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# taz.de -- Kosten der Pandemie: Corona wird teuer
> Der Bund hat schon über 250 Milliarden Euro an Coronakrediten eingeplant.
> Doch die Schulden werden weiter steigen.
Bild: Kommt der Lockdown? Frankfurter Skyline am Main
Berlin taz | Die Börsianer reagierten sofort. Der deutsche Aktienindex DAX
sank am Donnerstag um 2,7 Prozent, denn die Anleger fürchten steigende
Coronazahlen und einen zweiten Lockdown. Die Frage ist also: Wie wird sich
die Wirtschaft entwickeln? Und welche Hilfsmaßnahmen kann sich die
Bundesregierung leisten?
Zunächst einmal: Es würde nichts bringen, auf einen Lockdown zu verzichten,
falls die Pandemie nicht unter Kontrolle zu bringen ist. Dies zeigen
internationale Vergleiche – [1][zum Beispiel mit Schweden]. Dort gab es im
Frühjahr keinen Lockdown; Schulen, Geschäfte und Restaurants blieben
geöffnet. Die Regierung hoffte darauf, dass ihre Bürger freiwillig
vernünftig wären.
Das Ergebnis war erschütternd: Pro Einwohner starben in Schweden 5 mal so
viele Menschen wie in Deutschland. Zugleich zeigte sich, dass die
Wirtschaft auch einbricht, wenn man auf einen Lockdown verzichtet. Im
zweiten Quartal schrumpfte die schwedische Wirtschaft um 8,3 Prozent – in
Deutschland waren es 10,1 Prozent. Für die Schweden hat es sich nicht
gelohnt, so viele Menschen zu opfern. Daher wird nun auch in Schweden
diskutiert, ob man die Maßnahmen nicht verschärfen sollte.
Schon bisher war Corona teuer – und die Folgen der ersten Welle sind
keineswegs vorüber. Im September waren in Bayern immer noch 14 Prozent der
sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten von Kurzarbeit betroffen, wie
das Ifo-Institut jetzt erhoben hat. In Baden-Württemberg waren es 13
Prozent, und bundesweit lag der Durchschnitt bei 11 Prozent.
## Weitere Kredite sind nicht das Problem
Die Coronakosten dürften sich allein in diesem Jahr auf knapp 300
Milliarden Euro summieren. Der Bundestag hat für 2020 eine Neuverschuldung
von mehr als 250 Milliarden Euro beschlossen; hinzu kommen Programme der
Länder, der Kommunen und der Bundesarbeitsagentur. Kanzlerin Merkel warnte
daher: Man könne sich „auch ökonomisch eine zweite Welle mit den Folgen,
wie es sie im Frühjahr gab, nicht leisten“.
Merkel erweckte damit den Eindruck, als wären die Mittel des Staates
irgendwie begrenzt. Doch dies ist nicht ganz richtig. Der Bund kann mühelos
weitere Kredite aufnehmen, denn gefährlich werden Staatsschulden nur, wenn
sie die Inflation anheizen. Doch derzeit fallen die Preise. Die
Inflationsrate lag im September bei minus 0,3 Prozent in der Eurozone und
bei minus 0,2 Prozent in Deutschland.
Der ehemalige Wirtschaftsweise Peter Bofinger sieht eine mögliche
Neuverschuldung jedenfalls gelassen: „Ich denke mal, die Welt würde nicht
untergehen“, sagte er im Deutschlandfunk. „Aber natürlich wäre es besser,
wenn man an diesem Lockdown vorbeikäme.“
Besonders [2][bewährt hat sich das Kurzarbeitergeld], denn es senkt die
Kosten der Unternehmen und schützt gleichzeitig die Beschäftigten. Wer
länger als sechs Monate reduziert arbeitet, erhält 80 Prozent seines
Nettolohns. Bei Eltern mit Kindern sind es sogar 87 Prozent.
## Endlich Hilfen für Kneipiers und Musiker
Ein Problem war bisher, dass die Solo-Selbstständigen kaum abgesichert
wurden und im Notfall Hartz IV beantragen sollten. Dies traf Besitzer von
Bars und Gaststätten, aber auch Musiker oder Veranstaltungstechniker. Laut
Medienberichten denkt CDU-Wirtschaftsminister Altmaier nun über einen
staatlichen „Unternehmerlohn“ nach.
Kaum geholfen hat die Senkung der Mehrwertsteuer. Diese wurde für ein
halbes Jahr von 19 auf 16 Prozent reduziert, bei Nahrungsmitteln fiel der
Satz von 7 auf 5 Prozent. Diese Maßnahme war mit 20 Milliarden Euro sehr
teuer, hatte aber kaum spürbare Effekte.
16 Oct 2020
## LINKS
[1] /Corona-in-Schweden/!5697793
[2] /GroKo-verlaengert-Kurzarbeitergeld/!5704445
## AUTOREN
Ulrike Herrmann
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