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# taz.de -- taz-Recherche zur Werteunion: Rechts außen dabei
> Felix Schönherr ist Pressesprecher der Werteunion. Zuvor hatte er
> versucht, Strukturen der rechtsextremen Gruppierung „Ein Prozent“
> aufzubauen.
Bild: Die Werteunion driftet nach rechts
Berlin taz | Als im vergangenen Sommer ein Mitglied der Werteunion „Sieg
Heil“ rief und den Arm zum Hitlergruß erhob, distanzierte sich der Verein
deutlich: „Die Werte-Union lehnt jede Form von Rechtsextremismus
entschieden ab“, teilte Pressesprecher Felix Schönherr mit.
Schönherr, 33, sitzt zugleich im Bundesvorstand der Werteunion, einer
Gruppierung, die den „konservativen Markenkern“ von CDU und CSU bewahren
will, wenn sie auch keine anerkannte Parteigliederung ist. Zuletzt
unterstützte sie Friedrich Merz als Kandidaten für den Parteivorsitz und
sieht in ihm – trotz seiner Niederlage – weiterhin den richtigen
Kanzlerkandidaten. Immer wieder wird eine Nähe der Werteunion zur AfD
thematisiert, auch wenn sie offiziell versucht, sich von ihr abzugrenzen.
Wie Recherchen der taz zeigen, war ausgerechnet Felix Schönherr selbst bei
Organisationen dabei, die noch weiter rechts außen anzusiedeln sind.
Im Frühjahr 2016 versucht er etwa, Strukturen von „Ein Prozent“ aufzubauen.
Er schreibt eine Mail an rund zehn andere „Ein Prozent“-Interessierte und
benutzt dafür eine Adresse mit dem Nutzernamen „einprozent-bayernsued“. Ein
Ende der „Asylkrise“ sei lange nicht in Sicht, schreibt er. „Daher ist es
nun an uns, den Widerstand außerparlamentarisch zu organisieren!“
## „Greenpeace für Deutschland“
Das Vernetzungstreffen solle der „Konsolidierung einer ersten Struktur in
der Region und der Planung von Aktionen dienen“. Die Mail liegt der taz
vor. Das Treffen findet dann einige Wochen später in einem Café in Augsburg
statt, wie ein Teilnehmer bestätigt, Schönherr ist dabei.
Im April 2016 – zur gleichen Zeit, als Schönherr zum Treffen einlädt –
gründen eine Handvoll Leute [1][„Ein Prozent“ offiziell als Verein]. Der
rechtsextreme Publizist Götz Kubitschek aus Sachsen-Anhalt ist darunter und
auch Jürgen Elsässer, Chefredakteur des inzwischen vom Verfassungsschutz
beobachteten Compact-Magazins. Ihre Vision: Eine „Bürgerbewegung“, eine Art
„Greenpeace für Deutschland“ zu gründen.
Wie die taz-Recherchen ergeben, war Schönherr 2016 überdies Mitglied in
einer internen Facebookgruppe der rechtsextremen „Identitären Bewegung“. In
jenem Jahr hat der Verfassungsschutz die Gruppierung als Verdachtsfall
eingestuft. „Ein Prozent“ und die „Identitären“ arbeiten zusammen: Mal
helfen sie sich finanziell aus, mal chartern sie ein Schiff, um Geflüchtete
daran zu hindern, über das Mittelmeer nach Europa zu kommen. Beide Gruppen
pflegen beste Verbindungen zur AfD.
Im Juli 2019 stuft der Verfassungsschutz die „Identitäre Bewegung“ [2][als
klar rechtsextrem und als Beobachtungsfall] ein. Rund ein Jahr später, im
Juni 2020, gibt der Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas
Haldenwang, die Einstufung von „Ein Prozent“ als [3][rechtsextremen
Verdachtsfall] bekannt. Beide Gruppierungen werden nun mit
nachrichtendienstlichen Mitteln überwacht. Maßgeblich für die Einstufungen
laut Haldenwang: Ihre fremdenfeindlichen, nationalistischen, rassistischen
oder antisemitischen Ideologien.
## Ein „deutscher Patriot“, der Rhetorik studiert hat
Felix Schönherr hat Rhetorik studiert und behauptet, er sei ein „linker
Student“ gewesen. Heute beschreibt er sich als „deutschen Patrioten“. 2017
ist er in die CSU, die Junge Union, den RCDS und die Werteunion
eingetreten, deren Pressesprecher er seit Februar 2020 ist. Sein Vorgänger,
der Medienrechtler [4][Ralf Höcker], vertritt die AfD nicht nur rechtlich,
sondern trat bereits bei einer AfD-Veranstaltung im Bundestag auf.
Als Vorstandsmitglied unterzeichnete Schönherr im Juni 2020 einen offenen
Brief an Thomas Haldenwang, in dem die Werteunion den Verfassungsschutz
dazu auffordert, die taz als „linksextremistische Bestrebung“ einzustufen.
Sie transportiere „linksextreme Hetze in die breite Öffentlichkeit“.
Alexander Mitsch, Gründer und Vorsitzender der Werteunion, will sich zu
Schönherrs Aktivitäten nicht äußern und verweist an die Pressestelle – al…
an Felix Schönherr selbst. Am Telefon sagt Schönherr, dass er mit beiden
Organisationen nichts zu tun habe und sich von ihnen distanziere.
Nach dem Vernetzungstreffen in Augsburg gefragt, bestreitet er sein
Engagement bei „Ein Prozent“ nicht. Er dementiert auch nicht, bei der
„Identitären Bewegung“ dabei gewesen zu sein. Später schickt er eine
E-Mail. Schönherr schreibt, er habe sich „nie in aktiver oder
verantwortlicher Rolle für diese Organisationen engagiert“ und sei „schon
gar nicht Mitglied“ gewesen. Und er habe seinen Anwalt eingeschaltet,
Werteunion-Freund Ralf Höcker.
## Werteunion als eigene Partei?
Inzwischen bewirbt sich Felix Schönherr um den Bundesvorsitz der
Werteunion, wie er nach dem CDU-Parteitag vergangenes Wochenende bekannt
gab. Sein Ziel: Die Werteunion zu einer Organisation weiterzuentwickeln,
„die von den Unionsparteien vollkommen unabhängig ist“, wie es auf seiner
[5][Kandidatur-Webseite] heißt.
Die Werteunion müsse sich dafür als eigene Partei aufstellen, die von einer
[6][möglichen Spaltung der AfD profitiert] – so lautet eine Idee. Seine
zweite beschreibt Schönherr wie Jahre zuvor die Gründer von „Ein Prozent“:
die Werteunion in Form einer „Kampagnenplattform“ zu organisieren, ähnlich
einer NGO, einem „Greenpeace fürs Vaterland“.
20 Jan 2021
## LINKS
[1] /Rechtes-Netzwerk-Ein-Prozent/!5484724
[2] /Identitaere-unter-Beobachtung/!5611566
[3] /Verfassungsschutz-beobachtet-Ein-Prozent/!5697477
[4] /Die-Werteunion-nach-Thueringen/!5660291
[5] https://kandidatur.felix-schoenherr.de/
[6] /Die-Werteunion-nach-Thueringen/!5660291
## AUTOREN
Luisa Kuhn
Christina Schmidt
Sebastian Erb
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