| # taz.de -- Ausbreitung der Coronapandemie: Zweite Welle überschwemmt Europa | |
| > Trotz drastischer Coronamaßnahmen droht den Gesundheitssystemen in der | |
| > Europäischen Union der Kollaps. Ein Überblick. | |
| Bild: Die zweite Auflage der Coronapandemie: Lockdown in Frankreich | |
| Seit Wochenbeginn machte sich so etwas wie Resignation breit. Angesichts | |
| der alarmierenden Ausbreitung des Coronavirus in Frankreich blieb der | |
| Staatsführung nur noch die Wahl zwischen einem erneuten Lockdown oder einer | |
| mit zusätzlichen Restriktionen ergänzten verlängerten Ausgangssperre, was | |
| für die meisten Leute aufs selbe rauskommt – für sie ist es wie die Wahl | |
| zwischen Pest oder Cholera. | |
| Nach zweitägigen Beratungen musste Staatspräsident Emmanuel Macron am | |
| Mittwochabend im Fernsehen ankündigen, was alle vermeiden wollten: eine | |
| zweite Auflage eines landesweiten Lockdowns für mindestens vier Wochen. | |
| Außer den Schulen, öffentlichen Verwaltungen und (reduzierten) Transporten | |
| sowie den für die Versorgung erforderlichen Geschäften wird Frankreich ab | |
| sofort geschlossen. | |
| Die Medien hatten die Bevölkerung seit Tagen mit Meldungen über eine | |
| „galoppierende“ Ausbreitung von Sars-CoV-2 eingestimmt: „Die Epidemie ist | |
| außer Kontrolle“ lautete am Mittwoch der Titel der Zeitung Le Monde. | |
| Dennoch ist die Vorstellung, wie von Mitte März bis Mai zu einem Hausarrest | |
| verurteilt zu sein, ein Schock. Macron hatte damals dem Coronavirus den | |
| „Krieg“ erklärt. Seither wurden alle „Schlachten“ im Kampf gegen die | |
| Epidemie verloren. Eine zweite Lockdownphase soll nun ihren bisher | |
| unaufhaltsamen Vormarsch stoppen. | |
| Die „zweite Welle“ kam, wie es viele EpidemiologInnen vorausgesagt hatten. | |
| Die Aussagekraft der Kurven und Indikatoren der Coronastatistik kann in | |
| Zweifel gezogen werden, doch ein Zeichen trügt nicht: Die Zahl der | |
| Ambulanzen und Rettungsmannschaften der Feuerwehr, die mit Sirene und | |
| Blaulicht durch die Straßen der französischen Hauptstadt in Richtung | |
| Krankenhaus rasen, hat sehr merklich zugenommen. Die Covid-19-PatientInnen | |
| belegen bereits mehr als die Hälfte der Betten in den Intensivstationen. In | |
| den Medien warnen MedizinerInnen vor einer Flutwelle schwerer Infektionen, | |
| schon jetzt sind in mehreren Regionen die Kapazitäten zu mehr als 100 | |
| Prozent ausgelastet. In den betroffenen Krankenhäusern muss improvisiert | |
| werden. Dieses Mal können ihnen die Nachbarländer nicht Patienten abnehmen. | |
| Seit dem vergangenen Wochenende wurde immer deutlicher, dass die bisherigen | |
| Maßnahmen der Regierung im Rahmen des „sanitären Notstands“ nicht | |
| ausreichen. Sport- und Fitnesszentren sowie Bars und Nachtklubs waren | |
| bereits geschlossen, seit dem 17. Oktober war zudem in den meisten | |
| Ballungszentren eine Ausgangssperre von 21 Uhr bis 6 Uhr in Kraft. Zuletzt | |
| mussten schon zwei Drittel der Bevölkerung in Frankreich diese | |
| Einschränkungen respektieren. Wer nach der Sperrstunde, also nach 21 Uhr, | |
| auf der Straße unterwegs ist und keine Geldstrafe von 135 Euro riskieren | |
| möchte, muss eine schriftliche Ausnahmebewilligung bei sich tragen. Diese | |
| gibt es für den Heimweg nach der Arbeit, für Personen, die sich um Kranke | |
| oder Betagte kümmern oder mit ihren Hunden Gassi gehen müssen. | |
| Nun schimpfen die einen über das klägliche Scheitern der Behörden, die | |
| anderen lästern über die undisziplinierten MitbürgerInnen, wie etwa der | |
| Epidemiologe Pascal Crépey, der „die Franzosen“ mit ihrem Verhalten für d… | |
