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# taz.de -- Arbeitsbedingungen in Schlachthöfen: Ein Gesetz, das krank macht
> In der deutschen Fleischindustrie schuften osteuropäische Beschäftigte
> mit Werkverträgen – wie es die CSU wollte.
Bild: In diesem Coesfelder Fleischbetrieb wurden 200 Werksarbeiter mit Corona i…
Sage und schreibe über 200 Arbeiter des Coesfelder Schlachthofs haben sich
[1][mit dem Coronavirus infiziert]. Die Landesregierung von NRW will jetzt
alle 20.000 Zerleger von Schweinen und Rindern im Land testen lassen; dass
dabei noch mehr Fälle herauskommen, steht zu befürchten.
Schlimm, diese Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie, heißt es jetzt
aus der Politik. Viel Interessanter als Empörungsroutinen ist die Frage
nach den Ursachen. Die aus Osteuropa stammenden Schlachthofarbeiter sind in
Deutschland meist per Werkvertrag beschäftigt, also formal selbstständig.
Damit haben sie keine Rechte eines normalen Arbeitnehmers, aber dummerweise
auch nicht die Freiheiten eines Selbstständigen. Für die Schlachthöfe ist
das eine prima Win-Situation, für die Beschäftigten bedeutet es das
Gegenteil. In den Knebelverträgen ist meist auch die Unterkunft festgelegt
– Massenbehausungen, für deren oft überhöhte Kosten die Arbeiter aufkommen
müssen.
Werkverträge sind in der Theorie eine praktische Sache. Wenn zum Beispiel
eine Bäckerei ihr IT-System aufmöbeln will, schließt sie einen Werkvertrag
mit einer IT-Spezialistin, weil die Bäckerei es selbst nicht leisten kann.
Seit Jahren aber werden Werkverträge nicht nur in der Fleischindustrie
massenhaft missbraucht, um Personalkosten zu drücken. Möglich ist dies
durch eine Gesetzeslücke, die auch bei einer Reform von 2017 nicht
geschlossen wurde. Die damalige SPD-Arbeitsministerin Andrea Nahles wollte
darin dem Missbrauch über [2][Scheinselbständigkeit] ein Ende setzen. Sie
knickte vor dem massiven Widerstand der CSU zu schnell ein; auch, weil sie
vom damaligen SPD-Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel keine Unterstützung
bekam.
Das konnte geschehen vor dem Hintergrund, dass sich die breite
Öffentlichkeit für die Lebens- und Arbeitsbedingungen in den unteren Etagen
der Arbeitswelt nur wenig interessiert. Seit Coesfeld wissen hoffentlich
die Letzten: Menschenwürdige Arbeitsbedingungen schützen vor Krankheit und
am Ende sogar vor Tod.
10 May 2020
## LINKS
[1] /129-Neuinfizierte-bei-Westfleisch/!5683606
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## AUTOREN
Gunnar Hinck
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