| # taz.de -- Obdachlosigkeit in Berlin: Der Senat will erstmals zählen lassen | |
| > Bislang gibt es nur Schätzungen, wie viele Menschen in der Hauptstadt auf | |
| > der Straße leben. Jetzt sollen bald BefragerInnen ausschwärmen. | |
| Bild: Zelte von Obdachlosen stehen an einem Bahnviadukt in Berlin | |
| Berlin taz | In Berlin gibt es viele Obdachlose, so viel ist klar. Wie | |
| viele Menschen in der Stadt aber tatsächlich auf der Straße leben, weiß | |
| bislang niemand so genau. Das soll sich ändern: Der rot-rot-grüne Senat | |
| will die Obdachlosen im kommenden Jahr zählen lassen. Es werde einen | |
| Stichtag geben, zu dem die Menschen aufgesucht, gezählt und befragt werden, | |
| bestätigte eine Sprecherin der Sozialverwaltung. Was alles abgefragt werden | |
| könne – das Geschlecht, die Nationalität, der Aufenthaltsstatus oder die | |
| Dauer der Obdachlosigkeit – müsse allerdings datenschutzrechtlich noch | |
| geklärt werden. | |
| Seit Jahren fordern Akteure der Wohnungslosenhilfe eine verlässliche | |
| Statistik darüber, wie viele Menschen in Deutschland keine Wohnung haben | |
| und wie viele von ihnen ganz auf der Straße leben, also obdachlos sind. Die | |
| Bundesregierung will eine solche Statistik „prüfen“. Anderswo gibt es die | |
| Zählungen längst: „In New York, Mailand und Paris wird das seit Jahren | |
| praktiziert“, sagte Susanne Gerull, Armutsforscherin an der Alice Salomon | |
| Hochschule Berlin, der taz. [1][Zwar habe auch Hamburg bereits versucht, | |
| seine Obdachlosen zu erfassen], allerdings sei man dabei lediglich über die | |
| Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe gegangen. Die sollen auch in Berlin | |
| beteiligt werden – zusätzlich zur Zählung im öffentlichen Raum. | |
| Susanne Gerull leitet auch eine Arbeitsgruppe, die im Auftrag des Senats | |
| den Vorschlag erarbeitet hat, wie man die Obdachlosen statistisch erfassen | |
| kann. Berlin soll demnach in rund 300 Sektoren unterteilt werden, | |
| erläuterte Gerull. Zwischen 22 Uhr und 1 Uhr morgens könnten Teams von je | |
| drei oder vier Leuten Straßen und Grünanlagen in ihrer Zone durchlaufen, | |
| Obdachlose zählen und ansprechen. Insgesamt bräuchte man für so eine Aktion | |
| knapp 1.000 BefragerInnen. „Es wird immer Menschen geben, die wir nicht | |
| antreffen, die sich auf Dachböden oder in den Wald zurückziehen“, sagte | |
| Gerull. Erstmalig gebe es dann aber eine Zahl, die nicht nur auf einer | |
| gefühlten Schätzung beruhe. | |
| Werena Rosenke, Geschäftsführerin der Bundesarbeitsgemeinschaft | |
| Wohnungslosenhilfe, hatte sich zuletzt im September für gesicherte Zahlen | |
| zu Wohnungslosen ausgesprochen. Für eine Rückfrage war sie am Donnerstag | |
| nicht zu erreichen, der Berliner Vorstoß dürfte sie aber freuen. „Eine | |
| verlässliche Statistik schafft die Planungsgrundlage für die | |
| Wohnungspolitik in Bund, Ländern und Kommunen“, so Rosenke. | |
| Die Berliner Verwaltung will eine stabile Datenbasis, um Obdachlosen | |
| gezielter helfen zu können. „Wir haben ein breites Netz an Hilfsangeboten, | |
| aber nicht immer kommen sie dort an, wo sie nötig sind“, sagte | |
| Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linkspartei) dem Neuen Deutschland. Eine | |
| offizielle Statistik dürfte auch die Debatte über Obdachlosigkeit | |
| verändern: Je nach politischem Interesse wird die Zahl die Betroffenen | |
| bislang mal hoch, mal niedrig angesetzt. Nach einer Zählung wäre das so | |
| nicht mehr möglich. | |
| 27 Dec 2018 | |
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| ## AUTOREN | |
| Antje Lang-Lendorff | |
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