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# taz.de -- Schicksal eines modernen Ehemanns: Das Corona-Frühstück
> Meine Frau und ich haben beschlossen, auf Frau Merkel zu hören und
> gemeinsam zu Hause zu bleiben. Die Probleme fingen mit dem Frühstück an.
Bild: Am besten nicht mehr bewegen: Winterschlaf ist ein effektiver Umgang mit …
Weil unsere Kinder bei der Tante übernachten, habe ich gestern zu meiner
Frau gesagt: „Eminanim, du hast gehört, was Frau Merkel gesagt hat:,Bitte
bleiben Sie, wenn immer möglich, zu Hause’. Die Kinder sind ja nicht da,
dann bleiben wir beide zu Hause und wer morgen zuerst aufwacht, der holt
Brötchen und macht das Frühstück.“
Wir haben nun bereits 11.45 Uhr und meine Frau liegt immer noch im Bett!
Ich schiele zu ihr rüber, ob sie wirklich noch schläft oder nur so tut. Ich
kann sie ja schließlich nicht wecken. Das würde bedeuten, ich wäre früher
wach als sie und müsste ihr das Frühstück machen. Bei Allah, nur weil ich
einmal den modernen Ehemann vorgetäuscht habe, braucht sie doch nicht
gleich in einen Generalstreik zu treten!
Es ist 15.29 Uhr. Eminanim liegt immer noch im Bett und schnarcht
demonstrativ. Die Lautstärke ihres Schnarchens nimmt sogar zu, und zwar
immer dann, wenn es an unserer Haustür klingelt. Gut, dass sie beim ersten
Klingeln um 11 Uhr nicht aufgestanden ist, das sehe ich noch ein. Der
Postbote kann die Mahnungen ja am Montag zustellen. Aber dass meine Frau
selbst unseren Kindern die Tür nicht öffnet, das geht zu weit. Wie kann sie
so was ihrem eigenen Fleisch und Blut antun? Wegen eines lumpigen
Frühstücks lässt sie ihre eigenen Kinder auf der Straße sitzen. Wer weiß,
was aus denen jetzt wird!
Es ist 17.43 Uhr! Ich liege schweißüberströmt im Bett und überlege, wie ich
einen Schlafwandler spielen kann, der zum Klo geht.
Es ist 20.13 Uhr! Meine Frau hat ihren Winterschlaf immer noch nicht
beendet. Mittlerweile sind wir so weit, dass wir im Schlaf miteinander
reden. „Oh, Eminanim, es ist bereits nach 20 Uhr. Wenn ich jetzt aufstehe,
brauche ich kein Frühstück mehr zu machen.“ Meine Frau antwortet, während
sie gleichzeitig laut schnarcht: „Das macht nichts, Osman, ich wäre auch
mit einem Abendessen einverstanden.“ Ich antworte, während mir gleichzeitig
mein Magen knurrt: „Da kannst du lange warten! Ich werde wohl kaum vor
morgen früh aufstehen!“ „Das trifft sich gut. Wir hatten ja auch
Frühstücken abgemacht.“
Nach elf Tagen wird auf Veranlassung unserer Kinder die Wohnung gestürmt.
Gewaltsam verschaffen sich ein Sondereinsatzkommando der Polizei, das
Müttergenesungswerk und der Kinderschutzbund Einlass in unser Schlafzimmer.
Mit aller Macht versuchen Sanitäter, zwei Halbverhungerte aus dem Bett zu
zerren. Während die Ärzte uns intravenös zwangsernähren, ruft meine Frau
mir zu: „Du hast verloren, Osman! Die Polizisten haben dich zuerst aus dem
Bett gezogen. Geh’ sofort Brötchen holen und mach das Frühstück!“ „Nei…
das mache ich nicht! Frau Merkel hat gesagt:,Bitte bleiben Sie, wenn immer
möglich, zu Hause’!“
31 Oct 2020
## AUTOREN
Osman Engin
## TAGS
Kolumne Alles getürkt
Zusammenleben
Gleichberechtigung
Ehe und Familie
Schwerpunkt Coronavirus
EU-Mitgliedstaaten
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