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# taz.de -- Minimal-Behausungen für Wohnungslose: Das Dilemma aufgezeigt
> Zwei Quadratmeter groß sind die Lesshomes für Obdachlose. Die sind besser
> als die Straße – und zugleich ein Armutszeugnis. Ein Wochenkommentar.
Bild: Gefährlich besonders bei Minusgraden: Ein Mann schläft auf einer Parkba…
Es ist ein Dilemma, vor dem die Obdachlosenhilfe Berlins steht. Die Frage,
ob minimalste Behausungen besser sind als gar keine, wurde in dieser Woche
von der Sozialgenossenschaft Karuna aufgeworfen. Und selten wurde diese
Frage so radikal gestellt: Die ersten drei Lesshomes, Handwagen mit zwei
Quadratmetern Grundfläche zum Drin-Wohnen, [1][wollte Karuna in der
Weihnachtszeit aufstellen]. Nur eine Übergangslösung und besser, als auf
der Straße zu vegetieren, sagen die einen. Ein menschenunwürdiges
Armutszeugnis dieser Gesellschaft, finden die anderen.
Es ist wie so oft bei einem Dilemma: Beides ist wahr. Eigentlich sollten in
Berlin gar keine Menschen auf der Straße leben müssen – jedem unfreiwillig
Obdachlosen steht qua Ordnungsrecht eine Unterbringung zu. Im Kontext
geltender Grundrechte hat diese menschenwürdig zu sein. Dass in Berlin
trotzdem eine wachsende Anzahl von Menschen ohne Obdach lebt, dürfte in den
seltensten Fällen mit einem freiwillig gewähltem Lebensstil zu tun haben.
Viel mehr hingegen hat es mit einem [2][völlig überspannten Wohnungsmarkt]
zu tun und mit den Bedingungen in vielen Gruppeneinrichtungen für
Wohnungslose.
Auch diese Unterkünfte müssen sich die Frage nach der Menschenwürdigkeit
gefallen lassen. Viele Obdachlose steuern sie nur an, wenn Minusgrade aus
einem unwirtlichen Leben auf der Straße ein absolut lebensbedrohendes
machen. Diese Lücke zwischen Parkbank und Notunterkünften sollen die
sogenannten [3][Tiny Houses] schließen, heißt es von Karuna. Lesshome statt
Homeless.
Aber zwei Quadratmeter Grundfläche, das ist verdammt klein. Die Lesshomes
sind derart klein, damit man sie per Hand von einem Ort zum anderen ziehen
kann. Dass kein Mensch auf Dauer so leben könne, betonen sowohl Karuna als
auch der Erbauer. Nur eine Übergangslösung könnten sie sein, für ein paar
Monate, bis eine richtige Bleibe gefunden ist. Das gilt allerdings auch für
die schon erwähnten Wohnungslosenunterkünfte, in denen aber Menschen in
Ermangelung bezahlbaren Wohnraums teils Jahre verbringen.
Letztlich gehört auch das zum Wesen des Dilemmas: Dass keine der aktuell
verfügbaren Lösungen eine wirklich gute ist. Sie sind eine Mahnung, gegen
die Ursachen von Wohnungslosigkeit weiter vorzugehen. Die Lesshomes aber
wegen vorauseilender Bedenken nicht in Betracht zu ziehen: Das wäre in
hohem Maße zynisch gegenüber den Betroffenen.
27 Dec 2019
## LINKS
[1] /Kein-Grundstueck-fuer-Lesshomes/!5647560
[2] /Mietenpolitik-in-Berlin/!5640650
[3] /Obdachlosigkeit/!5589552
## AUTOREN
Manuela Heim
## TAGS
Tiny Houses
Obdachlosigkeit
Wohnungslosigkeit
Schwerpunkt Obdachlosigkeit in Berlin
Stephan von Dassel
Schwerpunkt Obdachlosigkeit in Berlin
Soziales Engagement
Elke Breitenbach
Obdachlosigkeit
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