# taz.de -- Street-Art-Kunstprojekt in Berlin: Artwashing am Alexanderplatz | |
> Immobilien-Riese Covivio lässt 240 Meter Bauzaun von Künstlern gestalten. | |
> Ein billiger Trick um das Image aufzupolieren, findet unser Autor. | |
Bild: Ein Radfahrer passiert den vom Künstler Age Age gestalteten Bauzaun am A… | |
So charakteristisch wie das allgegenwärtige Betongrau am Alexanderplatz ist | |
der schlechte Ruf von börsennotierten Immobilienunternehmen in der | |
Hauptstadt. Namen wie Akelius und Deutsche Wohnen werden oft in einem | |
Atemzug mit „Verdrängung“ und „Gentrifizierung“ genannt. Kein Wunder, … | |
mit dem Geschäftsmodell, maximale Profite aus einem Grundbedürfnis zu | |
schlagen, macht man sich naturgemäß nicht viele Freund*innen, besonders in | |
einer Mieter*innenstadt wie Berlin. | |
Auch die Covivio Immobiliengruppe mischt mit einem Bestand von rund 16.000 | |
Wohnungen kräftig am Berliner Mietenmarkt mit. So baut Covivio mitten auf | |
dem Alexanderplatz neben dem Holiday-Inn-Hotel gerade ein 130 Meter großes | |
Hochhaus, was der Graupalette am Alexanderplatz noch ein paar Nuancen | |
hinzufügen dürfte. | |
Nun kam Covivio mit der Agentur „Street Art Berlin“ auf die geniale Idee, | |
den 240 Meter langen Bauzaun von Straßenkünstlern gestalten zu lassen. Bis | |
zu der geplanten Fertigstellung des Hauses 2025 wird dieser wohl noch eine | |
Weile bleiben. | |
Statt blankem Sperrholz zieren jetzt zwei über hundert Meter lange | |
Kunstwerke den Bauzaun, die von dem Graffiti-Künstler Age Age und dem | |
Street-Art-Duo Ron Miller gestaltet wurden. Vorgegeben wurde von Covivio | |
nur das Oberthema „Europa“, ansonsten konnten sich die Künstler kreativ | |
ausleben. So erzählt Age Age die wechselhafte Geschichte Europas durch ein | |
Chamäleon, das durch die Zeit reist und immer neue Formen annimmt. „Noch | |
nie hat jemand so viele Meter Bauzaun bemalt“, sagt Kuratorin Diana | |
Marossek von „Street Art Berlin“ enthusiastisch bei der Eröffnung am | |
Montag. Alle halbe Jahre sollen dann neue Künstler*innen die Möglichkeit | |
haben, den Zaun zu gestalten. | |
## Sozialverträglicher Anstrich | |
Das Projekt lässt sich als klassische „Win-win-Situation“ verstehen: Zum | |
einen bekommen Straßenkünstler*innen eine Möglichkeit, ihre Kunst an einem | |
zentralen Ort umzusetzen (und das sogar noch legal und bezahlt). Zum | |
anderen bietet es einem Immobilienunternehmen wie Covivio die Möglichkeit, | |
mal nicht nur im Zusammenhang mit Luxusmodernisierungen und | |
Eigentumsumwandlungen in der Presse aufzutauchen. | |
So eindrucksvoll das Ergebnis auch ist, ein bitterer Nachgeschmack bleibt. | |
Letztendlich ist das Projekt für Covivio eine vergleichsweise günstige | |
Möglichkeit, sich einen sozialverträglichen Anstrich zu geben, indem sich | |
das Unternehmen als selbstloser Förderer der Künste präsentiert. | |
20 Jul 2020 | |
## AUTOREN | |
Jonas Wahmkow | |
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