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# taz.de -- „Stammbaumforschung“ in Stuttgart: Mutter des Verdachts
> Die Stuttgarter Polizei befragt offenbar Standesämter zu
> Familiengeschichten von randalierenden Jugendlichen. Was genau soll das
> bringen?
Bild: Polizeipräsenz auf dem Schlossplatz in Stuttgart am 26. Juni
Hat [1][Stuttgarts Polizeipräsident] Franz Lutz in Bezug auf die
Tatverdächtigen der „Krawallnacht“ Ende Juni nun von „Stammbaumforschung…
gesprochen oder nicht? Mit Blick auf die deutsche Geschichte wäre das
skandalös. Doch offenbar handelte es sich um eine Zuspitzung des
Grünen-Stadtrats Marcel Roth. Der Skandal ist damit aber noch lange nicht
vom Tisch.
Denn was die Polizei in ihren Dementis völlig offen erklärt, ist dies:
Bundesweit werden Standesämter angefragt, um einen eventuellen
Migrationshintergrund der tatverdächtigen Deutschen zutage zu fördern. Das
ist hochproblematisch – und es stellen sich viele Fragen. Was soll diese
Information bringen? Kriminologisch ist erwiesen, dass soziale Umstände
einen Einfluss auf kriminelle Taten haben können, nicht aber
Staatsangehörigkeit oder Migrationshintergrund.
Genau dieses Narrativ aber verbreiten Rechte und Rassist*innen seit Jahren.
Eine solch zugleich ungenaue wie suggestive Kommunikation wie die der
Stuttgarter Polizei trägt nur dazu bei, diesen rassistischen Irrglauben
noch tiefer im breiten gesellschaftlichen Diskurs zu verankern – vor allem,
wenn eine der Begründungen „öffentliches Interesse“ lautet.
Welche Konsequenzen soll eine solche Abfrage überhaupt haben? Ist eine
eingeworfene Scheibe ein schwereres Delikt, wenn der Werfende eine
türkische oder schwedische Mutter hat? Und: Wenn die Polizei davon spricht,
in „einzelnen Fällen“ frage man dieses Kriterium ab – welche Fälle sind
das? Wird der Verdächtige mit dem schwedischen Vornamen Ole ebenso
überprüft wie sein Kumpel Bilal? Wird die Nationalität der Eltern eines
blonden Verdächtigen ebenso erhoben wie bei einem schwarzhaarigen? Und wie
war das nochmal mit dem [2][Racial Profiling] und der Stigmatisierung?
Letztlich offenbart die ganze Debatte eins: Zu viele Menschen in
Deutschland haben nicht begriffen, dass sie in einem [3][Einwanderungsland]
leben – oder sie wollen es nicht begreifen. Ein Viertel der Menschen hier
hat einen Migrationshintergrund. Diese Menschen gehören dazu. Und ihre
Familiengeschichten bieten keine Legitimation für Ausgrenzung.
14 Jul 2020
## LINKS
[1] /Nach-Ausschreitungen-in-Landeshauptstadt/!5694642
[2] /Racial-Profiling-bei-der-Polizei/!5698965
[3] /Nachlese-zu-den-Stuttgarter-Krawallen/!5698182
## AUTOREN
Dinah Riese
## TAGS
Stuttgart
Polizei
Racial Profiling
IG
Schwerpunkt Rassismus
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Polizei Hessen
Stammbaumforschung
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
Schriftsteller
Jugendgewalt
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