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# taz.de -- Räumungen in der Rigaer Straße in Berlin: Rechtsfreier Raum Rigae…
> Den Durchsuchungen im linken Hausprojekt folgen Räumungen. Dabei sind die
> Eigentumsverhältnisse unklar und fehlen entsprechende Gerichtsbeschlüsse.
Bild: Polizisten im Eingang der Rigaer 94
Berlin taz | Am Donnerstag [1][rücken 200 Polizist*innen im linksradikalen
Hausprojekt Rigaer Straße 94 an] und vollstrecken Durchsuchungsbeschlüsse
wegen Urkundenfälschung und aufgrund eines Angriffs mit einem Laserpointer.
Gefühlsmäßig könnte man denken: Das ist großes Besteck für relativ geringe
Vorwürfe, womöglich eine Machtdemonstration.
Und: Könnte die Polizei nicht mit demselben Ermittlungseifer den namentlich
bekannten Verdächtigen der [2][rechtsextremen Anschlagsserie in Neukölln]
auf die Füße steigen? Muss man aber auch nicht. Dann argumentiert man eben
mit der Eigensicherung der Beamt*innen und damit, dass beide Fälle nichts
miteinander zu tun haben.
Der Skandal an dem Einsatz beginnt an anderen Stellen. Zuerst beim Sprecher
für Verfassungsschutz der SPD-Fraktion, Tom Schreiber. Der [3][twitterte in
Richtung der Bewohner*innen]: „Eure letzten Tage im Objekt. Habt ihr schon
eine neue Adresse?“ Wohlgemerkt, die Mieter*innen, auch wenn sie Schreiber
politisch nicht passen, haben gültige Mietverträge.
Der Innenpolitiker setzt sich nicht nur darüber hinweg, was allein schon
jede Rücktrittsforderung rechtfertigt, sondern deutet möglicherweise sogar
an, mehr zu wissen: Geht es etwa um die – illegale – Räumung einzelner
Wohnungen oder gar des ganzen Hauses?
## Eigentümer unbekannt
Damit wären wir beim zweiten und größeren Problem: Die Polizisten hatten
bei ihrem Einsatz Vertreter einer neuen Hausverwaltung, den
Eigentümeranwalt, Securitys und einen Bautrupp im Schlepptau. Dabei hatte
das [4][Landgericht Berlin] 2018 klar gemacht, dass die
Briefkasten-Eigentümerfirma Lafone Investments Limited selbst die
Grundvoraussetzungen für einen Rechtsstreit nicht erfüllen kann. Nachweise,
dass der „director“ der Lafone handlungsbefugt ist, hat es niemals gegeben;
demzufolge erkannte das Gericht auch die Vollmacht für ihren Anwalt Markus
Bernau nicht an.
Bis die Polizei das Gegenteil beweist, muss davon ausgegangen werden, dass
sie sich über diese Gerichtsentscheidung hinweggesetzt hat und eigenmächtig
die Vollmachten des Strohmann-Geschäftsführers akzeptiert hat.
## Wohnung geräumt
Schlimmer ist, was daraus folgte: Im Schutze der Polizei räumten die
angeblichen Eigentümervertreter zunächst Dachboden und den Keller des
Vorderhauses, am Freitag sicherte die Polizei trotz eines Dementis sogar
die Räumung einer Wohnung ab; Gegenstände wurden in einem Container
entsorgt. In eine weitere Wohnung wurde von außen ein Loch in die Wand
geschlagen.
Von einem Räumungstitel oder einem Gerichtsvollzieher keine Spur, dabei
sind diese zwingend erforderlich. Wie die taz erfuhr, gibt es für die
Erdgeschosswohnung einen Mietvertrag. Ihre Räumung ist ein Rechtsbruch,
ermöglicht durch die Polizei, deren Aufgabe es wäre, den Bauarbeitern in
die Hände zu fallen.
2016 hatte Polizei die Räumung der Kneipe „Kadterschmiede“ ermöglicht –
ohne vorliegenden Räumungstitel. Für den damals zuständigen Innensenator
Frank Henkel (CDU) endeten die Aktionen im politischen Desaster,
[5][Gerichte urteilten später, dass die Räumung niemals hätte stattfinden
dürfen]. Jetzt wiederholt sich dieses Szenario sogar in verschärfter Form.
Für die rot-rot-grüne Landesregierung, die sich bislang beschämend
wegduckt, ist das ein Armutszeugnis, genauso wie für die Polizei. Im Kampf
gegen die radikalen Linken ist anscheinend jedes Mittel recht.
10 Jul 2020
## LINKS
[1] /Polizei-in-der-Rigaer-Strasse/!5694345
[2] /Rechte-Anschlagserie-in-Berlin-Neukoelln/!5646031
[3] https://twitter.com/retep_kire/status/1281185389391347717?s=20
[4] /Prozess-um-Rigaer-Strasse-94-in-Berlin/!5505671
[5] /Urteil-zu-Rigaer94-Raeumung-in-Berlin/!5340173
## AUTOREN
Erik Peter
## TAGS
Polizei Berlin
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Repression
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