| # taz.de -- Rechte Prepper-Gruppe Nordkreuz: Munition verschwunden? Egal | |
| > Der Kopf der Prepper-Gruppe Nordkreuz hatte tausende Patronen aus | |
| > Behördenbeständen gehortet. Berlin zeigt kein Interesse an Aufklärung. | |
| Bild: Sichergestellte Munition (Symbolbild) | |
| Berlin taz | Die Bundesregierung ist kaum daran interessiert, aufzuklären, | |
| wie ein früherer SEK-Polizist aus Mecklenburg-Vorpommern an mehrere tausend | |
| Schuss Munition gekommen ist, die aus Behörden- und Bundeswehrbeständen | |
| stammen. Das geht aus der Antwort auf eine Parlamentsanfrage hervor, die | |
| der taz vorliegt. | |
| Die Patronen waren im Sommer 2017 und Sommer 2019 bei Razzien gefunden | |
| worden, insgesamt hatte der Polizist Marko G. 55.000 Schuss Munition | |
| besessen. Darunter waren tausende Patronen von Polizeibehörden in | |
| mindestens sieben Bundesländern, von der Bundespolizeieinheit GSG 9, der | |
| Bundeswehr oder auch dem Zoll. Das Besondere daran: In fast allen Fällen | |
| kam die Munition von Einheiten, die auf einem [1][Schießplatz in | |
| Mecklenburg-Vorpommern] trainierten, zu dem auch Marko G. Zugang hatte – | |
| zunächst als SEK-Polizist, dessen Einheit den Platz ebenfalls nutzte, | |
| später dann sogar als Trainer für ziviles Schießen. | |
| Marko G. ist aber nicht nur Polizist und einfacher Sportschütze. Er war | |
| auch Administrator der rund 30-köpfigen Prepper-Gruppe Nordkreuz, in der | |
| auch zwei Männer Mitglied waren, denen die Bundesanwaltschaft die Planung | |
| einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat vorwirft: Sie sollen | |
| vorbereitet haben, am Tag X, dem Eintritt eines Katastrophenzustands, | |
| Menschen aus dem politisch linken Spektrum zu töten. | |
| Die Linken-Bundestagsabgeordnete Martina Renner hat die Bundesregierung nun | |
| gefragt, ob die Munition, die bei Marko G. gefunden wurde, mit derjenigen | |
| abgeglichen wurde, die betroffene Einheiten auf dem Schießplatz in Güstrow | |
| nutzten. Die Antwort der Regierung: Sie habe keine Erkenntnisse darüber. | |
| Und die Regierung verweist auf Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in | |
| Schwerin, also auf die juristische Aufarbeitung. Inzwischen ist Marko G. | |
| wegen des unrechtmäßigen Besitzes von Waffen und Munition zu einer | |
| Bewährungsstrafe verurteilt. [2][Aufgeklärt wurde damit nicht viel]. | |
| „Das Desinteresse ist skandalös“ | |
| Die Gruppe Nordkreuz ist Teil des bundesweiten [3][Hannibal-Netzwerks], | |
| eines Verbunds unter anderem aus Spezialkräften von Bundeswehr und Polizei, | |
| privaten Sicherheitsleuten und Behördenmitarbeitern. Etliche Mitglieder | |
| wurden von Verfassungsschutzbehörden und dem Militärischen Abschirmdienst | |
| als Rechtsextremisten eingestuft. Es gäbe also ausreichend Gründe für | |
| Bundesbehörden, nachzuforschen, wie Munition aus eigenen Beständen in die | |
| Hände des Nordkreuz-Admins gelangten, und gegebenenfalls | |
| Disziplinarverfahren einzuleiten. | |
| „Das behördliche Desinteresse, den Komplex Nordkreuz aufzuklären, ist | |
| skandalös“, sagt Innenpolitikerin Renner. “Solange diese Kultur des | |
| Wegschauens nicht geändert wird, bleiben die Netzwerke eine Bedrohung.“ | |
| Auch in mehreren Bundesländern, darunter Sachsen, Bayern und | |
| Nordrhein-Westfalen, hatten Oppositionsparteien gefragt, ob es | |
| Nachforschungen dazu gibt, wie die Munition in Marko G.s Privathaus gelangt | |
| sein könnte. Lediglich Sachsen hatte dabei mitgeteilt, dass es zunächst ein | |
| eigenes Ermittlungsverfahren gegeben habe, das dann aber nach Schwerin | |
| delegiert wurde. | |
| [4][In Nordrhein-Westfalen hatte der dortige Innenminister Herbert Reul | |
| (CDU) dem Innenausschuss erklärt], dass eine genaue Zuordnung der Munition | |
| nicht möglich sei. Diese sei zwar packungsweise nummeriert, es erfolge, | |
| aber „beim Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste eine Durchmischung | |
| der Munition mit weiteren, zeitgleich gelieferten Chargennummern“. Es werde | |
| nachgeforscht, „ob da irgendetwas Schräges passiert ist“, sagte Reul. Aber | |
| auch: „Das ist allerdings der Job der Staatsanwaltschaft da oben.“ | |
| Die Staatsanwaltschaft Schwerin ermittelt wegen der Munition gegen drei | |
| Ex-Kollegen von Marko G. und unbekannt. Wie taz-Recherchen ergeben hatten, | |
| halten die Ermittler in Schwerin es aber für zu aufwendig, die Wege der | |
| Munition im Detail nachzuverfolgen. | |
| 12 May 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Rechte-Prepper-Gruppe-Nordkreuz/!5674282/ | |
| [2] /Rechter-Nordkreuz-Prepper-Marko-G/!5679557/ | |
| [3] /Schwerpunkt-Hannibals-Schattennetzwerk/!t5549502/ | |
| [4] https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMA17-931.p… | |
| ## AUTOREN | |
| Christina Schmidt | |
| Sebastian Erb | |
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