# taz.de -- Olaf Scholz präsentiert Steuerschätzung: 20 Milliarden Euro wenig… | |
> Die Coronakrise wird teurer als gedacht für den Fiskus. Die | |
> Steuereinnahmen werden wohl um 20 Milliarden Euro niedriger sein als noch | |
> im Mai erwartet. | |
Bild: Geschlossenes Geschäft während des Lockdowns im Frühjahr in Frankfurt | |
BERLIN dpa | Die Erholung nach der Corona-Krise kommt zögerlicher als | |
gedacht. Bund, Länder und Kommunen müssen im kommenden Jahr wohl noch | |
einmal mit 19,6 Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen auskommen, als im | |
Mai erwartet. Die Steuerschätzer rechnen damit, dass erst 2022 das | |
Vorkrisenniveau wieder erreicht ist, wie das Finanzministerium am | |
Donnerstag in Berlin bekanntgab. | |
Die Steuerschätzung ist eine wichtige Grundlage für den Bundeshaushalt für | |
das kommende Jahr, den [1][Finanzminister Olaf Scholz] (SPD) am 23. | |
September dem Kabinett vorlegen will. Der Vizekanzler geht davon aus, dass | |
[2][auch 2021 noch einmal neue Schulden nötig sind]. | |
Scholz rechnet auch langfristig mit negativen Auswirkungen der Corona-Krise | |
auf die Staatseinnahmen. „Es bleibt eine Herausforderung, die nicht klein | |
ist“, sagte Scholz am Donnerstag in Berlin. Die Wachstumsdelle werde sich | |
sehr lange im Steueraufkommen niederschlagen. Bereits im kommenden Jahr sei | |
die Erfüllung der anliegenden Aufgaben nicht ohne erhebliche Kreditaufnahme | |
möglich. „Das ist nicht schlimm, das ist einfach Keynesianismus“, sagte | |
Scholz aber. Damit ist die Vorstellung gemeint, dass der Staat in | |
Krisenzeiten mehr Geld ausgeben sollte, um die Wirtschaft anzukurbeln. | |
Dass die Corona-Krise mit milliardenschweren Hilfspaketen in diesem Jahr | |
riesige Löcher in die Staatskassen reißen würde, war bereits klar. Im | |
ersten Halbjahr gaben Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen | |
vorläufigen Daten des Statistischen Bundesamtes zufolge 51,6 Milliarden | |
Euro mehr aus, als sie einnahmen. | |
## Wirtschaftliche Erholung braucht länger als gedacht | |
Zugleich sinken erstmals seit der Finanzkrise 2009 die Steuereinnahmen. | |
Inzwischen gehen die Schätzer davon aus, dass 2020 rund 81,6 Milliarden | |
Euro weniger Steuern reinkommen werden als im vergangenen Jahr – ein Minus | |
von mehr als zehn Prozent. Damit bestätigen sie in etwa ihre Prognose vom | |
Mai, als sie mit einem Minus von 81,5 Milliarden rechneten. | |
Zur Finanzierung der Hilfspakete – etwa Mehrwertsteuersenkung, | |
Familienbonus und Unterstützung für stark getroffene Unternehmen – will der | |
Bund in diesem Jahr bis zu 217,8 Milliarden Euro neue Schulden aufnehmen. | |
Das ist fast fünfmal so viel wie im bisherigen Rekordschuldenjahr 2010 in | |
der Finanzkrise. Der Großteil der Kredite ab 2023 muss innerhalb von 20 | |
Jahren wieder getilgt werden. | |
Eine wesentliche Grundlage für die Steuerschätzung ist die | |
Konjunkturprognose der Bundesregierung. Sie geht weiterhin davon aus, dass | |
Deutschland in der schwersten Rezession der Nachkriegsgeschichte steckt. Es | |
deutet sich zwar an, dass es wirtschaftlich wieder aufwärts geht – aber | |
auch, dass die Erholung länger dauern könnte, als man zunächst dachte. Die | |
Wirtschaftsleistung dürfte in diesem Jahr um 5,8 Prozent abstürzen. Das | |
lässt nicht nur Gewerbe- und Umsatzsteuer einbrechen, sondern wegen der | |
drastischen Kurzarbeit auch die Einkommensteuer. | |
Für 2021 erwartet Wirtschaftsminister Peter Altmaier inzwischen nur noch | |
ein Wachstum von 4,4 Prozent – statt der bisherigen 5,2 Prozent. Als einen | |
Grund nannte er die schwierige Lage der Weltwirtschaft, auch angesichts der | |
hohen Infektionszahlen etwa in den USA. | |
Der Arbeitskreis Steuerschätzung kommt eigentlich zweimal im Jahr zusammen, | |
im Frühjahr und Herbst. Weil die Auswirkungen der Corona-Pandemie im | |
Frühjahr allerdings noch schlecht abzuschätzen waren, wurde eine | |
außerordentliche Sitzung eingeschoben. Im Schätzer-Gremium sitzen Experten | |
der Bundesregierung, der fünf führenden Wirtschaftsforschungsinstitute, des | |
Statistischen Bundesamts, der Bundesbank, des Sachverständigenrats zur | |
Begutachtung der Wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland, Vertreter der | |
Länderfinanzministerien sowie der Kommunen. Sie gehen die erwarteten | |
Einnahmen bei allen Steuerarten durch und rechnen diese dann zusammen. | |
10 Sep 2020 | |
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