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# taz.de -- Streit um Autoverkehr in Berlin: Brücken bauen zwischen Rot und Gr…
> Die Verkehrspolitik wird zum Wahlkampfthema werden. Die SPD will sich
> dabei als Freund der kleinen Autofahrer präsentieren. Nur in Mitte nicht.
Bild: Wie soll sie künftig aussehen? Die Mühlendammbrücke, hier noch ganz im…
Berlin taz | Berlins SPD hatte es zuletzt vor allem auf Umwelt- und
Verkehrssenatorin Regine Günther abgesehen. Die GenossInnen ließen die
grüne Senatorin mit ihrem Klimapaket im Senat öffentlichkeitswirksam
auflaufen – wohlweislich ignorierend, dass zuvor alle
SPD-Senatsverwaltungen bereits ihre Zustimmung gegeben hatten.
Kurz darauf legte [1][die SPD-Fraktion mit der Kritik] nach, Günther habe
wesentliche klimapolitische Anliegen der Sozialdemokraten schlicht
ignoriert. Die Botschaft dahinter: Die BerlinerInnen müssten für die
Klimapolitik der Grünen zu viel bezahlen, etwa fürs Parken ihrer Autos oder
für Bus, Bahn und Tram – mit der altehrwürdigen SPD sei das nicht zu
machen. Im Wahlkampf 2021 dürfte man diesen Spin noch öfters hören.
Im Bezirk Mitte klingt der jedoch ganz anders. Hier kritisiert ein
SPD-Stadtrat die Verkehrssenatorin scharf, weil sie seiner Meinung nach
eine zu autofreundliche Politik macht.
Hintergrund ist der notwendige Abriss und Neubau der Mühlendammbrücke, der
Hauptverbindung zwischen Alexander- und Potsdamer Platz. Die Brücke über
die Spree, ein Bau aus DDR-Zeiten, ist so marode wie die bereits im Rückbau
befindliche Elsenbrücke flussaufwärts. In Kürze – wann genau, weiß die
dafür zuständige Senatsbauverwaltung auch noch nicht – wird der Wettbewerb
für den Entwurf ausgelobt.
## Streit um eine Brücke
Das alarmierte Stadtrat Ephraim Gothe, in Mitte unter anderem für
Stadtentwickung zuständig. Denn die Planungen der Verkehrssenatorin gehen
von 60.000 Kraftfahrzeugen pro Werktag aus, die die Brücke nutzen, wie ihr
Sprecher Jan Thomsen bestätigt. Das sind zwar weniger als die derzeit rund
72.000, aber immer noch doppelt so viele, wie Gothe künftig auf der Brücke
sehen möchte. „Der Bezirk fordert eine Dimensionierung auf 35.000
Kraftfahrzeuge“, teilt der Stadtrat mit. Zudem solle der Raum auf der neuen
Brücke je zu einem Viertel auf Fuß-, Rad, Kfz- und einen zukünftigen
Tramverkehr verteilt werden.
Mehrfach hat Gothe an den zuständigen Staatssekretär der Verkehrsverwaltung
appelliert. Ohne Erfolg. Die Vorgaben des Wettbewerbs müssten jetzt noch
rasch verändert werden, fordert Mittes Stadtrat; selbst die damalige
SPD-CDU-Koalition habe 2011 in ihrem Stadtentwicklungsplan Verkehr
lediglich mit 40.000 bis 50.000 Kraftfahrzeugen geplant.
## Den Anschluss verloren?
„Mein Vorbild ist Anne Hidalgo, die Bürgermeisterin von Paris. Sie baut den
Verkehr in Paris radikal um, pflanzt Straßenbäume, wo gestern noch Autos
fuhren“, betont Gothe. Berlin hingegen habe „in Sachen Klimaanpassung den
Anschluss an Städte wie Barcelona, Stockholm, Amsterdam und Paris
verloren“. Das klingt ganz anders als die jüngsten AutofahrerInnen
huldigenden Töne aus der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus.
Der Sprecher der Verkehrssenatorin weist die Kritik dennoch zurück. Die
künftige Brücke müsse den aktuellen Anforderungen aller Verkehrsarten auf
und unter der Brücke gerecht werden, darin sei man sich mit der
Bauverwaltung einig, sagt Jan Thomsen.
Die Betonung liegt dabei auf „aktuell“: 2011 sei der Senat noch von einer
stagnierenden Bevölkerungszahl bis 2030 ausgegangen. „Die alten Pläne für
eine Verkehrsreduktion in Mitte beruhen auf längst überholten
Bevölkerungsprognosen und auf der Idee von vor zehn Jahren, die A100 mit
dem 17. Bauabschnitt durch Friedrichshain-Kreuzberg und später durch Pankow
zu bauen“, sagt Thomsen. „Das ist nicht unser Ansatz.“
Auf der künftigen Brücke werde ein Mittelstreifen für eine Tramtrasse
freigehalten. „Damit steht dem Umweltverbund aus ÖPNV, Rad- und Fußverkehr
der weitaus größte Teil des künftigen Brückenquerschnitts zur Verfügung.“
Die Lehre aus dem Disput: Für allzu platten Wahlkampf eignen sich selbst
vermeintlich plakative Autothemen nicht.
22 Sep 2020
## LINKS
[1] /Rot-Rot-Gruen-in-Berlin-streitet-weiter/!5709978
## AUTOREN
Bert Schulz
## TAGS
Regine Günther
Schwerpunkt Rot-Rot-Grün in Berlin
Berlin
Verkehrspolitik
Verkehrswende
Berlin-Mitte
Regine Günther
Raed Saleh
Wochenkommentar
Illegale Autorennen
Friedrichstraße
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