# taz.de -- Hamburger Haushaltsentwurf: Mal richtig Miese machen | |
> Der Senat legt einen „Corona-Doppelhaushalt“ vor: Trotz Einnahmeflaute | |
> sind Rekordausgaben geplant. Milliarden-Kredite sollen aufgenommen | |
> werden. | |
Bild: Trotz Rekorddefizit gibt es in Hamburg Geld für neue Fahrradwege | |
HAMBURG taz | „Wir werden nicht in die Krise hineinsparen“, sagt | |
Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) und gibt damit den Kurs vor, trotz | |
[1][„dramatischer Steuereinbrüche“] bei den Ausgaben der Stadt noch eine | |
Schippe draufzulegen. „Krise bewältigen, Wirtschaft stabilisieren, | |
Regierungsprogramm umsetzen“, lauten die Eckpfeiler der | |
Haushaltsphilosophie von Finanzsenator Andreas Dressel (SPD). | |
So plant der Hamburger Senat in seinem am Mittwoch vorgelegten | |
Haushaltsplanentwurf für die beiden kommenden Jahre mit Rekordausgaben von | |
knapp 18,1 (2021) und 17,6 Milliarden Euro. Zum Vergleich: 2020 gibt | |
Hamburg trotz der Corona-Konjunkturprogramme nur rund 17,3 Milliarden Euro | |
aus. | |
Das führt dazu, dass von Sparprogrammen keine Rede ist. Alles was geplant | |
war, wird finanziert. Für den Ausbau der Radwege gibt es pro Jahr sogar | |
noch einmal 40 Millionen Euro obendrauf. Vor allem die Investitionen – etwa | |
in den Schul- oder Straßenbau, die energetische Gebäudesanierung und das | |
Gesundheitssystem – sollen steigen, um die marode Wirtschaft anzukurbeln. | |
Mit insgesamt rund fünf Milliarden Euro Steuerausfall von 2020 bis 2024 | |
rechnet der Senat – Geld, das er sich auf dem Kapitalmarkt leiht. Drei | |
Milliarden Euro sogenannter Notstandskredite nimmt Hamburg bis 2021 auf, | |
dazu kommen noch milliardenschwere „Konjunkturkredite“. Insgesamt plant der | |
Senat für 2021 und 2022 eine Kreditaufnahme von 4,11 Milliarden Euro. | |
Die Schuldenbremse sieht solche Kredite in Krisenzeiten ausdrücklich vor, | |
doch spätestens ab 2025 müssen diese über rund 20 Jahre zurückgezahlt | |
werden. Die Tilgung der Altschulden, mit der Hamburg zuletzt begonnen | |
hatte, wird solange ausgesetzt. | |
Das Problem: Ist die Konjunktur nicht bis 2025 wieder vollständig | |
angesprungen und der Steuererlös mindestens wieder auf Vor-Corona-Stand, | |
sind Sparprogramme und Ausgabenkürzungen unerlässlich. Der rot-grüne Senat | |
rechnet [2][frühestens für 2023] mit einer Erholung der besonders | |
betroffenen Bereiche Luft- und Schifffahrt, Tourismus, Kultur, Sport und | |
Gastronomie – also dann, wenn Hamburg keine Kredite mehr aufnehmen kann und | |
es im Haushalt allmählich eng wird. | |
Ob aber etwa die Fertigungszahlen bei Airbus und die Abfertigungen am | |
Airport je wieder den Stand von 2019 erreichen, ist fraglich. Die | |
Auswirkungen der Pandemie seien „stärker und längerfristiger“ als bislang | |
angenommen, beklagt Finanzsenator Dressel. | |
Der CDU geht die Schuldenaufnahme zu weit, sie fordert Sparmaßnahmen und | |
eine Verwendung von Coronakrediten nur für Maßnahmen, die unmittelbar mit | |
den Pandemie-Folgen zu tun haben. „Offenbar sollen zahlreiche | |
längerfristige Projekte und Ausgabewünsche mit den Notkrediten finanziert | |
werden, deren Einsatz ausschließlich für Corona-Mehrbedarfe zulässig ist“, | |
mäkelt der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Thilo Kleibauer am | |
Haushaltsplanentwurf herum. | |
Der Chef des Bundes der Steuerzahler Hamburg, [3][Lorenz Palte, fordert | |
ebenfalls weniger Ausgaben]: „Bürgermeister Tschentscher sollte sich damit | |
auseinandersetzen, wo in den nächsten Jahren Einsparungen möglich sind.“ | |
Die Linke hingegen würde gern noch mehr Kohle raushauen. „Die | |
Rettungsmaßnahmen für Kleinunternehmen, Soloselbständige und die | |
Gastronomie sind weiterhin unzureichend und auch bei den Investitionen des | |
Klimaplans zeigt der Senat wenig Mut“, kritisiert deren Haushaltsexperte | |
David Stoop. | |
Wegen Corona ist Hamburg mit seinem Doppelhaushalt spät dran. Der jetzt | |
beschlossene Rahmen muss noch konkretisiert und in eine Drucksache gegossen | |
werden, bevor er Ende des Jahres der Bürgerschaft vorgelegt wird. Die soll | |
sich im Januar erstmals mit dem Doppelhaushalt befassen und nach den | |
üblichen Haushaltsberatungen im Juni beschließen. | |
In den fünf haushaltslosen Monaten muss die Bürgerschaft den Senat zu einer | |
„vorläufigen Haushaltsführung“ ermächtigen, damit dieser Geld ausgeben | |
darf. Angesichts der großen rot-grünen Mehrheit im Parlament dürfte das | |
aber kein Problem sein. | |
22 Oct 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Steuerausfaelle-in-Hamburg/!5709823/ | |
[2] https://www.welt.de/regionales/hamburg/article215468530/Steuerschaetzung-Dr… | |
[3] https://www.verbaende.com/news.php/Lorenz-Palte-Der-Senat-muss-die-Haushalt… | |
## AUTOREN | |
Marco Carini | |
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