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# taz.de -- Aufklärungsflugzeuge von EU-Grenzschutzagentur: Aus der Seenot zur…
> Frontex schickt seine Flieger dorthin, wo Geflüchtete Schiffbruch
> erleiden – informiert aber statt Seenotretter fast nur die libysche
> Küstenwache.
Bild: Mitarbeiter der deutschen Hilfsorganisation Sea-Watch evakuieren ein in S…
BERLIN taz | Die [1][EU-Grenzschutzagentur Frontex] macht ihre
Aufklärungsflugzeuge im Einsatz vor Libyen unsichtbar: Die automatische
Weitergabe von Positionsdaten wird unterdrückt, die Flugzeuge sind auf
Tracking-Portalen wie „Flightradar“ dann nicht zu verfolgen. Das antwortete
die EU-Kommssion auf eine Anfrage der Linken-Abgeordneten Özlem Demirel.
Die „Einsatzmittel sichtbar zu machen, könnte, insbesondere wenn sie mit
anderen Informationen kombiniert werden, sensible operative Informationen
preisgeben und damit die operativen Ziele untergraben“, heißt es in der
Antwort der Kommission.
Seenotrettungs-NGOs glauben, dass die Abschaltung vor allem dem Ziel dient,
Rückschiebungen nach Libyen zu erleichtern. „Die Flugrouten der
Frontex-Aufklärungsglugzeuge sind deutliche Indikatoren für Seenotfälle“,
sagt Julian Pahlke von der NGO Sea Eye. Dort, wo ein Unglück geschieht,
kreisen die Flugzeuge.
[2][Seenotretter] könnten dorthin fahren und Schiffbrüchige an Bord nehmen.
Die würden die Geretteten aber nach Europa bringen, weil Libyen für diese
nicht sicher ist. Genau das aber wolle Frontex möglichst verhindern, glaubt
Pahlke: „Statt zivile Schiffe zu alarmieren und in die Rettung
einzubeziehen, gibt Frontex Informationen nicht weiter, sondern leitet
Rückholungen der libyschen Küstenwache ein.“
## Aufklärungsflüge an private Firma ausgelagert
„Mit dem Argument, dass es sich um sensible Daten handele werden zum Teil
wichtige Fragen nicht beantwortet,“ sagt die Linke Demirel. So werd
verhindert, dass die sogenannten Sucheinsätze verfolgt bzw. deren
Unterlassung dokumentiert werden können. „Wir brauchen endlich vollständige
Transparenz über die Arbeit von Frontex.“
Die Aufklärungsflüge im Mittelmeer hat Frontex seit 2014 an die private
Firma DEA Aviation mit Sitz in Großbritannien ausgelagert. Im Seegebiet vor
Libyen sind in der Regel zwei DEA-Flugzeuge im Einsatz. Entdecken diese
Flüchtlingsboote in Seenot, melden sie diese an die Frontex-Zentrale in
Warschau. Die wiederum gibt die Informationen an die Behörden der Region
weiter – und die rufen fast nur noch die [3][libysche Küstenwache], teils
selbst dann, wenn die Schiffe sich in der maltesischen Rettungszone
befinden.
Zuletzt ist das offensichtlich am Mittwoch dieser Woche geschehen: Da
kreiste eines der Frontex-Aufklärungsflugzeuge rund vier Stunden über einer
Unglücksstelle etwa 70 Seemeilen nördlich von Tripolis. Einig Stunden
später beobachteten Mitarbeiter der UN-Migrationsorganisation IOM, wie 185
MigrantInnen von der libyschen Küstenwache zurück in den Hafen von Tripolis
gebracht wurden. „Wir halten daran fest, dass Libyen kein sicherer Hafen
ist. Andere Lösungen müssen gefunden werden“, twitterte die IOM.
## Halb soviele Geflüchtete schaffen es nach Europa
Die Aufklärungsflüge sind Teil der Frontex-Mission „Themis“, benannt nach
der altgriechischen Göttin der Gerechtigkeit. Als Frontex Themis im Februar
2018 startete, versicherte die Agentur, Seenotrettung werde „ein
elementarer Bestandteil“ der Mission im zentralen Mittelmeer sein.
Daran gab es von Anfang an Zweifel: Das Frontex-Konsultativ-Forum, eine Art
Menschenrechts-Beirat der Behörde, warnte in seinem Jahresbericht 2018,
dass die Einsatzrichtlinien der Themis-Mission dazu führen könnten, dass
mehr Unglücke im zentralen Mittelmeer unentdeckt bleiben. Durch die
Abfangoperationen der libyschen Küstenwache würden „immer mehr Migranten
und Flüchtlinge in Libyen unmenschlichen und entwürdigenden Bedingungen und
willkürlicher Inhaftierung ausgesetzt“ sein.
Genau das ist eingetreten: Seit 2019 kommt nur noch rund die Hälfte der
Flüchtlinge, die in Libyen in See stechen, in Europa an. Die andere Hälfte
wird entweder von der libyschen Küstenwache aufgehalten und zurückgebracht
oder ertrinkt. In diesem Jahr etwa sind bislang 4.050 Menschen von
libyschen Küstenwächtern aufgegriffen worden, 121 ertranken im zentralen
Mittelmeer. Demgegenüber stehen 5.470 MigrantInnen, die Italien erreichten.
13 Jun 2020
## LINKS
[1] /Menschenrechtsverstoesse-an-EU-Grenzen/!5615353
[2] /Seenotrettung-im-Mittelmeer/!5688110
[3] /Seenotrettung-und-Libyen/!5633428
## AUTOREN
Christian Jakob
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