# taz.de -- Rot-Rot-Grün in Berlin streitet weiter: SPD sieht bei Klimapaket r… | |
> SPD-Fraktionschef Saleh attackiert eine Woche nach dem gescheitertem | |
> Senatsbeschluss offen die Grünen und das Klimapapier ihrer Senatorin | |
> Günther. | |
Bild: Kritisierte vor Journalisten offen die Grünen und Klimasenatorin Günthe… | |
Statt sich zu entspannen, verschärft sich der Streit über das Klimapaket | |
des rot-rot-grünen Senats. Eine Woche nach der von der SPD gestoppten | |
Abstimmung über das von Verkehrs- und Klimasenatorin Regine Günther (Grüne) | |
vorbereitete Papier wähnte man die Koalition eigentlich auf der Suche nach | |
einem Kompromiss. Doch stattdessen präsentierten die führenden Köpfe der | |
SPD-Fraktion am Donnerstag öffentlich ihre Kritikpunkte und machten klar: | |
Einen Beschluss soll es nur geben, wenn das Papier die Forderungen nach | |
U-Bahn-Verlängerung und einem 365-Euro-Ticket aufnimmt, die City-Maut und | |
vervielfachte Parkgebühren hingegen streicht. | |
„Ich rechne damit, dass wir in wenigen Wochen zu einer Beschlussfassung | |
kommen“, hatte Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) am vergangenen Dienstag | |
in der Pressekonferenz nach der Senatssitzung zu beruhigen versucht. Zuvor | |
hatte seine Partei im Senat das vor mehreren Monaten schon mal | |
aufgeschobene Günther'sche Klimapaket erneut gestoppt. | |
Es enthält zahlreiche Vorgaben zum Auto- und sonstigen Verkehr, zu | |
Parkgebühren und Bauen. Die Grünen empfanden das als Brüskierung, weil | |
zuvor alle Senatsverwaltungen inklusive der SPD-geführten die Vorlage | |
abgezeichnet hatten. | |
Am Donnerstag luden am Rande der Plenarsitzung im Abgeordnetenhaus | |
SPD-Fraktionschef Raed Saleh und sein parlamentarischer Geschäftsführer | |
Torsten Schneider Journalisten zu einem Gespräch, das sich zu einer | |
brachialen Kritik an dem Papier entwickelte. Über den Widerstand der | |
Fraktion dürfe man sich nicht wundern, so Schneider. Schließlich sei dort | |
das Gefühl entstanden, dass ein Grünen-Parteitagsbeschluss ohne Beteiligung | |
der SPD-Fraktion, die dazu im Januar Beschlüsse fasste, in den Senat | |
gekommen war. | |
## SPD ist gegen „Bezahlschranken“ | |
Der SPD-Politiker regte sich vor allem über die Kosten auf, die durch eine | |
City-Maut – angeblich 8 Euro pro Tag – und vervielfachte Parkgebühren für | |
Berufspendler entstünden, die aufs Auto angewiesen seien. 4.000 Euro kämen | |
da jährlich zusammen, will Schneider errechnet haben. Für ihn karikiert das | |
die Anstrengungen der SPD, über die jüngst im Senat beschlossene | |
Berlin-Prämie von rund 1.800 Euro mehr Geld in die Portemonnaies der | |
Landesbeschäftigten zu bringen. | |
Die von Günther und den Grünen vorgesehene Maut und eine Zwangsabgabe für | |
den öffentlichen Personen-Nahverkehr (ÖPNV) nannte Fraktionschef Saleh | |
„Bezahlschranken“, die mit der SPD nicht zu machen seien. „Das lehnen wir | |
schon wegen der sozialen Unausgeglichenheit ab“, sagte Saleh, „für uns ist | |
Mobilität kein Reichenrecht.“ In seiner Wortwahl erinnerte Saleh dabei an | |
eigene Äußerungen aus dem Jahr 2016. Da hatte er sich bei den ersten | |
Sondierungsgesprächen kritisch über aus seiner Sicht eher elitäre Grüne | |
geäußert, die nur die Innenstadt im Blick hätten – in den Außenbezirken | |
könnten sich viele eben keinen Latte macchiato für 3,75 Euro leisten, waren | |
seine Worte. | |
Saleh und Schneider hielten auch an einem auf 365 Euro verbilligten | |
Jahresticket für Bus und Bahn fest, das Regierungschef Michael Müller | |
vorgeschlagen hat. Mit den Mehrkosten von mehreren 100 Millionen Euro hätte | |
Schneider kein Problem: „Der Haushalt kann sich das leisten.“ Die | |
SPD-Politiker betonten, man wolle ja eine Mobilitätswende, aber es dürfe | |
nicht vom Portemonnaie abhängen, ob man sich die leisten könne. In einem | |
späteren Schritt sei die Fraktion offen, „über sozial ausgewogene | |
Sanktionsformen zu diskutieren“. Aktuell aber nicht: „Die bisherigen | |
Vorschläge der Grünen würden eine neue urbane Ungleichheit schaffen, die es | |
mit der SPD-Fraktion nicht geben wird.“ | |
17 Sep 2020 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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