# taz.de -- Volksbegehren Deutsche Wohnen enteignen: Verwässerung kurz vor Sch… | |
> Das Vergesellschaftungs-Volksbegehren in Berlin steckt nach über einem | |
> Jahr Prüfzeit immer noch in der Innenverwaltung fest. Schuld ist die SPD. | |
Bild: Die Vergesellschaftungs-Initiative hat 70.000 Unterschriften vorgelegt, g… | |
Mit Taschenspielertricks und juristischen Feinheiten versucht die SPD, die | |
demokratisch legitimierte Volksgesetzgebung auf den letzten Metern ad | |
absurdum zu führen. Eigentlich waren sich schon vor zwei Wochen Senat und | |
Vertreter:innen der Initiative Deutsche Wohnen und Co. enteignen einig, | |
dass das Volkbegehren rechtlich zulässig ist. Dennoch versuchten die | |
Hausjuristen der SPD-Innenverwaltung auf den letzten Metern in | |
[1][Verhandlungen am Freitag] noch einmal, den [2][Beschlusstext] zu | |
verwässern und machten Änderungsvorschläge, mit denen sie die | |
Rechtmäßigkeit der Volks-Ini in Frage stellten. | |
Der größte Streitpunkt dürfte dabei eine konkrete Formulierung im | |
Beschlusstext sein. In dem steht nämlich, dass der Senat doch bitte ein | |
Gesetz zur Vergesellschaftung erlassen möge. Wörtlich: „Daher wird der | |
Senat von Berlin zur Erarbeitung eines Gesetzes zur Überführung von | |
Immobilien sowie Grund und Boden in Gemeineigentum zum Zwecke der | |
Vergesellschaftung nach Art. 15 Grundgesetz aufgefordert.“ | |
Das aber sei nicht statthaft, argumentieren die Juristen aus der | |
SPD-geführten Innenverwaltung von Senator Andreas Geisel. Man könne den | |
Gesetzgeber in einem Beschlussvolksbegehren nicht auffordern, ein Gesetz zu | |
erlassen, so die Argumentation. Dafür gebe es ja ein Gesetzesvolksbegehren, | |
wo über ein konkret vorgelegtes Gesetz entschieden werde. Man könne sich ja | |
nicht als Gesetzgeber vorschreiben lassen, welches Gesetz man erlässt, so | |
die Argumentation. | |
Klingt kompliziert? Unlogisch? Ja, ist auch eher juristische Haarspalterei | |
als eine nachvollziehbare Argumentation. Die [3][Initiative war nach einem | |
Anruf aus der Innenverwaltung, nicht ganz zu Unrecht, erbost]. | |
## Rechtswissenschaftler hält Formulierung für korrekt | |
Auch der Rechtswissenschaftler Ulrich Battis, der vom Senat als Gutachter | |
zum Mietendeckel beauftragt war, hält die Formulierung des Volksbegehrens | |
für zulässig: „Der Satz ist absolut korrekt. Ich bin der Meinung, es ist | |
hinreichend konkret, den Senat zur Erarbeitung eines Gesetzes | |
aufzufordern“, sagte er der taz am Freitag, während die Verhandlungen in | |
der Innenverwaltung liefen. | |
Auch eine mögliche Alternative, die auf dem Tisch gelegen haben soll – | |
nämlich die Formulierung „Gesetz“ in „Maßnahmen“ abzuschwächen – w… | |
Sicht von Battis eine Verwässerung: „Wenn man das Wort ‚Gesetz‘ etwa dur… | |
‚Maßnahmen‘ ersetzt, hat der Gesetzgeber einen sehr weiten | |
Handlungsspielraum.“ | |
Die Opposition könne dann sagen: Geeignete Maßnahmen wäre auch Neubau, so | |
Battis – „das aber will das Volksbegehren nicht: Die wollen Sozialisierung | |
von Wohnraum, wie es nach Art. 15 Grundgesetz möglich ist. Offen bleibt | |
aber natürlich die Finanzierung.“ Battis hält das Feilschen um die | |
Formulierung „für ein politisches Argument. Die Politik will mehr | |
Spielraum.“ | |
Eine schöne Fußnote dabei: Die SPD, die mit der seit einem Jahr andauernden | |
Prüfung des Volksbegehrens für Vergesellschaftung auf die Bremse drückt, | |
kämpft gewissermaßen auch gegen sich selbst, wie Battis erklärt: „Die | |
Aufnahme des Sozialisierungs-Artikels ins Grundgesetz war ein Zugeständnis | |
an die SPD – die wollten damals noch Sozialismus und hätten ohne Artikel | |
15 dem Grundgesetz nicht zugestimmt.“ | |
Die SPD verfängt sich also mit ihren juristischen Tricks sogar in | |
historischen Widersprüchen. Traurig anzusehen. | |
26 Jun 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Volksinitiative-streitet-mit-Senat/!5697334 | |
[2] https://www.dwenteignen.de/2018/11/beschlusstext-fuer-unseren-volksentschei… | |
[3] /Senat-zum-Enteignung-Volksbegehren/!5691268 | |
## AUTOREN | |
Gareth Joswig | |
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