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# taz.de -- VBB beschließt neue Tarife: Ärger am Automaten
> Die Verkehrsverwaltung hat eine moderate Erhöhung der Ticketpreise
> durchgesetzt. Nur in der Koalition war das nicht abgestimmt. Ein
> Wochenkommentar.
Bild: Preisfrage: Vielleicht doch besser abonnieren?
Der Wahlkampf hat in der rot-rot-grünen Koalition längst begonnen, auch bei
der Verkehrspolitik. Der aktuelle Zankapfel heißt ÖPNV-Finanzierung: Erst
vor drei Wochen hatte die SPD das Klimapaket der grünen Umwelt- und
Verkehrssenatorin Regine Günther platzen lassen, mit einer nachgeschobenen
und ziemlich vernichtenden [1][Kritik an Citymaut und massiv erhöhten
Parkgebühren]. Wobei Erstere gar nicht beschlossene Sache ist, sondern nur
als Möglichkeit gehandelt wird, um frisches Geld für den Ausbau des
Nahverkehrs zu beschaffen.
Ins Paket packen wollen die Sozialdemokraten stattdessen die vom
Regierenden Bürgermeister Michael Müller ins Spiel gebrachte Idee eines
365-Euro-Tickets – das den Finanzbedarf allerdings erst recht nach oben
treiben würde.
In dieser Woche war es dann die am Mittwoch im Verkehrsverbund
Berlin-Brandenburg (VBB) beschlossene Tarifanpassung – sprich:
Preiserhöhung – für Busse und Bahnen, die zuerst den Linken sauer aufstieß.
Deren verkehrspolitischer Fraktionssprecher Kristian Ronneburg teilte mit,
er halte die „Tariferhöhung im VBB für falsch. Sie wird unter den
Bedingungen der anhaltenden Coronapandemie vor allem diejenigen Menschen
zusätzlich belasten, die in sogenannten systemrelevanten Berufen tagtäglich
auf den ÖPNV angewiesen sind.“ Vor allem aber erschwere sie „den von uns im
Zuge der notwendigen Verkehrswende angestrebten Umstieg der Menschen vom
Auto auf Busse und Bahnen“.
Bei genauem Hinsehen entpuppen sich die vermeintlichen Zumutungen als recht
harmlos – zumal es nach Nullrunden 2018 und 2019 schon im laufenden Jahr
nur behutsame Erhöhungen gegeben hatte, von denen AbokundInnen zudem
verschont blieben.
[2][Auch diesmal trifft es eigentlich nur GelegenheitsnutzerInnen.] Die
Zeitkarten-Abos bleiben stabil, mit Ausnahme des rabattierten Abos „65+“,
das 624 statt 612 Euro im Jahr kosten wird. Die Umweltkarte (Monatskarte
AB) steigt im Einzelverkauf von 84 auf 86 Euro, der Einzelfahrschein AB von
2,90 auf 3 Euro und die Tageskarte von 8,60 auf 8,80 Euro. Wobei sich der
Nutzwert Letzterer deutlich erhöht: Sie verliert ihre Gültigkeit nicht mehr
am Folgetag um 3 Uhr morgens, sondern erst nach 24 Stunden. Keine allzu
großen Zumutungen eigentlich, zumal der Tarifabschluss des Fahrpersonals
vom vergangenen Jahr und die Coronkrise den Verkehrsunternehmen Löcher ins
Budget reißen.
Dass die Koalitionspartnerinnen verschnupft sind, hat sich die grüne
Verwaltung auch selbst eingebrockt. Tino Schopf, verkehrspolitischer
Sprecher der SPD-Fraktion, findet die Anpassung in weiten Teilen gar nicht
falsch, ärgert sich aber trotzdem: über das verteuerte Abo für 65+ und die
erratische Kommunikation der Verkehrsverwaltung. „Eigentlich war
vereinbart, dass der Preis aller Abos stabil bleibt“, so Schopf. „Und dass
wir den Beschluss aus der Presse erfahren mussten, ist ein Unding.“
Immerhin sei Berlins Verkehrsstaatssekretär Ingmar Streese gleichzeitig
stellvertretender Chef des VBB-Aufsichtsrats.
Es wird in Sachen ÖPNV-Finanzierung noch einige koalitionsinterne
Scharmützel geben, so viel ist sicher. Entzerren könnte die Debatte dabei
die Veröffentlichung der [3][Machbarkeitsstudie zur erweiterten
ÖPNV-Finanzierung] – die liegt eigentlich schon seit Monaten vor, wurde
aber immer noch nicht veröffentlicht. Das sei nun „in Kürze“ der Fall.
Bleibt abzuwarten, wie die Verkehrsverwaltung diesmal „in Kürze“ definiert.
2 Oct 2020
## LINKS
[1] /Rot-Rot-Gruen-in-Berlin-streitet-weiter/!5709978&s=klimapaket/
[2] https://www.vbb.de/search/press/der-vbb-erhoeht-ab-2021-die-preise-fuer-ein…
[3] /Debatte-um-kostenlosen-Nahverkehr/!5692321&s=machbarkeitsstudie+%C3%B6…
## AUTOREN
Claudius Prößer
## TAGS
Regine Günther
ÖPNV
365-Euro-Ticket
VBB
Regine Günther
Raed Saleh
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Günther.
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