# taz.de -- Auswahl zum Theatertreffen: Gegen alle Widrigkeiten | |
> Theatertreffen 2021 trotz Corona? Unbedingt meinte die Jury, als sie die | |
> Auswahl von zehn Inszenierungen am Dienstag vorstellte. | |
Bild: Szene aus Maria Stuart, in der Inszenierung von Anne Lenk, kontaktfreies … | |
So viele Theaterprojekte liegen auf Eis, so viele Künstler:innen durften | |
nicht arbeiten in den 12 zurückliegenden Monaten, die den Zeitraum der | |
Auswahl für das [1][Theatertreffen] ausmachten. Gerade mal drei bis vier | |
Monate im Februar/März und September/Oktober konnte Theater in Deutschland, | |
Österreich und der Schweiz live gesehen werden. Ist denn da ein | |
Theatertreffen sinnvoll, ein Festival, das das Spannendste einer Spielzeit | |
versammeln will? | |
Das hat die siebenköpfige, aus Theaterkritiker:innen bestehende Jury | |
(Cornelia Fiedler, Wolfgang Höbel, Georg Kasch, Andreas Klaeui, Sabine | |
Leucht, Petra Paterno und Franz Wille), die am Dienstag ihre Auswahl in | |
einer digitalen Pressekonferenz vorstellte, oft diskutiert und kam zu einem | |
Ja! | |
Weil es zu würdigen gilt, was trotz schwieriger Bedingungen entstanden ist. | |
Weil die Einengung der Möglichkeiten neue Formen hervorgebracht hat. Weil | |
man gerade jetzt nicht auf die Chance verzichten sollte, Neuentdecktes | |
breiter bekannt zu machen. Weil für den Theaterbetrieb in einer Situation, | |
in der Legitimations- und Finanzdruck vorhersehbar zunehmen werden, der | |
Glanz eines Festivals wichtige Werbung ist. | |
Gute Gründe also, am Theatertreffen in Berlin festzuhalten. Man hofft | |
auf eine Live-Version im Mai (7. – 23.Mai), für alle Fälle bereitet das | |
Team um die Leiterin Yvonne Büdenhölzer aber auch eine digitale Variante | |
vor. Die vorgestellte Auswahl spricht für diese Entscheidung, vieles macht | |
neugierig. Sechs von zehn Inszenierungen kommen von Regisseurinnen, die | |
Frauenquote wurde um zwei Jahre verlängert. Nicht zuletzt, weil man | |
befürchten kann, dass in der Nach-Corona Zeit härtere Konkurrenz Frauen | |
wieder zurückdrängt. | |
## Vergessene Heldinnen | |
Direkt um die Geschichte vergessener Frauen geht es in dem eingeladenen | |
Stück „Name her“ von Marie Schleef (Ballhaus Ost und Koproduzenten), einer | |
Lecture-Performance über Komponistinnen, Wissenschaftlerinnen, | |
Ingeneurinnen, Heldinnen des Alltags, von Anne Tismer in vier Kapiteln | |
performt. Wiederentdeckt wird die linke und jüdische Autorin Anna Gmeyner | |
mit ihrem Stück „Automatenbüffet“, von Barbara Frey in Wien am Burgtheater | |
inszeniert. | |
Eine Neuentdeckung ist auch das Duo Lucy Wilke und Paweł Duduś, das in | |
einer sehr sinnlichen, auf der Sprache der Berührung basierenden | |
Performance von seiner Freundschaft erzählt in „Scores that shaped our | |
friendship“ (schwere reiter, München). | |
Direkt mit den Bedingtheiten des Kunstmachens in Zeiten der Pandemie spielt | |
„Show Me A Good Time“ von Gob Squad (HAU Berlin u. a.), eine Mischung aus | |
Kunst und Quatsch, vom Ausharren in leeren Theatern, vom gemeinsamen Lachen | |
alle 30 Minuten, „ein Sinn- und Abbild des Coronajahres“. | |
Eingeladen sind auch [2][„Reich des Todes“ von Rainald Goetz], in Hamburg | |
von Karin Beier inszeniert, „Einfach das Ende der Welt“ von Christopher | |
Rüping aus Zürich, [3][„Der Zauberberg“ von Sebastian Hartmann] aus dem | |
Deutschen Theater Berlin. Das ist auch mit [4][“Maria Stuart“ in der Regie | |
von Anne Lenk] dabei, die den Kampf um die Macht auch als von Sachzwängen | |
geleitet deutet. Insgesamt zeigt die 10er-Auswahl eine gute Mischung aus | |
bekannten Stimmen und neuen Auftritten. | |
9 Feb 2021 | |
## LINKS | |
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[4] /Schillers-Maria-Stuart-in-Berlin/!5722423 | |
## AUTOREN | |
Katrin Bettina Müller | |
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