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# taz.de -- Opposition in Belarus: Her mit Tichanowskaja!
> Die Minsker Staatsanwaltschaft fordert die Auslieferung der Politikerin
> nach Belarus, um ihr den Prozess zu machen. Vilnius lehnt das entschieden
> ab.
Bild: Für Diktator Lukaschenko ein Dorn im Auge: Svetlana Tichanowskaja, die s…
Berlin taz | Dieser Tage bekam Litauens Generalstaatsanwaltschaft Post von
ihren belarussischen Kolleg*innen. Diese bitten in dem Schreiben darum,
[1][die Oppositionspolitikerin Swetlana Tichanowskaja] an ihr Heimatland zu
überstellen. Die Grundlage dafür sei ein bilateraler Vertrag über die
Gewährung juristischer Unterstützung in Fragen des Zivil-, Familien – und
Strafrechts vom 20. Oktober 1992.
Tichanowskaja soll wegen Verbrechen gegen die belarussische Regierung, die
öffentliche Sicherheit sowie den belarussischen Staat zur Verantwortung
gezogen werden. Das ist eine vornehme Umschreibung für einen politisch
motivierten Schauprozess, dem fast immer ein mehrjähriger Aufenthalt in
einer Haftanstalt folgt.
Das baltische EU-Land Litauen beschied die Anfrage aus Minsk prompt
abschlägig: „Wir können dem belarussischen Regime sagen, dass wir lieber
zusehen möchten, wie die Hölle zufriert, als über ihre Forderungen
nachzudenken“, zitiert die Deutsche Welle Litauens Außenminister Gabrielius
Landsbergis.
Tichanowskaja war bei der Präsidentwahl im August 2020 gegen Machthaber
Alexander Lukaschenko angetreten, nachdem ihr Mann Sergej, der eigentlich
hatte kandidieren wollen, am 29. Mai 2020 festgenommen worden war. Nach der
Wahl, die Lukaschenko angeblich mit über 80 Prozent der Stimmen gewonnen
haben will, floh Tichanowskaja mit ihren Kindern nach Litauen, wo sie
seitdem lebt und von dort die Arbeit der Opposition koordiniert.
## Regime schlägt zurück
Seit der gefälschten Präsidentenwahl gehen in Belarus tausende gegen
Lukaschenko, dessen „Wahl“ die EU nicht anerkennt und Sanktionen verhängt
hat, auf die Straße. Die Menschen fordern unter anderem freie und faire
Wahlen sowie die Freilassung aller politischen Gefangenen. [2][Das Regime
schlägt brutal zurück]. Bisher gab es rund 30.000 Festnahmen, hunderte
Verletzte und zahlreiche Tote.
Obwohl die Protestbewegung sichtbar geschrumpft ist, bemüht sich
Tichanowskaja weiter darum, Optimismus zu verbreiten. In einem Interview
mit der Schweizer Tageszeitung Le Temps räumte sie zwar ein, dass die
Opposition die Straße verloren habe, da es unmöglich sei, der Gewalt des
bewaffneten Regimes etwas entgegen zu setzen. Die Belaruss*innen seien
müde und hätten Angst. „Doch heute schaffen wir die Strukturen für den
morgigen Kampf. Dazu arbeiten wir an der Vernetzung verschiedener
oppositioneller Initiativen von Ärzt*innen, Lehrer*innen und
Polizeikräften“, sagte Tichanowskaja.
Für den 25. März, den Jahrestag der Gründung der belarussischen
Volksrepublik, rief Tichanowskaja erneut zu Demonstrationen auf. Dieser Tag
sei traditionell ein Protesttag, sagte ihr Berater für Internationes,
Franak Wjatschorka, dem russischen Investigativportal Insider ru.
In der derzeitigen Situation käme zu dem Thema eines Kampfes für Neuwahlen
auch die Verteidigung der Unabhängigkeit des Landes hinzu. Daher könne der
25. März zu einem Schlüsseldatum für die Proteste im Frühjahr werden. Für
Lukaschenko sei es wichtig, das Sterben der Protestbewegung zu betonen, um
Kontrolle über die jetzige Situation zu demonstrieren. Doch die gebe es in
Wirklichkeit nicht.
Eben jener Lukaschenko gab vor wenigen Tagen nach einem Treffen mit
Russlands Präsidenten Wladimir Putin in Sotschi zu Protokoll, dass es eine
Machtübergabe in Belarus nicht geben werde. Alles werde in Übereinstimmung
mit einer neuen Verfassung vor sich gehen und die werde im Januar/Februar
kommenden Jahres angenommen. Das Thema Machttransfert habe in Sotschi nicht
auf der Tagesordnung gestanden.
Vielleicht aus guten Grund. Wladimir Putin ist vor allem an einer noch
engeren Anbindung von Belarus an Russland interessiert. Diesem Willen
Moskaus konnte sich Lukaschenko bislang erfolgreich widersetzen. Fragt
sich, wie lange noch.
6 Mar 2021
## LINKS
[1] /Swetlana-Tichanowskaja-ueber-Belarus/!5733819
[2] /Urteil-gegen-Journalistinnen-in-Belarus/!5747507
## AUTOREN
Barbara Oertel
## TAGS
Swetlana Tichanowskaja
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Alexander Lukaschenko
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