| desolate Lage verantwortlich macht: „Man muss aufhören, die Anordnungen | |
| systematisch zu umgehen. Als die Sperrstunde kam, haben sich die Leute | |
| einfach etwas früher zu einem Glas getroffen, seitdem die Bars und Cafés | |
| schließen mussten, treffen sie sich privat, während es doch gilt, die | |
| sozialen Kontakte zu vermindern.“ | |
| Ein Rundgang am Pariser Boulevard Montparnasse zu Wochenbeginn bestätigt | |
| diesen Eindruck. Auf den mit Wärmelampen geheizten Terrassen der Cafés | |
| sitzen ohne Distanz meist junge Leute, die ohne Maske trinken und plaudern. | |
| Zur Begrüßung tätscheln und küssen sie sich – als ob nichts wäre. Wer so… | |
| es ihnen verdenken. Aber ärgerlich ist das dennoch für die anderen, die | |
| diszipliniert alle Vorsichtsmaßregeln befolgt haben. | |
| Fast niemand demonstriert in Paris wie in Mailand oder Turin, doch es gibt | |
| eine weitverbreitete Skepsis und einen schweigenden Widerstand durch | |
| Nichtbefolgung der Anordnungen. | |
| Auch die Wirte der Cafés und Restaurants, die wie andere Wirtschaftszweige | |
| bereits wegen der abendlichen Ausgangssperre um ihre Existenz bangen | |
| müssen, protestieren derzeit nicht allzu laut, solange sie von der | |
| staatlich finanzierten Kurzarbeit profitieren können. Der Lockdown aber | |
| droht für sie verhängnisvoll zu werden. Arbeitgeberpräsident Geoffroy Roux | |
| de Bézieux befürchtet den „Zusammenbruch der Wirtschaft“. Macron hält dem | |
| entgegen, es gehe um Menschenleben. Regierungssprecher Gabriel Attal | |
| erwähnte eine andere Priorität: Wenn jetzt schnell und konsequent gehandelt | |
| werde, könnten damit „die Weihnachtsfeste gerettet werden“. | |
| Aus Paris Rudolf Balmer | |
| ## In Irland nicht weiter als fünf Kilometer vom Wohnort entfernen | |
| Dann geht abends auch noch das Licht aus. Pat Murphy sucht im Dunkeln nach | |
| Streichhölzern. Um diese Jahreszeit sind Stromausfälle keine Seltenheit im | |
| ländlichen Irland. „In den Pub kann ich nicht gehen, denn der ist seit | |
| einer Woche wegen der Coronarestriktionen geschlossen“, sagt er. | |
| Murphy, ein kleiner drahtiger 59-Jähriger mit dichten schwarzen Haaren, ist | |
| Bauer in Derreen, einem Dorf im Burren an der irischen Westküste. Nebenbei | |
| ist er Hausmeister der lokalen Grundschule. Dort gab es neulich einen | |
| Coronafall, Murphy hatte sich mit dem infizierten Kind in einem Raum | |
| aufgehalten. Informiert wurde er erst zwei Tage später – von seinem Freund, | |
| dem Dorfpolizisten. „Das System der Kontaktverfolgung ist komplett | |
| zusammengebrochen“, sagt Murphy. „Vor anderthalb Wochen bat der | |
| Gesundheitsdienst mehr als 2.500 Menschen, die positiv auf das Virus | |
| getestet worden waren, ihre Kontakte selbst zu informieren. Weil es an | |
| Personal fehlt, haben sie die Arbeit einfach auf die Infizierten | |
| abgewälzt.“ | |
| Die Coronazahlen sind in Irland explodiert, sodass die Regierung am vorigen | |
| Donnerstag für sechs Wochen Restriktionen der höchsten Stufe 5 verhängte. | |
| Die Menschen müssen im Umkreis von fünf Kilometern ihres Wohnhauses | |
| bleiben, Besuche bei Freunden sind verboten, auch im Garten darf man sich | |
| nicht treffen, und nur die notwendigen Geschäfte sind offen. | |
| Aber die Schulen werden wieder öffnen, wenn die Herbstferien am Montag | |
| vorbei sind. Die Bildungsministerin Norma Foley, die in ihrem Job | |
| überfordert ist, behauptet, die Ansteckungsgefahr in Schulen sei weitaus | |
| geringer als in anderen Bereichen. „Die Zahlen, die eine Kollegin in 600 | |
| Schulen seit Ende der Sommerferien im September zusammengetragen hat, | |
| verraten etwas anderes“, sagt Ciara Lyons, die an einer Schule in einer | |
