# taz.de -- Obdachlose in U-Bahnhöfen: Lösung fast in Sicht | |
> Senat und BVG haben sich geeinigt: Nun sollen doch zwei U-Bahnhöfe für | |
> Obdachlose geöffnet werden – aber erst, wenn Sozialarbeiter zur Betreuung | |
> gefunden sind. | |
Bild: Notschlafstelle U-Bahnhof: Bald soll es sie in Berlin wieder geben | |
Der Streit um die Nachtöffnung von U-Bahnhöfen für Obdachlose ist | |
ausgestanden, die Lösung fast in Sicht: Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) | |
werden jetzt doch zwei Bahnhöfe für Obdachlose öffnen. Das erklärte | |
BVG-Chefin Petra Reetz am Dienstag, just nachdem der Senat eine | |
entsprechende Forderung an das landeseigene Unternehmen gerichtet hatte. | |
Allerdings ist die Öffnung an eine Bedingung geknüpft: Die Senatsverwaltung | |
für Soziales soll in beiden Bahnhöfen (Moritzplatz und Lichtenberg) | |
Dixieklos aufstellen und vor allem: für eine Betreuung der Nachtgäste durch | |
Sozialarbeiter sorgen. „Daran arbeiten wir jetzt mit Hochdruck, aber das | |
geht nicht sofort“, erklärte Regina Kneiding, Sprecherin von | |
Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke), am Mittwoch der taz. | |
Ende September hatte die BVG überraschend erklärt, [1][in diesem Winter | |
nicht mehr wie sonst U-Bahnhöfe als Notschlafstellen für Obdachlose offen | |
zu halten]. Viele Jahre lang waren bei Temperaturen von 2 Grad oder kälter | |
drei Bahnhöfe – Schillingstraße, Südstern und Hansaplatz – geöffnet, im | |
letzten Winter waren es noch Südstern und Lichtenberg. „Das war immer | |
handhabbar“, sagte BVG-Sprecher Markus Falkner. Die Zahlen seien | |
überschaubar gewesen, pro Bahnhof etwa drei bis acht Personen pro Nacht, | |
man habe „die Klientel“ gekannt und sei mit ihr ausgekommen. | |
Im vorigen Jahr seien jedoch viel mehr Männer gekommen, „regelmäßig mehrere | |
Dutzend pro Bahnhof“, und die Zusammensetzung sei eine andere geworden, so | |
Falkner. Viele könnten kaum oder gar kein Deutsch, so dass das BVG-Personal | |
sich nicht mit ihnen verständigen konnte. Zudem seien die meisten psychisch | |
und/oder physisch krank, hätten Drogenprobleme. Dies habe zu Aggressionen | |
und Konflikten geführt – meist unter den Männern, teils auch mit | |
BVG-Mitarbeitern. Besonders gefährlich sei aber gewesen, dass „regelmäßig | |
Leute auf den Gleisen waren“ – weil sie dort ihre Notdurft verrichteten | |
oder nach Streitereien ins Gleisbett gefallen waren. Dies sei wegen der | |
Stromschiene, die unter 750 Volt Starkstrom stehe, sogar lebensgefährlich. | |
Nach der Ankündigung der BVG im Herbst hatte es mehrere Gespräche zwischen | |
Sozialsenatorin und BVG zur Suche nach Alternativen gegeben. Diese brachten | |
jedoch kein Ergebnis – nach taz-Informationen vor allem deshalb, weil die | |
BVG verschiedene Ersatz-Standorte vorschlug, die sich als nicht praktikabel | |
erwiesen, darunter einen nicht mehr benutzten Fußgängertunnel unter dem | |
Alexanderplatz. | |
Am Montag meldete sich dann Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne), die | |
zugleich Aufsichtsratsvorsitzende der BVG ist, mit dem Vorschlag zu Wort, | |
man könne ja für die Obdachlosen die Tempohomes für Geflüchtete öffnen, von | |
denen derzeit einige leer stehen. Dies wies Breitenbach am Dienstag zurück | |
mit dem Argument, es gehe ja um Obdachlose, die eben nicht in soziale | |
Einrichtungen wollen – sonst könnten sie ja auch in die Einrichtungen der | |
Kältehilfe gehen. Diese ist in diesem Jahr erstmalig schon Anfang Oktober | |
gestartet und seit November mit rund 1.000 Plätzen am Start, die bislang | |
auch noch nicht völlig ausgelastet sind. | |
Am Dienstag schloss sich dann der Senat mehrheitlich der Auffassung von | |
Breitenbach an, die BVG als Landesunternehmen in die Pflicht zu nehmen und | |
zur Öffnung von Bahnhöfen aufzufordern. Deren Sprecherin Petra Reetz | |
konterte umgehend, man sei schon darauf gefasst gewesen „dass am Ende | |
wieder alles an uns hängen bleibt“und habe Moritzplatz und Lichtenberg als | |
Bahnhöfe ausgewählt. Diese seien geeignet, weil sie Zwischenebenen hätten | |
und damit Aufenthaltsfläche abseits der Gleise, erklärte Sprecher Falkner. | |
Sobald das Startsignal der Sozialverwaltung käme, dass das „qualifizierte | |
Aufsichtspersonal“ gefunden ist, sollen sie öffnen. | |
21 Nov 2018 | |
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## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
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