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# taz.de -- Steuerschätzung wird vorgestellt: Die Schulden werden weiter steig…
> Die Steuerschätzung, die am Donnerstag veröffentlicht wird, könnte ein
> düsteres Bild zeichnen. Auch für 2021 bleibt die schwarze Null
> unrealistisch.
Bild: Leeres Ladengeschäft am Berliner Ku'damm während des Lockdowns im April
Berlin taz | Die Schulden in den öffentlichen Haushalten steigen vorläufig
wohl weiter. Die schwarze Null – ein ausgeglichener Bundeshaushalt – „kann
in einem überschaubaren Zeitraum nicht mehr erreicht werden“, sagte Werner
Gatzer kürzlich. Die Einschätzung des Staatssekretärs von
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) passt zur neuen Steuerschätzung, die
am Donnerstag veröffentlicht wird. Möglicherweise muss die Bundesregierung
dieses Jahr nochmals mit einigen Milliarden Euro weniger auskommen.
Erste Berechnungen des Finanzministeriums deuten daraufhin, dass die
Steuereinnahmen 2020 um etwa 10 Milliarden Euro unter der Schätzung vom
vergangenen Mai bleiben könnten. Damals hatte der Arbeitskreis
Steuerschätzung bereits einen Rückgang der Einnahmen des Bundes um 44
Milliarden Euro prognostiziert.
Der Einbruch ist das Ergebnis der [1][Coronakrise]: Kontaktbeschränkungen,
Geschäftsschließungen, Kurzarbeit und Schrumpfung der Wirtschaft um etwa
5,8 Prozent in diesem Jahr. Die Unternehmen zahlen weniger Gewinnsteuer,
die Beschäftigten weniger Lohn- und Einkommensteuer. Wie sich die
coronabedingte Wirtschaftskrise genau auf die Staatsfinanzen auswirkt, ist
augenblicklich jedoch schwer zu ermitteln.
Der weitere Rückgang der Steuereinnahmen könnte sich in den kommenden
Jahren fortsetzen. Aber nicht nur die [2][Folgen der Coronakrise] sind
dafür verantwortlich, sondern auch frühere Beschlüsse der Koalition. So
haben Union und SPD die Steuerbelastung leicht gesenkt, um die sogenannte
kalte Progression auszugleichen. Außerdem steigt 2021 beispielsweise der
steuerliche Kinderfreibetrag.
## Auch die Kassen brauchen extra Geld
Neben geringeren Einnahmen machen sich im Bundeshaushalt nächstes Jahr auch
teilweise höhere Ausgaben bemerkbar. Wegen der gestiegenen Arbeitslosigkeit
und verminderten Arbeitszeiten gehen den gesetzlichen Krankenkassen
Sozialbeiträge verloren. Sie haben bereits einen Zuschussbedarf aus dem
Bundeshaushalt von rund 17 Milliarden Euro angemeldet. Auch die
Bundesagentur für Arbeit dürfte eine Finanzspritze brauchen.
Positiv wirkt der bescheidenen Finanzlage die Erholung der Wirtschaft
entgegen. Nach Einschätzung von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier
(CDU) verläuft sie in Form des Buchstaben V – soll heißen: scharfer
Rückgang, aber auch schnelle Erholung. Nächstes Jahr könnte das Wachstum um
die 4 Prozent betragen. Voraussetzung: Harte Kontaktbeschränkungen wie
dieses Jahr werden nicht mehr eingeführt.
Trotzdem, so Scholz und Gatzer, muss zumindest der Bund auch 2021 mit
zusätzlichen Schulden rechnen. Er wird seine Ausgaben nicht aus den
Einnahmen decken können wie in den vergangenen Jahren. Es geht wohl kein
Weg daran vorbei, die Schuldenbremse nach 2020 auch für 2021 außer Kraft zu
setzen.
Dieses Jahr plant Scholz mit einem schuldenfinanzierten Defizit von rund
200 Milliarden Euro. Wenn es gut läuft, sinkt diese Summe bis Jahresende
auf 150 Milliarden. Nächstes Jahr könnten dann zusätzliche Kredite von etwa
80 Milliarden Euro nötig werden. Den Haushalt für 2021 und die
mittelfristige Finanzplanung beschließt das Bundeskabinett voraussichtlich
in zwei Wochen.
Steuererhöhungen oder wesentliche Sparmaßnahmen will die Koalition den
Bürger:innen im Jahr der Bundestagswahl wahrscheinlich nicht zumuten. So
wird der gesamte Schuldenstand einstweilen weiter steigen – bis er durch
den erwarteten Aufschwung von selbst wieder abnimmt.
10 Sep 2020
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## AUTOREN
Hannes Koch
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