| benachteiligten Gegend in Dublin arbeitet. | |
| Viele Kinder ihrer Schule wohnen im Oliver-Bond-Komplex, der aus 16 | |
| vierstöckigen Häusern mit 397 Wohnungen aus dem Jahr 1936 besteht. Die | |
| Wohnungen sind rund 50 Quadratmeter groß. „Viel zu klein für sechsköpfige | |
| Familien“, sagt Lyons. „Es gibt zwei winzige Spielplätze, auf denen sich | |
| Ratten tummeln. Ein Park ist nicht in der zurzeit erlaubten Entfernung. Die | |
| Hälfte der erwachsenen Männer ist arbeitslos, die Familien sind auf die | |
| Schulmahlzeiten angewiesen. Kein Wunder, dass die Eltern ihre Kinder zur | |
| Schule schicken, auch wenn sie Symptome haben.“ | |
| Im März war die Begründung für den Lockdown einleuchtend. Man wollte die | |
| Kapazitäten für Tests, Kontaktverfolgung und Krankenhausversorgung erhöhen. | |
| Die Bevölkerung akzeptierte die Restriktionen. Die Maßnahmen wirkten | |
| teilweise, die Infektionszahlen sanken im Sommer, aber dann hat man die | |
| Sache schleifen lassen und die Tests und Kontaktverfolgung | |
| heruntergefahren. Einreisende an Flughäfen werden nicht getestet. Und jetzt | |
| ist man wieder am selben Punkt wie im Frühjahr. | |
| Aber diesmal ist der Unmut lauter, das Vertrauen in die Politiker ist | |
| angeschlagen. „Warum“, so fragt der Dubliner Gewerkschaftsfunktionär Conor | |
| Meehan, „darf man sich nur fünf Kilometer vom Wohnhaus entfernen, warum | |
| nicht sieben oder acht? Warum dürfen multinationale Ketten wie Tesco offen | |
| bleiben, obwohl sie neben Lebensmitteln auch Kleidung und Elektronik | |
| verkaufen, während Bekleidungsgeschäfte und Elektroläden geschlossen | |
| bleiben?“ | |
| Meehan gehört keineswegs zu Coronaleugnern, aber das Versagen der Politiker | |
| spiele denen in die Hände, glaubt er. „Die rechtsextreme National Party | |
| versucht, die Lage auszunutzen. Aber die Proteste gegen die Restriktionen | |
| halten sich noch in Grenzen.“ | |
| Irland ist eines der wenigen Länder in Europa, in denen es kein Recht auf | |
| Krankengeld gibt, sagt Meehan. Das gilt auch für die Menschen, die im | |
| Gesundheitsdienst arbeiten, denn Zehntausende sind von Agenturen | |
| angestellt. „Wer sich krank fühlt“, sagt Meehan, „schleppt sich dennoch … | |
| Arbeit und vermeidet Coronatests.“ | |
| Auch für die Bauern gibt es kein Krankengeld, Murphy muss trotz seines | |
| Kontakts mit einem infizierten Kind arbeiten: „Wer soll sich sonst um die | |
| Tiere kümmern?“ Bei Stromausfall funktioniert die Videoanlage nicht, mit | |
| denen er seine Kühe bewacht. „Es hilft nichts“, sagt er, setzt sich seine | |
| Mütze auf und geht hinaus in den Gewitterregen. | |
| Aus dem Burren, Ralf Sotschek | |
| ## In Polen werden Hausärzte zwangsrekrutiert | |
| Polens seit Jahrzehnten unterfinanziertes Gesundheitssystem droht der | |
| Kollaps. Dies musste inzwischen auch der nationalpopulistische Premier | |
| Mateusz Morawiecki von der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) zugeben. Am | |
| Mittwoch erreichte die Zahl der Corona-Neuinfizierten mit 18.820 einen | |
| neuen Rekord. Dabei fehlt es jetzt schon an freien Betten auf | |
| Intensivstationen. Ambulanzen fahren von Spital zu Spital, weil keines mehr | |
| Patienten aufnehmen kann. Seit letztem Samstag ist ganz Polen ein | |
| Corona-Hochrisikogebiet. | |
| Die Maskenpflicht gilt nun auch draußen. Restaurants und Cafés dürfen nur | |
| noch Außer-Haus-Service anbieten. Hochzeiten und Demonstrationen sind | |
| verboten. In Geschäften, öffentlichen Verkehrsmitteln und Kirchen sind die | |
| Besucherzahlen begrenzt. Hausärzte können für die Behandlung von | |
| Covid-19-Erkrankten zwangsrekrutiert werden. | |
