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# taz.de -- Wohnungslosen-Nothilfe: Senat zählt im Januar Obdachlose
> Erhebung soll endlich für verlässliche Daten sorgen. Sozialsenatorin
> kündigt zudem Übergangswohnplätze in kleinen Holzhäusern an.
Bild: Wieviele Obdachlose leben in Berlin? Der Senat will sie im Januar zählen…
Durch den Pressesaal im Roten Rathaus waberte am Dienstagmittag nach der
Senatssitzung ein Hauch des Neuen Testaments. Die Botschaft, die
Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linkspartei) verkündete, sie klang
vertraut, der Evangelist Lukas als Autor der Weihnachtsgeschichte hätte sie
mutmaßlich so formuliert: „Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot
von der rot-rot-grünen Regierung ausging, dass alle Obdachlosen geschätzt
würden. Und diese Schätzung war die allererste in Berlin.“ Vom 29. auf den
30. Januar, in einer „Nacht der Solidarität“, will der Senat Klarheit
bekommen, wie viele Obdachlose in der Stadt leben.
„Es gibt die wildesten Schätzungen, aber niemand hat genaue Daten, wie
viele Menschen auf der Straße leben“, sagte Breitenbach, als sie die neuen
„Leitlinien der Wohnungsnotfallhilfe und Wohnungslosenpolitik“ vorstellte.
Die hatte der Senat zuvor beschlossen. Sie zu überarbeiten sei nach 20
Jahren nötig gewesen, „weil sich die Rahmenbedingungen geändert haben.“
Neue prägende Elemente bei Obdachlosigkeit sind starker Zuzug und
Internationalisierung. „Die Leitlinien ersetzen keine Haushaltsberatungen“,
sagte Breitenbach, aber der Senat wolle sich daran messen lassen, wie viel
er davon umsetzt.
Die Obdachlosen zählen und sie nach Geschlecht, Herkunft und Sprache fragen
sollen in 447 Mikrobezirken Teams von mindestens zwei Leuten – „in Mitte
wird man Teams mit drei bis vier Personen brauchen, in Steglitz-Zehlendorf
nur zwei.“ Daran würden sich auch die Katholische Hochschule für
Sozialwesen und die Alice-Salomon-Hochschule beteiligen.
Die Senatorin kündigte außerdem an, dass von den 1.200 Notplätzen der
Kältehilfe 600 ganzjährig über verfügbar sein sollen: Man müsse sich
inzwischen des Klimawandels wegen nicht nur um Kältetote, sondern auch um
Hitzeopfer sorgen. Für die Kältehilfe seien bereits 1.162
Notübernachtungsplätze gesichert. „Klar ist, dass es wieder
Kältehilfebahnhöfe gibt“, kündigte die Senatorin ebenfalls an. Das sollen
aber nicht wie im vergangenen Winter die U-Bahnhöfe Moritzplatz und
Lichtenberg sein – am Moritzplatz habe man zuvor nicht in Betracht gezogen,
„dass es da eine relativ große Junkieszene gibt“, sagte Breitenbach.
Grundsätzlich will sie daran festhalten, U-Bahnhöfe nachts offen zu halten,
auch wenn das am Morgen nicht jedem BVG-Fahrgast gefiel: „Obdachlose
Menschen gehören auch zu dieser Stadt, man kann sie nicht unsichtbar
machen“, sagte Breitenbach und fügte später hinzu: „Wir wollen deutlich
machen, dass sie willkommen und Teil dieser Stadt sind.“
Außerdem plant die Senatorin Orte, an denen Obdachlose eine Zeit lang – sie
verwies auf die USA, wo das drei Monate möglich sei – sicher leben können.
„Safe Places“ nennt sie das. Dabei soll es nach ihrem Willen keinen
zentralen Zeltplatz geben, sondern überschaubare Orte mit „Tiny Houses“,
kleinen Holzhütten, in allen Bezirken, wo es Küche, Dusche, Toilette und
möglicherweise auch einen Sicherheitsdienst gibt.
3 Sep 2019
## AUTOREN
Stefan Alberti
## TAGS
Elke Breitenbach
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