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# taz.de -- Rechtsextremismus in Deutschland: Zeit für wache Eliten
> In der Demokratie dauert es oft lange, bis das Richtige getan wird.
> Müssen wir uns damit abfinden oder liegt eine Veränderung in unserer
> Macht?
Bild: Sechs Jahre lang leistete man sich Hans-Georg Maaßen als Chef des Verfas…
„Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat
seine Stunde“, heißt es in der Bibel. Wann etwas geschieht, kann
entscheidend sein. Aber wohin das, was dann endlich geschieht, schließlich
führt – das ist viel wichtiger.
Vom US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt gibt es ein Zitat, das in Zeiten
der Fieberkurven aufbauend wirken mag. In seiner Antrittsrede 1945 heißt
es: „Im Leben geht nicht immer alles glatt. Manchmal geht es aufwärts und
dann auf einmal scheint sich alles umzuwenden und es geht bergab. Eins aber
steht fest, und das ist eine großartige Tatsache, dass die Zivilisation in
einer ständigen Aufwärtsbewegung begriffen ist, dass eine imaginäre Linie,
die man durch die Mitte der Höhen und Tiefen der Jahrhunderte zieht, immer
aufwärts führt.“
Wie gesagt, man mag das anzweifeln; umso mehr, wenn man sich etwa
vergegenwärtigt, wie lang sich ausgerechnet Deutschland Zeit gelassen hat
bei der Bekämpfung der aktuellen [1][Ausprägung der organisierten
Unmenschlichkeit, also der AfD,] und des in ihrem Umfeld sich ermutigt
fühlenden Terrorismus. Es mangelte da nie am viel und billig beschworenen
Aufstand der Anständigen, sondern vielmehr am entschlossenen Anpacken der
Zuständigen.
Sechs lange Jahre lang, von 2012 bis 2018, leistete man sich an der Spitze
derjenigen Behörde, die nicht zuletzt sicherstellen soll, dass der
Faschismus in Deutschland Geschichte bleibt, einen Hans-Georg Maaßen. Ein
Staatsdiener par excellence, [2][der Politiker Walter Lübcke], musste im
vergangenen Jahr sterben und wenige Wochen später ein Anschlag auf die
Synagoge in Halle verübt werden, wo nur um Haaresbreite ein Massenmord an
jüdischen Mitbürgern – man möchte gern sagen: verhindert wurde, aber das
wäre gelogen.
## Alle machen Fehler, aber...
Aber es waren nicht nur die Funktionseliten in Politik und Behörden, die
sich so lange tot stellten, bis die Toten wie vergangenen Monat in Hanau
einfach nicht mehr zu übersehen waren. 2017 fand man sich als Journalist in
der Minderheit, wenn man feststellte, dass man sich bei der AfD nicht
überlegen muss, wie man mit ihr in Dialog tritt oder sie einbindet, sondern
wie man sie bekämpft; und recht allein war auch noch, [3][wer 2019
kritisierte, dass die Präsidentin des Brandenburger Landtags, Ulrike
Liedtke (SPD), ihr strahlendstes Lächeln zeigte], als sie Andreas Galau
(AfD) einen Blumenstrauß eben nicht vor die Füße warf, sondern zur
Vizepräsidentenwahl gratulierend überreichte.
Alles hat eben seine Zeit. Und alle machen Fehler. Ich selbst etwa war
blind für die von Anfang an klaren Hinweise, dass es sich beim Massaker im
Münchner Olympiaeinkaufszentrum 2016 um einen rechtsradikalen Anschlag
handelte. Und ich schäme mich dafür.
## Von Roosevelt lernen
Mit der korrekten Einstufung des [4][AfD-„Flügels“ als rechtsextrem] hat
der Staat gelernt, er zeigt seine Instrumente und die wirken, Druck wirkt;
und man mag es inzwischen müßig nennen, festzustellen, dass die Antifa es
früher gewusst hat – aber für die Opfer und ihre Angehörigen ist es das
nicht. Auch in der Coronakrise haben Leute, die was von der Sache
verstehen, früh und öffentlich politisches Handeln angemahnt.
Stellvertretend zu nennen wäre hier der in Peking und Berlin lebende
Schriftsteller Christian Y. Schmidt mit seinen Analysen in den sozialen
Medien.
Ganz damit beruhigen, dass es eben dicke Bretter seien, die in der
Demokratie gebohrt werden müssen, bis das Notwendige geschieht, dürfen wir
uns eben nicht. Roosevelt wollte und konnte die skeptischen Amerikaner
davon überzeugen, dass die USA im Kampf gegen den Faschismus nicht neutral
bleiben durften. Er wurde seiner Elitefunktion gerecht. Sowohl bei der
Bekämpfung des Rechtsextremismus als auch bei der Vorbereitung auf die
Corona-Epidemie sind bei der Befähigung der deutschen Eliten da noch viele
Fragen offen.
23 Mar 2020
## LINKS
[1] /Rechtsextremer-Fluegel-und-die-AfD/!5673053
[2] /Ermittlungen-im-Mordfall-Walter-Luebcke/!5665044
[3] /AfD-Vizepraesident-in-Brandenburg/!5626537
[4] /Rechtsextreme-AfD-Stroemung/!5673041
## AUTOREN
Ambros Waibel
## TAGS
Schwerpunkt AfD
Hans-Georg Maaßen
Rechtsextremismus
Schwerpunkt Rechter Terror
Schwerpunkt Anschlag auf Berliner Weihnachtsmarkt
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