| „Wir steuern direkt auf eine Katastrophe zu“, sagt der Immunologe Pawel | |
| Grzesiowski. Dabei sei abzusehen gewesen, dass sich im Herbst noch mehr | |
| Menschen anstecken würden. Krzysztof Simon von der Medizinischen | |
| Universität Breslau beklagt, dass die vier Sommermonate mit dem Kampf gegen | |
| LGBT und dem Streit mit der EU vertan wurden, nun aber Krankenschwestern 30 | |
| Tag-Nacht-Schichten hintereinander einlegen und Ärzte möglichst zweimal in | |
| der Woche einen 24-Stunden-Dienst übernehmen sollten. | |
| Zwar hatte das Gesundheitsministerium Kurzschulungen vorgesehen, doch die | |
| Ärzte winkten ab. Selbst ein mehrtägiger Kurs reiche nicht, um Ärzten und | |
| Pflegepersonal die für eine Intensivstation notwendigen Kenntnisse und | |
| Fähigkeiten zu vermitteln. | |
| Regierungspolitiker finden, dass nicht sie die desolate Lage zu | |
| verantworten hätten, sondern die Medien, die Opposition oder die | |
| Wissenschaftler, die falsche Prognosen gestellt hätten. | |
| Aus Warschau Gabriele Lesser | |
| ## In Italien geht das Arbeitsleben weiter | |
| 22.000 Neuinfektionen und 221 Tote binnen eines Tages: Dies waren die neuen | |
| Schreckenszahlen, die am Dienstagabend gemeldet wurden. Anders als im | |
| Frühjahr, als es vor allem einige Zonen Norditaliens wie Bergamo und | |
| Brescia traf, hat das Virus jetzt das ganze Land im Griff, anders als im | |
| März sind vorneweg die Metropolen wie Mailand, Rom, Neapel getroffen. Und | |
| in Mailand zum Beispiel stoßen die Krankenhäuser an ihre Belastungsgrenze, | |
| reihen sich auf den Fluren die Bahren der Covidkranken aneinander, stehen | |
| Dutzende Rettungswagen mit neuen Patienten Schlange vor der Tür. | |
| Die Regierung reagierte auf die dramatische Entwicklung mit gleich drei | |
| Dekreten binnen zehn Tagen. Restaurants, Bars, Kneipen müssen schon um 18 | |
| Uhr schließen, Fitnesscenter, Kinos und Theater bleiben geschlossen. Noch | |
| vermeidet Ministerpräsident Giuseppe Conte das Wort Lockdown, doch die | |
| Botschaft ist klar: Die Leute sollen in ihrer Freizeit zu Hause bleiben. | |
| Auf diese Weise soll gewährleistet werden, dass wenigstens das Arbeitsleben | |
| und der Schulbetrieb weitergehen können. Doch einen ersten Einschnitt | |
| erleben auch die Schulen. Den letzten fünf Jahrgangsstufen wurde jetzt zu | |
| mindestens 75 Prozent Fernunterricht am Computer verordnet, um den | |
| öffentlichen Nahverkehr zu entlasten. | |
| Die frühe Sperrstunde im Gastgewerbe, die Schließungen im Sport- und | |
| Kultursektor trieben in den letzten Tagen quer durchs Land Tausende in | |
| ihrer Existenz bedrohte Menschen zu Protesten auf die Straße. Rechtsextreme | |
| Grüppchen versuchen sich einzuklinken und Randale zu organisieren, doch dem | |
| Gros der Protestierenden geht es ums Überleben, und sie haben auch mit den | |
| Thesen von Coronaleugner*innen nichts am Hut. Die Regierung verabschiedete | |
| jetzt ein neues Hilfspaket von 5 Milliarden Euro; sie verspricht, die | |
| Einnahmeausfälle weitgehend aufzufangen. | |
| Aus Rom Michael Braun | |
| ## Abgeschottete Dörfer in Spanien | |
| Es ist ein Schock für die meisten. Weihnachten fällt wohl dieses Jahr aus. | |
| Seit vergangenem Wochenende ist Spanien wieder in Alarmzustand versetzt – | |
| einen zivilen Ausnahmezustand, der den Regionen unter anderem | |
| Mobilitätsbeschränkungen ermöglicht. Der Alarmzustand soll – so will es die | |
| Zentralregierung – bis Mai anhalten, falls das Parlament heute zustimmt. | |
| Auch wenn dies nicht der Fall sein sollte, bis Weihnachten wird er sicher | |
| nicht aufgehoben. | |
| Denn die Zahl der bestätigten Neuinfektionen steigt mittlerweile um über | |
