# taz.de -- Tiny Houses für Obdachlose: Mehr Hoffnung für Lesshomes | |
> Winzige Wohnwagen: Bis Weihnachten sollten die ersten Obdachlosen | |
> einziehen. Daraus wurde nichts. Nun schaltet sich die Politik ein. | |
Bild: Innenleben des Lesshome | |
„Von meiner Seite ist alles bereit“, sagt Wolfgang Goergens. In seiner | |
Werkstatt südlich von Berlin stehen die drei fertigen Lesshomes aufgereiht, | |
fahrbereit und bezugsfertig. „Ich habe gerade noch Textilien und | |
Hygieneartikel eingeräumt“, so Goergens. Eigentlich sollten die | |
Minimalbehausungen für obdachlose Menschen [1][noch vor Weihnachten einen | |
Platz im Zentrum Berlins finden]. Dieser Plan scheiterte, aber nun kommt | |
wieder Bewegung in die Sache. | |
Mit zwei Quadratmetern Grundfläche sind die Lesshomes [2][kleiner als die | |
meisten] der inzwischen in der Obdachlosenhilfe, vor allem aber von | |
Verfechter:innen minimalistischer Lebenskultur genutzten Tiny Houses. In | |
Ulm sind kürzlich zwei Schlafboxen auf öffentlichen Plätzen aufgestellt | |
worden, die sich sofort die Kritik einhandelten, sie sähen aus wie Särge. | |
Dagegen muten die Lesshomes beinah luxuriös an: Neben einem Bett sind im | |
Inneren auch eine Toilette, Kochgelegenheit, Kühlschrank, Sitzdusche, | |
Fernseher, Kerzenheizung und Waschbecken integriert. Stehen kann man darin | |
nicht, um alle anderen Funktionen zu nutzen, muss man nach dem Schlafen | |
einen doppelten Boden über das Bett klappen. | |
Die Lesshomes werden den künftigen Bewohner:innen geschenkt mit der | |
einzigen Auflage, sie weiterzugeben, wenn sie diese nicht mehr brauchen. | |
Die Herstellungskosten von rund 2.500 Euro will Erbauer Goergens über | |
Werbung an den Seitenflächen finanzieren. Auf vier Rollen können die | |
Lesshomes per Hand von einem Ort zum nächsten gerollt werden. | |
Doch genau daran hapert es. Die Sozialgenossenschaft Karuna, die in Berlin | |
mehrere Obdachlosenprojekte betreut, sollte die Bewohner:innen und auch | |
einen ersten Ort für die Lesshomes finden. Kurz vor Weihnachten hatte | |
Karuna bereits einen Platz in Aussicht, der den Vorstellungen von Vorstand | |
Jörg Richert genau entsprach: ein zentraler Ort, an dem obdachlose Menschen | |
nicht geparkt, sondern integriert werden können und sichtbar sind. An dem | |
sie aufgrund nachbarschaftlicher Strukturen „nicht abhängig sind von dem, | |
was wir soziale Arbeit nennen“, so Richert. | |
## Vorbehalte in der Nachbarschaft | |
Doch während sich etwa ein benachbartes Café an dem Ort, den Richert | |
vorerst nicht öffentlich machen will, sofort solidarisch zeigte, hatten die | |
Mitarbeiter eines angrenzenden Geschäfts Vorbehalte. Sozialsenatorin Elke | |
Breitenbach (Linke), die sich zuvor schon für den Einsatz der kleinen | |
Wohnwagen eingesetzt hatte, wolle sich nun noch einmal mit vermittelnden | |
Worten an die Belegschaft wenden, erzählt Richert. | |
Nach dem taz-Bericht habe sich auch noch ein weiterer politischer Vertreter | |
der Lesshomes angenommen, erzählt Richert. Stephan von Dassel, Mittes | |
grüner Bürgermeister, fiel bisher eher mit harschen Worten und rigorosem | |
Vorgehen gegen Obdachlosencamps auf und hatte sich damit [3][viel Kritik | |
eingehandelt] – auch aus den eigenen Reihen. Aber nun hat „Herr von Dassel | |
uns einen Platz für die Lesshomes in Aussicht gestellt“, sagt Richert. Auch | |
da gehe es um einen Ort, der zur Begegnungsstätte werden soll, zwischen | |
Nachbarschaft und obdachlosen Menschen. | |
Für die Lesshomes und vor allem deren zukünftige Bewohner:innen – drei | |
Männer, die bislang in der [4][Rummelsburger Bucht campieren] – sieht es | |
mit diesen zwei Optionen also besser aus als noch kurz vor Weihnachten. | |
„Ich bin optimistisch, dass wir die Lesshomes bis Mitte Januar aufstellen | |
können“, sagt Jörg Richert. | |
30 Dec 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Kein-Grundstueck-fuer-Lesshomes/!5647560 | |
[2] /Minimal-Behausungen-fuer-Wohnungslose/!5648582 | |
[3] /Ehrenamtspreis-abgelehnt/!5637024 | |
[4] /Obdachlose-in-Berlin/!5643671 | |
## AUTOREN | |
Manuela Heim | |
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