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# taz.de -- Streit über Kolumne zur Polizei: taz will mit Seehofer in Polizeis…
> Der Innenminister will taz-Autor_in Yaghoobifarah nicht anzeigen.
> Chefredakteurin Barbara Junge kritisiert, Seehofer habe für die
> Entscheidung zu lange gebraucht.
Bild: Hat sich dann doch noch für die Pressefreiheit entschieden: Horst Seehof…
Berlin epd/dpa/taz | Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) verzichtet
auf die angekündigte Strafanzeige gegen taz-Mitarbeiter_in Hengameh
Yaghoobifarah. Das teilte das Innenministerium am Donnerstag in Berlin mit.
Yaghoobifarah hatte sich in ihrer Kolumne zuvor abwertend über
Polizist_innen geäußert. Seehofer will nun mit der taz-Chefredaktion über
die umstrittene Kolumne sprechen und sich an den Presserat als
Selbstkontrolle der deutschen Presse wenden.
Chefredakteurin Barbara Junge sagte zur Entscheidung Seehofers am
Donnerstag: „Die Ankündigung einer Anzeige gegen unsere Autor_in war ein
massiver Einschüchterungsversuch und ein beschämender Angriff auf die
[1][Pressefreiheit]. Es ist bezeichnend, dass der Bundesinnenminister für
eine solche Erkenntnis vier Tage gebraucht hat.“
Junge ging auch auf die Einladung ein, die Seehofer an die
taz-Chefredaktion ausgesprochen hatte, über die Wirkung des Textes zu
sprechen. „Die taz führt gerade eine leidenschaftliche [2][Diskussion über
Rassismus und Polizei und den journalistischen Umgang damit]. Dass sich der
Bundesinnenminister daran beteiligen möchte, begrüße ich.“
Dem von Seehofer dafür vorgeschlagegenen Ort erteilte Junge eine Absage.
„Ich halte aber das Bundesinnenministerium nicht für den richtigen Ort für
dieses Gespräch und schlage einen gemeinsamen Besuch der Polizeischule in
Eutin vor, die ihrem Rassismusproblem in den eigenen Reihen begegnet, indem
sie sich dem Netzwerk „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“
angeschlossen hat.“
## Mehrfach vertagte Entscheidung
Seehofer hatte am Donnerstagmorgen mitgeteilt, er wolle nicht – wie
angekündigt – Anzeige wegen der umstrittenen Kolumne erstatten. Er wolle
sich an den Presserat wenden, der als Selbstverwaltungsorgan der Presse
ethische Standards der Berichterstattung prüft und Beschwerden
entgegennimmt.
Der Presserat hat bereits ein Verfahren gegen die taz wegen der
umstrittenen Kolumne eingeleitet. Grundlage für die Einleitung des
Verfahrens am Mittwoch seien bis dahin 340 vorliegende Beschwerden gewesen.
Damit ist nun auch klar, dass ein Beschwerdeausschuss des Rates über den
Fall berät, voraussichtlich am 8. September.
Seehofer bekräftigte derweil seine Einschätzung der Kolumne als
strafwürdig. „Schließlich bin ich der Auffassung, dass mit der Kolumne
durch die menschenverachtende Wortwahl auch Straftatbestände erfüllt
werden.“ Dazu lägen bereits Strafanzeigen vor: „Die Delikte sind teilweise
bereits durch die Staatsanwaltschaft von Amts wegen zu prüfen.“
Der Minister betonte auch: „Mir geht es bei der von mir angestoßenen
Diskussion nicht um Strafverfolgung einer Person und schon gar nicht um
einen Eingriff in die Pressefreiheit.“ Er ergänzte: „Mir geht es im
Gegenteil darum, dass wir dringend eine gesellschaftliche Diskussion
darüber führen müssen, wie wir in dieser Gesellschaft miteinander umgehen
und wo die Grenzen einer Auseinandersetzung sind.“
Die polizeikritische Kolumne der Journalist_in war Anfang vergangener Woche
in der linken Tageszeitung taz erschienen. Darin ging es um ein
Gedankenspiel, wo Polizisten arbeiten könnten, wenn die Polizei abgeschafft
würde, der Kapitalismus aber nicht. Zum Schluss hieß es in dem Text:
„Spontan fällt mir nur eine geeignete Option ein: die Mülldeponie. Nicht
als Müllmenschen mit Schlüsseln zu Häusern, sondern auf der Halde, wo sie
wirklich nur von Abfall umgeben sind. Unter ihresgleichen fühlen sie sich
bestimmt auch selber am wohlsten.“
Seehofer hatte am Sonntag in der Bild-Zeitung angekündigt, die Autor_in am
Montag wegen einer polizeikritischen Kolumne anzuzeigen, dies dann aber
doch nicht getan und weitere Prüfungen angekündigt. Er stellte auch eine
Verbindung zwischen dem Text und den gewalttätigen Krawallen in Stuttgart
am Wochenende an. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach nach Angaben von
Regierungssprechern mehrfach mit Seehofer über das Thema.
Die stellvertretende Chefredakteurin der taz begrüßte am Donnerstag
Seehofers Verzicht auf eine Anzeige. „Gut, dass Horst Seehofer nun doch
keine Anzeige gegen unsere Autor_in erstattet“, [3][schrieb Katrin
Gottschalk auf Twitter]. „Für alle anderen, die weiterhin ihr Glück
versuchen wollen: Unser Presserechtsteam steht nach wie vor an der Seite
von @habibitus.“ Habibitus ist das Pseudonym der Kolumnist_in und ihr Name
auf Twitter.
25 Jun 2020
## LINKS
[1] /Schwerpunkt-Pressefreiheit/!t5007487
[2] /taz-Kolumne-zur-Polizei/!5696716
[3] https://twitter.com/k_gottschalk/status/1276068686114283520
## TAGS
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