| 18.000 am Tag und alle 24 Stunden sind wieder über 200 Covid-19-Tote zu | |
| beklagen. Die meisten Ansteckungen finden im alltäglichen Sozialleben | |
| statt. Vor allem auf Familienzusammenkünften und Treffen mit Freunden geht | |
| das Virus um. Zudem sind Kneipen nach wie vor geöffnet, private Feste sind | |
| trotz Verbots an der Tagesordnung. Um dem Einhalt zu gebieten, gilt seit | |
| vergangenem Wochenende in ganz Spanien eine nächtliche Ausgangssperre. | |
| An Allerheiligen, einem Feiertag, an dem die Spanier traditionell nach | |
| Hause fahren, um dort den Gräbern der Ahnen einen Besuch abzustatten, wird | |
| schon mal geprobt, was an Weihnachten Normalzustand sein könnte. Regionen | |
| wie Andalusien, das Baskenland, La Rioja oder Aragón schirmen sich ab. | |
| Niemand darf ohne triftigen Grund hinaus oder hinein. In mehreren Regionen | |
| sind einzelne Gemeinden komplett abgeschottet, in Madrid sind es einzelne | |
| Stadtteile und im Baskenland sind sogar alle Dörfer dicht. Nur wer | |
| außerhalb arbeitet, studiert oder etwa zum Arzt muss, darf seine Gemeinde | |
| verlassen. | |
| Weitere Regionen, wie etwa Castilla y León, debattieren über einen | |
| ähnlichen Schritt. Die drastischen Maßnahmen sollen die Zahl der | |
| Neuinfektionen und damit derer, die ins Krankenhaus oder gar auf die | |
| Intensivstation müssen, senken. Der Kollaps des Gesundheitssystems ist wie | |
| im April beängstigend nahe. | |
| Aus Madrid Reiner Wandler | |
| ## Nicht genug Krankenhäuser in den Niederlanden | |
| In der zweiten Coronawelle stehen die Niederlande an einem entscheidenden | |
| Punkt: Ist der Höhepunkt der Infektionszahlen erreicht oder nicht? Seit | |
| Mitte Oktober befindet sich das Land in einem Teillockdown, der unter | |
| anderem die Gastronomie stilllegt, Kontakte stark einschränkt und | |
| abendlichen Alkoholverkauf untersagt. Vier Wochen sollen die Maßnahmen | |
| gelten. Bis zum Wochenende war noch kein Effekt eingetreten: Die Zahlen | |
| stiegen mit durchschnittlich mehr als 9.000 Infektionen pro Tag weiter an. | |
| Letzte Woche gab es erstmals über 10.000 neue Ansteckungen an einem Tag. | |
| Womöglich kommt dieser Trend nun zum Stocken. Aktuell scheint sich die | |
| Entwicklung bei etwa 10.300 täglichen Neuinfektionen einzupendeln. Am | |
| Dienstag war die Zahl positiver Tests erstmals leicht rückläufig. | |
| Noch strengere Maßnahmen lehnt die Regierung deshalb ab. Einen | |
| vollständigen Lockdown nannte Premier Rutte am Dienstagabend ein | |
| „Schreckensszenario“, doch ohne eine Stabilisierung könnte dies nächste | |
| Woche noch Wirklichkeit werden. | |
| Der Druck auf das Gesundheitssystem geht aber selbst bei einer abgeflachten | |
| Infektionskurve weiter. Mehr als 1.700 Covidpatienten liegen im | |
| Krankenhaus, davon 506 auf Intensivstationen. Medizinische | |
| Fachorganisationen warnen, bei ungebremstem Kurvenverlauf seien Ende | |
| November nur noch 25 Prozent der regulären Krankenhauskapazitäten | |
| verfügbar. | |
| Mit dem Teillockdown für die Virusbekämpfung wählt die Regierung einen | |
| Mittelweg. Während laut einer Umfrage 56 Prozent der Niederländer einen | |
| völligen Lockdown begrüßen, reagierten Gastonomen empört auf die | |
| Verlängerung der jetzigen Maßnahmen. Daneben halten sich seit Monaten auch | |
| in den Niederlanden Coronaproteste, die sich teils mit rechtspopulistischen | |
| und verschwörungstheoretischen Kreisen überschneiden. | |
| Aus Amsterdam Tobias Müller | |
| 28 Oct 2020 | |
| ## AUTOREN | |
| Rudolf Balmer | |
| Ralf Sotscheck | |
| Gabriele Lesser | |
| Michael Braun | |
| Reiner Wandler | |
| Tobias Müller | |
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