der | |
| ganzen Welt, die mit einer weiblichen Perspektive auf die Stadt geplant | |
| sind und die Bedürfnisse von Frauen in den Mittelpunkt stellen“, erzählt | |
| Verónica Corchado. Es würden Polizeiposten installiert, die | |
| ausschließlich mit Polizistinnen besetzt sind. Daneben entstehen | |
| zahlreiche Notrufsäulen mit Alarmknöpfen und frei zugänglichem WLAN. | |
| Kameras werden aufgestellt und öffentliche Toiletten gebaut. „Vorher gab es | |
| nur sehr schlecht einsehbare Anlagen in Hinterhäusern und auf der | |
| Rückseite von Märkten.“ Unterstützt wird das Sicherheitskonzept durche | |
| eine App, die im Notfall auf ein Schütteln des Handys reagiert. | |
| „Wir wollen keine Frauenmorde mehr in Ciudad Juárez“, seufzt Corchado. Die | |
| Institutionalisierung dieses Anliegens gewähre eine gewisse Kontinuität, | |
| die Perspektive, Erfahrungen und Bedürfnisse von Frauen zu sammeln und | |
| diese einzubeziehen. „Aber auf dieser präventiven Ebene lassen sich | |
| keine schnellen Resultate ablesen. Leider blickt die Stadt zwischen | |
| Kartellpräsenz, Militarisierung und Ausbeutung in den Maquilafabriken auf | |
| eine lange Geschichte der Gewalt zurück.“ | |
| Über Jahrzehnte habe dies in Familien, Gesellschaft, Verwaltung und | |
| Politik große Schäden verursacht. „Frauenhass und Gewalt gegen Frauen | |
| werden nicht über Nacht verschwinden. Aber es muss endlich etwas | |
| geschehen.“ | |
| 16 Mar 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.nienmore.com/ | |
| [2] /Frauenmorde-in-Ciudad-Juarez/!5216323 | |
| [3] /Aus-der-Le-Monde-diplomatique/!5238558 | |
| [4] https://eige.europa.eu/de/taxonomy/term/1128 | |
| [5] https://wearyourvoicemag.com/isabel-cabanillas-hijas-de-su-maquilera-madre-… | |
| ## AUTOREN | |
| Kathrin Zeiske | |
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