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# taz.de -- Zahlungsunfähigkeit durch Corona: Moratorien für sozialen Frieden
> Die Bundesregierung schützt Mieter, Stromkunden und Kreditnehmer in der
> aktuellen Corona-Krise. Kündigungen sind jeweils drei Monate tabu.
Bild: Zumindest das Telefon und der Strom werden vorerst niemandem abgestellt
Freiburg taz | Mieter, die wegen der Corona-Krise die Miete nicht zahlen
können, müssen bis Ende Juni [1][keine Kündigung befürchten]. Das sieht ein
Gesetzentwurf der Bundesregierung vor. Auch Strom- und Internetkunden,
sowie Kreditnehmer werden durch ähnliche Moratorien geschützt.
Der Gesetzentwurf wurde von Justizministerin Christine Lambrecht (SPD)
vorbereitet und an diesem Montag im Bundeskabinett gebilligt. Am Mittwoch
soll bereits die Beschlussfassung im Bundestag folgen.
Die Regelung betrifft sowohl die Mieter von Wohnraum als auch
Gewerbemieter, wie zum Beispiel Handwerksbetriebe. Auch Pächter, etwa von
Gaststätten, können sich auf das Gesetz berufen.
Ministerin Lambrecht geht davon aus, dass es wegen der Coronakrise in
vielen Fällen zu [2][plötzlichen massiven Einbrüchen] der Einnahmen kommt.
Wenn der Mieter dann zwei Monate seine Miete nicht mehr zahlen kann, dürfte
der Vermieter normalerweise fristlos kündigen. Die Antragstellung,
Bewilligung und Auszahlung bei staatlichen Hilfen wie dem Wohngeld und bei
den jetzt kommenden Sonderhilfsprogrammen könne aber länger als zwei Monate
dauern, so die Überlegung von Lambrecht. Deshalb sollen Mieter und Pächter
bis Ende Juni vor Kündigungen geschützt werden.
Ursprünglich hatte Lambrecht sogar eine Frist bis Ende September geplant.
Unions-geführten Ministerien ging das aber zu weit. Die Bundesregierung
kann jedoch bei Bedarf die Frist per Verordnung bis Ende September
verlängern. Mit Zustimung des Bundestags ist sogar eine darüber
hinausgehende Verlängerung möglich.
Den Mietern wird die Miete durch das Gesetz nicht erlassen. Nach Ende der
Frist müssen sie diese in vollem Umfang nachzahlen.
## Kein umfassender Kündigungsschutz
Auf der anderen Seite gibt es keine Härtefallklausel für Vermieter. Wenn
der Lebensunterhalt eines Vermieters durch den Zahlungsaufschub aber
gefährdet ist, soll er nach „Treu und Glauben“ eine sofortige Mietzahlung
verlangen könnnen, heißt es in der Begründung des Entwurfs.
Mieter, die sich auf das Gesetz berufen wollen, müssen „glaubhaft machen“,
dass ihre Zahlungsschwierigkeiten auf der Coronavirus-Epidemie beruhen. Sie
können dies durch eigene eidesstaatliche Versicherung tun, aber auch durch
Vorlage von Dokumenten wie Honorarabrechnungen.
Das Gesetz gibt keinen umfassenden Kündigungsschutz. Das heißt:
Kündigungen, die nichts mit der Coronakrise zu tun haben, bleiben möglich,
etwa wenn der Mieter vorsätzlich die Wohnung demoliert oder den Vermieter
verprügelt, aber auch wenn der Vermieter Eigenbedarf hat.
Ein ähnliches Moratorium soll auch für Verträge der „Daseinsvorsorge“
gelten, insbesondere für die Versorgung mit Strom, Gas, Telekommunikation
(inklusive Internet) und Wasser. Wer wegen der Coronakrise seine
vertraglichen Raten nicht mehr zahlen kann, soll ebenfalls drei Monate lang
vor Kündigung geschützt sein. Auch Pflichtversicherungen wie die
Kfz-Haftpflicht zählen dazu. Geschützt sind hier Verbraucher (also
Privatpersonen) und „Kleinstunternehmer“ (mit bis zu 9 Beschäftigten und
bis zu 2 Millionen Euro Jahresumsatz.
Ein drittes Moratorium will die Bundesregierung für Darlehensverträge
einführen. Auch wer Tilgung und Zinsen seines Kredits nicht mehr überweisen
kann, wird drei Monate lang vor Kündigung des Vertrags bewahrt. Dieser
Schutz gilt zunächst nur für Verbraucher, könnte aber später auf
Kleinstunternehmer ausgeweitet werden.
Die drei Moratorien werden in einem neuen Artikel 240 im Einführungsgesetz
zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) geregelt.
23 Mar 2020
## LINKS
[1] /Miethilfen-in-der-Corona-Krise/!5673040
[2] /Petition-wegen-Corona-Krise/!5669261
## AUTOREN
Christian Rath
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